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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr.

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Zvas der japanischen Menschheit zugrunde liegt

Reichsbehörden besteht, so kann dies kein Grund dagegen sein, die Existenz
eines solchen Netzes im übrigen Reiche zu benutzen.

Einheitlicher Unterbau für die Arbeiterversicherung, Vereinfachung des
Geschäftsverkehrs mit denkbar geringen Kosten und ohne Schaffung einer neuen
Bureaukratie, das sind die Vorteile unseres Vorschlages. Wenn durch die
Übernahme des gesamten Arbeiterversicherungswesens durch das Reich, das
bisher in der Hauptsache nur zahlender Faktor ist, in eigene Verwaltung eine
Stärkung des Reichsgedankens erzielt wird, so tritt zu dem wirtschaftlichen
Gewinn der politische hinzu. Und das wäre in unserer manchmal recht reichS-
verdrossenen Zeit sehr zu begrüßen.




Was der japanischen Menschheit zugrunde liegt
Richard Barry von

iplomatie ist die Sache des grauen Kopfes, der die Angelegen¬
heiten der Nationen hemmt und sie in Bewegung setzt. Betrachten
wir das japanische Problem. Da gibt es ungelöste Fragen über
Finanz, Strategie, Hilfsquellen und Unternehmungen; laßt uns
nach dem Orient gehen und uns mit dem Volke mischen.

Als der Portsmouth-Vertrag unterzeichnet war, befand sich eine Million
Japaner in der Mandschurei und in Korea. Der vierte Teil davon waren neue
Männer, die nach der Schlacht von Mukden - hereingeströmt kamen, meistens
Jünglinge zwischen sechzehn und neunzehn und Männer zwischen einundvierzig
und fünfundvierzig Jahren. Sie waren, angespornt von den Geschichten des
kürzlichen Ruhmes, mit Ungestüm zu einen? Feldzug in Chosan gekommen.
Infolge der Jugend hatten sie im ersten Jahre noch nicht den Pfad der Größe
beschreiten können, sondern mußten in ohnmächtiger Stille den Erzählungen von
der Tapferkeit ihrer Verwandten und Nachbarn lauschen. Endlich aber kam
ihre Zeit, und sie marschierten fröhlich vorwärts, um sich den mutigen Reihen
anzuschließen.

Die dreiviertel Million, zu der diese Rekruten sich gesellten, waren
erprobte Veteranen, die es ohne weiteres mit irgendeiner Truppe der Welt
hätten aufnehmen können. Kurokis Mannen waren in achtzehn Monaten
triumphierend von Chemulpo durch Korea zum Dalu, und vom Aälu durch die
Mandschurei bis in Sicht des Sungari marschiert. Mit klopfendem Herzen und
unterdrücktem Frohlocken riefen sie sich fünf große Schlachten und zweiundzmanzig
kleinere Gefechte -- jedes ein Sieg, bitter erkauft lind verzweifelt gehalten --


Zvas der japanischen Menschheit zugrunde liegt

Reichsbehörden besteht, so kann dies kein Grund dagegen sein, die Existenz
eines solchen Netzes im übrigen Reiche zu benutzen.

Einheitlicher Unterbau für die Arbeiterversicherung, Vereinfachung des
Geschäftsverkehrs mit denkbar geringen Kosten und ohne Schaffung einer neuen
Bureaukratie, das sind die Vorteile unseres Vorschlages. Wenn durch die
Übernahme des gesamten Arbeiterversicherungswesens durch das Reich, das
bisher in der Hauptsache nur zahlender Faktor ist, in eigene Verwaltung eine
Stärkung des Reichsgedankens erzielt wird, so tritt zu dem wirtschaftlichen
Gewinn der politische hinzu. Und das wäre in unserer manchmal recht reichS-
verdrossenen Zeit sehr zu begrüßen.




Was der japanischen Menschheit zugrunde liegt
Richard Barry von

iplomatie ist die Sache des grauen Kopfes, der die Angelegen¬
heiten der Nationen hemmt und sie in Bewegung setzt. Betrachten
wir das japanische Problem. Da gibt es ungelöste Fragen über
Finanz, Strategie, Hilfsquellen und Unternehmungen; laßt uns
nach dem Orient gehen und uns mit dem Volke mischen.

Als der Portsmouth-Vertrag unterzeichnet war, befand sich eine Million
Japaner in der Mandschurei und in Korea. Der vierte Teil davon waren neue
Männer, die nach der Schlacht von Mukden - hereingeströmt kamen, meistens
Jünglinge zwischen sechzehn und neunzehn und Männer zwischen einundvierzig
und fünfundvierzig Jahren. Sie waren, angespornt von den Geschichten des
kürzlichen Ruhmes, mit Ungestüm zu einen? Feldzug in Chosan gekommen.
Infolge der Jugend hatten sie im ersten Jahre noch nicht den Pfad der Größe
beschreiten können, sondern mußten in ohnmächtiger Stille den Erzählungen von
der Tapferkeit ihrer Verwandten und Nachbarn lauschen. Endlich aber kam
ihre Zeit, und sie marschierten fröhlich vorwärts, um sich den mutigen Reihen
anzuschließen.

Die dreiviertel Million, zu der diese Rekruten sich gesellten, waren
erprobte Veteranen, die es ohne weiteres mit irgendeiner Truppe der Welt
hätten aufnehmen können. Kurokis Mannen waren in achtzehn Monaten
triumphierend von Chemulpo durch Korea zum Dalu, und vom Aälu durch die
Mandschurei bis in Sicht des Sungari marschiert. Mit klopfendem Herzen und
unterdrücktem Frohlocken riefen sie sich fünf große Schlachten und zweiundzmanzig
kleinere Gefechte — jedes ein Sieg, bitter erkauft lind verzweifelt gehalten —


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[0434] Zvas der japanischen Menschheit zugrunde liegt Reichsbehörden besteht, so kann dies kein Grund dagegen sein, die Existenz eines solchen Netzes im übrigen Reiche zu benutzen. Einheitlicher Unterbau für die Arbeiterversicherung, Vereinfachung des Geschäftsverkehrs mit denkbar geringen Kosten und ohne Schaffung einer neuen Bureaukratie, das sind die Vorteile unseres Vorschlages. Wenn durch die Übernahme des gesamten Arbeiterversicherungswesens durch das Reich, das bisher in der Hauptsache nur zahlender Faktor ist, in eigene Verwaltung eine Stärkung des Reichsgedankens erzielt wird, so tritt zu dem wirtschaftlichen Gewinn der politische hinzu. Und das wäre in unserer manchmal recht reichS- verdrossenen Zeit sehr zu begrüßen. Was der japanischen Menschheit zugrunde liegt Richard Barry von iplomatie ist die Sache des grauen Kopfes, der die Angelegen¬ heiten der Nationen hemmt und sie in Bewegung setzt. Betrachten wir das japanische Problem. Da gibt es ungelöste Fragen über Finanz, Strategie, Hilfsquellen und Unternehmungen; laßt uns nach dem Orient gehen und uns mit dem Volke mischen. Als der Portsmouth-Vertrag unterzeichnet war, befand sich eine Million Japaner in der Mandschurei und in Korea. Der vierte Teil davon waren neue Männer, die nach der Schlacht von Mukden - hereingeströmt kamen, meistens Jünglinge zwischen sechzehn und neunzehn und Männer zwischen einundvierzig und fünfundvierzig Jahren. Sie waren, angespornt von den Geschichten des kürzlichen Ruhmes, mit Ungestüm zu einen? Feldzug in Chosan gekommen. Infolge der Jugend hatten sie im ersten Jahre noch nicht den Pfad der Größe beschreiten können, sondern mußten in ohnmächtiger Stille den Erzählungen von der Tapferkeit ihrer Verwandten und Nachbarn lauschen. Endlich aber kam ihre Zeit, und sie marschierten fröhlich vorwärts, um sich den mutigen Reihen anzuschließen. Die dreiviertel Million, zu der diese Rekruten sich gesellten, waren erprobte Veteranen, die es ohne weiteres mit irgendeiner Truppe der Welt hätten aufnehmen können. Kurokis Mannen waren in achtzehn Monaten triumphierend von Chemulpo durch Korea zum Dalu, und vom Aälu durch die Mandschurei bis in Sicht des Sungari marschiert. Mit klopfendem Herzen und unterdrücktem Frohlocken riefen sie sich fünf große Schlachten und zweiundzmanzig kleinere Gefechte — jedes ein Sieg, bitter erkauft lind verzweifelt gehalten —

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316950/434>, abgerufen am 29.04.2024.