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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

stille Arbeit der Partcihadcr mit all dem
Unangenehmen, wils damit zusammenhängt,
getragen würde; damit würde nur der Frak-
tionshnder unter einer Jugend gepflegt, die
vorläufig noch andre Dinge zu tun hat, als
sich Politisch zik betätigen. Das wäre übrigens
nicht besser, als wenn die Sozialdemokratie
ihre Jugend schon mit ihren einseitigen
Pnrteilchren durchtränkt. Die Schule selbst
würde dann nur zu bald auch zum Zankapfel
zwischen den streitenden Parteien werden.
Belehrungen über die Verfassung und Gesetz¬
gebung seines Volkes, über die öffentlichen
Einrichtungen sollen dem FvrtbildnngSschuler
recht reichlich gegeben werden. Es handelt
sich hier eben um Einsicht und um Kenntnisse,
aber ohne ein bestimmtes Maß von positivem
Wissen ist Politische Reife eben unmöglich.
Aber alle diese Belehrungen müssen sich auf
das tatsächlich Gegebene beschränken, auf das,
was in der Zeit nach und nach geworden ist
und was in einem ursächlichen Zusammen¬
hang miteinander steht.

Vorläufig kommt der Forderung der
staatsbürgerlichen Erziehung in der Fort¬
bildungsschule -- der kaufmännischen, gewerb¬
lichen und ländlichen -- allerdings erst sekun¬
däre Bedeutung zu, aus dem einfachen
Grunde, weil wir die obligatorische Fort¬
bildungsschule noch nicht allgemein haben.
Die Fortbildungsschule hat sich zwar in den
letzten Jahren mächtig entwickelt, aber durch¬
schlagende Erfolge wird man sich erst ver¬
sprechen können, wenn sie unsre gesamte
schulentlassene Jugend umfassen wird.

P. Hoch
Parteigeschichte
Oskar Klein-Hattingen, "Die Geschichte

des deutschen Liberalismus".

Erster Band
(bis 1871). Berlin-Schöneberg, Buchverlag
der Hilfe, 1911. (XVI und 511 Seiten.)

Die Anregung zu dem Buch hat Friedrich
Naumann gegeben. Das wird vom Verfasser
zugestände". Wie weit Naumanns Geist sonst
an dem Werk mitgewirkt hat, wird nicht er¬
wähnt. Dabei weht er uus besonders in den
letzten Kapiteln des vorliegenden ersten
Bandes ans Schritt und Tritt entgegen.
Manche Dinge sind so einseitig gesehen, als
habe der stilgewandte Herr Pastor sie selbst

[Spaltenumbruch]

geschrieben. Wir werden uus mit dem Buch
eingehend auseinandersetzen, sobald der zweite
Band vorliegt. Der erste Band endet mit
einer Verherrlichung der deutschen Fortschritts¬
partei und einer geradezu um Verunglimpfung
streifenden Kritik an der Tätigkeit der National¬
liberalen seit ihrem Entstehen bis zur Reichs-
grllndung. Im übrigen geht der borliegende
Teil der Arbeit darauf hinaus, die Verdienste
der Krone an der deutschen Entwicklung nach
Möglichkeit zu schmälern. Selbst Friedlich
Wilhelms des Dritten Verdienste um die
Wiedergeburt Preußens, die der Autor an¬
erkennen in uß, werden zu erklären gesucht durch
den schwachen Hinweis auf die "Not der Zeit".
Die Träger des Liberalismus aus dem Volk
werden dagegen stets hingestellt als die weit¬
sichtigen, nüchternen, vornuSschanendenPolitiker,
die zu allem Guten den Anstoß geben. Haben
die liberalen Ideen nicht auch erst in der
"Not der Zeit" die Köpfe erhellt?

G. Li.
Geschichte
Feldzugscrmncrungen.

Bor vier Jahren
um die Weihnachtszeit ging ich in dem
bayerisch-schwäbischen Markt Jllertissen von
einem Veteranenhnuse zum andern, um auf
diesem engbegrenztcn Gebiet festzustellen, was
um Erinnerungen um den letzten großen Krieg
noch lebendig ist. Meist fand ich freundliche
Aufnahme und Auskunft, aber ich begegnete
auch mißtrauischer Verschlossenheit und einmal
entlud sich Verbitterung über unzulängliche
Unterstützung in Grobheit gegen mich. Es
hat sich schon eine so gewaltige Schicht von
Friedcnstngen vor jene Ereignisse geschoben,
es ist schon so viel gestorben und erloschen
in den Überlebenden, daß meine Ausbeute
gering war. Dennoch ist mir wertvoll, was
ich damals gesammelt habe. ES stammt
zwar nicht aus der Zeit, wo "dus Volk
seine Annalen schreibt", wie v. Misch im
14. Heft des laufenden Jahrgangs der
Grenzboten schön sagt, die Erzählenden sahen
in eine entlegene Ferne, aber sie sahen, was
sie erzählten.

Türcks, Rindfleischs, Kretschmans und La߬
bergs Fcldbriefe, Fontanes Heldenlied von
Olöron,besonders aber dieKriegserinnerungen,
die Ratzel kurz vor seinem Tode in den Jahr¬
gängen 1903 und 1904 der "Grenzboten"

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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stille Arbeit der Partcihadcr mit all dem
Unangenehmen, wils damit zusammenhängt,
getragen würde; damit würde nur der Frak-
tionshnder unter einer Jugend gepflegt, die
vorläufig noch andre Dinge zu tun hat, als
sich Politisch zik betätigen. Das wäre übrigens
nicht besser, als wenn die Sozialdemokratie
ihre Jugend schon mit ihren einseitigen
Pnrteilchren durchtränkt. Die Schule selbst
würde dann nur zu bald auch zum Zankapfel
zwischen den streitenden Parteien werden.
Belehrungen über die Verfassung und Gesetz¬
gebung seines Volkes, über die öffentlichen
Einrichtungen sollen dem FvrtbildnngSschuler
recht reichlich gegeben werden. Es handelt
sich hier eben um Einsicht und um Kenntnisse,
aber ohne ein bestimmtes Maß von positivem
Wissen ist Politische Reife eben unmöglich.
Aber alle diese Belehrungen müssen sich auf
das tatsächlich Gegebene beschränken, auf das,
was in der Zeit nach und nach geworden ist
und was in einem ursächlichen Zusammen¬
hang miteinander steht.

Vorläufig kommt der Forderung der
staatsbürgerlichen Erziehung in der Fort¬
bildungsschule — der kaufmännischen, gewerb¬
lichen und ländlichen — allerdings erst sekun¬
däre Bedeutung zu, aus dem einfachen
Grunde, weil wir die obligatorische Fort¬
bildungsschule noch nicht allgemein haben.
Die Fortbildungsschule hat sich zwar in den
letzten Jahren mächtig entwickelt, aber durch¬
schlagende Erfolge wird man sich erst ver¬
sprechen können, wenn sie unsre gesamte
schulentlassene Jugend umfassen wird.

P. Hoch
Parteigeschichte
Oskar Klein-Hattingen, „Die Geschichte

des deutschen Liberalismus".

Erster Band
(bis 1871). Berlin-Schöneberg, Buchverlag
der Hilfe, 1911. (XVI und 511 Seiten.)

Die Anregung zu dem Buch hat Friedrich
Naumann gegeben. Das wird vom Verfasser
zugestände». Wie weit Naumanns Geist sonst
an dem Werk mitgewirkt hat, wird nicht er¬
wähnt. Dabei weht er uus besonders in den
letzten Kapiteln des vorliegenden ersten
Bandes ans Schritt und Tritt entgegen.
Manche Dinge sind so einseitig gesehen, als
habe der stilgewandte Herr Pastor sie selbst

[Spaltenumbruch]

geschrieben. Wir werden uus mit dem Buch
eingehend auseinandersetzen, sobald der zweite
Band vorliegt. Der erste Band endet mit
einer Verherrlichung der deutschen Fortschritts¬
partei und einer geradezu um Verunglimpfung
streifenden Kritik an der Tätigkeit der National¬
liberalen seit ihrem Entstehen bis zur Reichs-
grllndung. Im übrigen geht der borliegende
Teil der Arbeit darauf hinaus, die Verdienste
der Krone an der deutschen Entwicklung nach
Möglichkeit zu schmälern. Selbst Friedlich
Wilhelms des Dritten Verdienste um die
Wiedergeburt Preußens, die der Autor an¬
erkennen in uß, werden zu erklären gesucht durch
den schwachen Hinweis auf die „Not der Zeit".
Die Träger des Liberalismus aus dem Volk
werden dagegen stets hingestellt als die weit¬
sichtigen, nüchternen, vornuSschanendenPolitiker,
die zu allem Guten den Anstoß geben. Haben
die liberalen Ideen nicht auch erst in der
„Not der Zeit" die Köpfe erhellt?

G. Li.
Geschichte
Feldzugscrmncrungen.

Bor vier Jahren
um die Weihnachtszeit ging ich in dem
bayerisch-schwäbischen Markt Jllertissen von
einem Veteranenhnuse zum andern, um auf
diesem engbegrenztcn Gebiet festzustellen, was
um Erinnerungen um den letzten großen Krieg
noch lebendig ist. Meist fand ich freundliche
Aufnahme und Auskunft, aber ich begegnete
auch mißtrauischer Verschlossenheit und einmal
entlud sich Verbitterung über unzulängliche
Unterstützung in Grobheit gegen mich. Es
hat sich schon eine so gewaltige Schicht von
Friedcnstngen vor jene Ereignisse geschoben,
es ist schon so viel gestorben und erloschen
in den Überlebenden, daß meine Ausbeute
gering war. Dennoch ist mir wertvoll, was
ich damals gesammelt habe. ES stammt
zwar nicht aus der Zeit, wo „dus Volk
seine Annalen schreibt", wie v. Misch im
14. Heft des laufenden Jahrgangs der
Grenzboten schön sagt, die Erzählenden sahen
in eine entlegene Ferne, aber sie sahen, was
sie erzählten.

Türcks, Rindfleischs, Kretschmans und La߬
bergs Fcldbriefe, Fontanes Heldenlied von
Olöron,besonders aber dieKriegserinnerungen,
die Ratzel kurz vor seinem Tode in den Jahr¬
gängen 1903 und 1904 der „Grenzboten"

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[0109] Maßgebliches und Unmaßgebliches stille Arbeit der Partcihadcr mit all dem Unangenehmen, wils damit zusammenhängt, getragen würde; damit würde nur der Frak- tionshnder unter einer Jugend gepflegt, die vorläufig noch andre Dinge zu tun hat, als sich Politisch zik betätigen. Das wäre übrigens nicht besser, als wenn die Sozialdemokratie ihre Jugend schon mit ihren einseitigen Pnrteilchren durchtränkt. Die Schule selbst würde dann nur zu bald auch zum Zankapfel zwischen den streitenden Parteien werden. Belehrungen über die Verfassung und Gesetz¬ gebung seines Volkes, über die öffentlichen Einrichtungen sollen dem FvrtbildnngSschuler recht reichlich gegeben werden. Es handelt sich hier eben um Einsicht und um Kenntnisse, aber ohne ein bestimmtes Maß von positivem Wissen ist Politische Reife eben unmöglich. Aber alle diese Belehrungen müssen sich auf das tatsächlich Gegebene beschränken, auf das, was in der Zeit nach und nach geworden ist und was in einem ursächlichen Zusammen¬ hang miteinander steht. Vorläufig kommt der Forderung der staatsbürgerlichen Erziehung in der Fort¬ bildungsschule — der kaufmännischen, gewerb¬ lichen und ländlichen — allerdings erst sekun¬ däre Bedeutung zu, aus dem einfachen Grunde, weil wir die obligatorische Fort¬ bildungsschule noch nicht allgemein haben. Die Fortbildungsschule hat sich zwar in den letzten Jahren mächtig entwickelt, aber durch¬ schlagende Erfolge wird man sich erst ver¬ sprechen können, wenn sie unsre gesamte schulentlassene Jugend umfassen wird. P. Hoch Parteigeschichte Oskar Klein-Hattingen, „Die Geschichte des deutschen Liberalismus". Erster Band (bis 1871). Berlin-Schöneberg, Buchverlag der Hilfe, 1911. (XVI und 511 Seiten.) Die Anregung zu dem Buch hat Friedrich Naumann gegeben. Das wird vom Verfasser zugestände». Wie weit Naumanns Geist sonst an dem Werk mitgewirkt hat, wird nicht er¬ wähnt. Dabei weht er uus besonders in den letzten Kapiteln des vorliegenden ersten Bandes ans Schritt und Tritt entgegen. Manche Dinge sind so einseitig gesehen, als habe der stilgewandte Herr Pastor sie selbst geschrieben. Wir werden uus mit dem Buch eingehend auseinandersetzen, sobald der zweite Band vorliegt. Der erste Band endet mit einer Verherrlichung der deutschen Fortschritts¬ partei und einer geradezu um Verunglimpfung streifenden Kritik an der Tätigkeit der National¬ liberalen seit ihrem Entstehen bis zur Reichs- grllndung. Im übrigen geht der borliegende Teil der Arbeit darauf hinaus, die Verdienste der Krone an der deutschen Entwicklung nach Möglichkeit zu schmälern. Selbst Friedlich Wilhelms des Dritten Verdienste um die Wiedergeburt Preußens, die der Autor an¬ erkennen in uß, werden zu erklären gesucht durch den schwachen Hinweis auf die „Not der Zeit". Die Träger des Liberalismus aus dem Volk werden dagegen stets hingestellt als die weit¬ sichtigen, nüchternen, vornuSschanendenPolitiker, die zu allem Guten den Anstoß geben. Haben die liberalen Ideen nicht auch erst in der „Not der Zeit" die Köpfe erhellt? G. Li. Geschichte Feldzugscrmncrungen. Bor vier Jahren um die Weihnachtszeit ging ich in dem bayerisch-schwäbischen Markt Jllertissen von einem Veteranenhnuse zum andern, um auf diesem engbegrenztcn Gebiet festzustellen, was um Erinnerungen um den letzten großen Krieg noch lebendig ist. Meist fand ich freundliche Aufnahme und Auskunft, aber ich begegnete auch mißtrauischer Verschlossenheit und einmal entlud sich Verbitterung über unzulängliche Unterstützung in Grobheit gegen mich. Es hat sich schon eine so gewaltige Schicht von Friedcnstngen vor jene Ereignisse geschoben, es ist schon so viel gestorben und erloschen in den Überlebenden, daß meine Ausbeute gering war. Dennoch ist mir wertvoll, was ich damals gesammelt habe. ES stammt zwar nicht aus der Zeit, wo „dus Volk seine Annalen schreibt", wie v. Misch im 14. Heft des laufenden Jahrgangs der Grenzboten schön sagt, die Erzählenden sahen in eine entlegene Ferne, aber sie sahen, was sie erzählten. Türcks, Rindfleischs, Kretschmans und La߬ bergs Fcldbriefe, Fontanes Heldenlied von Olöron,besonders aber dieKriegserinnerungen, die Ratzel kurz vor seinem Tode in den Jahr¬ gängen 1903 und 1904 der „Grenzboten"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/109>, abgerufen am 03.05.2024.