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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr.

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Flugwesen

als Flugzeuge, die von der Küste aus, als auch solche, die vom Schiff aus¬
gesandt werden, daß sie bei jeder gewollten oder nichtgewollten Landung auf
dem Wasser nicht verloren gehen. Die Gleichmäßigkeit, wenn auch größere
Stärke der Seewinde, dabei das seltene Vorkommen von Boer, wird dem Flugzeuge
über dem Wasser öfters längeren Aufenthalt in der Luft ermöglichen als über
dem Lande. Die Beobachtungsziele sind dabei einfacher und leichter aufzufinden.

Im Marmedienste wird das Flugzeug über die See entsandt, um Meldungen
von dem Herannahen einer Flotte, von Unterseebooten und von Minensperren
zu geben. Für die Erkundung von Unterseebooten und Minen wird
das Flugzeug überhaupt ein vorzügliches Hilfsmittel sein, das haben die
Versuche nach dieser Richtung, die man auch mit einem Fesselballon an¬
gestellt hat, gelehrt.

Was schließlich die Möglichkeit der Verwendung von Flugzeugen für den
allgemeinen Verkehr angeht, so gibt es heutzutage Leute, die diese für aus¬
geschlossen halten. Als schwerwiegender Einwand wird genannt, daß die Flug¬
zeuge noch zu gefahrvoll und nicht zu allen Tages- und Nachtzeiten zu benutzen
sind. Für den Augenblick muß man diesen Einwand gelten lassen. Es ist
jedoch mit Bestimmtheit anzunehmen, daß das gewaltige Vorwärtsschreiten der
Technik auf allen Gebieten auch das Flugzeug befähigen wird, diese Einwände
zunichte zu machen.

Vornehmlich für Verkehrszwecke denkt man jetzt schon an die Verwendung
der Flugzeuge in den Kolonien, und die Franzosen haben bereits Offiziere mit
Flugzeugen in das Kongogebiet und nach Marokko entsandt. Man kann sich
leicht denken, daß inmitten jener Gegenden, ohne befahrbare Straßen, ohne
Eisenbahnen, ohne schiffbare Wasserläufe, Etappenflugstationen auf die Er¬
schließung des Landes einen gewaltigen Einfluß haben werden.

Betrachtet man die Beteiligung der europäischen Staaten an demi großen
Werke der Förderung und Ausgestaltung des Flugwesens, so wird man fest¬
stellen müssen, daß wohl jeder Staat sein Scherflein beigetragen hat. Die
Führerrolle auf diesem Gebiete aber haben unzweifelhaft Frankreich und Deutsch¬
land übernommen. Amerika ist durch die Erfindung der Gebrüder Wright einen
besonderen Weg gewandelt. Es soll an dieser Stelle besonders auf die französischen
und deutschen Flugzeuge eingegangen werden.

Französisches Flugwesen

Nicht allein aus einem Höflichkeitsgefühl unseren westlichen Nachbarn gegen¬
über, sondern auch aus dem Gefühl der Anerkennung über die großen Erfolge Frank¬
reichs auf flugtechnischem Gebiete gehe ich zunächst auf Frankreichs Flugzeuge ein.

Wenn man von den allerdings grundlegenden Versuchen des Vorkämpfers
und leider allzufrüh verstorbenen deutschen Flugmeisters Lilienthal und seiner
Schüler und den vielen Gleitflügen diesseits und jenseits des großen Wassers
absehen will, so gebührt unzweifelhaft den Gebrüdern Wright der Ruhm, das große


Flugwesen

als Flugzeuge, die von der Küste aus, als auch solche, die vom Schiff aus¬
gesandt werden, daß sie bei jeder gewollten oder nichtgewollten Landung auf
dem Wasser nicht verloren gehen. Die Gleichmäßigkeit, wenn auch größere
Stärke der Seewinde, dabei das seltene Vorkommen von Boer, wird dem Flugzeuge
über dem Wasser öfters längeren Aufenthalt in der Luft ermöglichen als über
dem Lande. Die Beobachtungsziele sind dabei einfacher und leichter aufzufinden.

Im Marmedienste wird das Flugzeug über die See entsandt, um Meldungen
von dem Herannahen einer Flotte, von Unterseebooten und von Minensperren
zu geben. Für die Erkundung von Unterseebooten und Minen wird
das Flugzeug überhaupt ein vorzügliches Hilfsmittel sein, das haben die
Versuche nach dieser Richtung, die man auch mit einem Fesselballon an¬
gestellt hat, gelehrt.

Was schließlich die Möglichkeit der Verwendung von Flugzeugen für den
allgemeinen Verkehr angeht, so gibt es heutzutage Leute, die diese für aus¬
geschlossen halten. Als schwerwiegender Einwand wird genannt, daß die Flug¬
zeuge noch zu gefahrvoll und nicht zu allen Tages- und Nachtzeiten zu benutzen
sind. Für den Augenblick muß man diesen Einwand gelten lassen. Es ist
jedoch mit Bestimmtheit anzunehmen, daß das gewaltige Vorwärtsschreiten der
Technik auf allen Gebieten auch das Flugzeug befähigen wird, diese Einwände
zunichte zu machen.

Vornehmlich für Verkehrszwecke denkt man jetzt schon an die Verwendung
der Flugzeuge in den Kolonien, und die Franzosen haben bereits Offiziere mit
Flugzeugen in das Kongogebiet und nach Marokko entsandt. Man kann sich
leicht denken, daß inmitten jener Gegenden, ohne befahrbare Straßen, ohne
Eisenbahnen, ohne schiffbare Wasserläufe, Etappenflugstationen auf die Er¬
schließung des Landes einen gewaltigen Einfluß haben werden.

Betrachtet man die Beteiligung der europäischen Staaten an demi großen
Werke der Förderung und Ausgestaltung des Flugwesens, so wird man fest¬
stellen müssen, daß wohl jeder Staat sein Scherflein beigetragen hat. Die
Führerrolle auf diesem Gebiete aber haben unzweifelhaft Frankreich und Deutsch¬
land übernommen. Amerika ist durch die Erfindung der Gebrüder Wright einen
besonderen Weg gewandelt. Es soll an dieser Stelle besonders auf die französischen
und deutschen Flugzeuge eingegangen werden.

Französisches Flugwesen

Nicht allein aus einem Höflichkeitsgefühl unseren westlichen Nachbarn gegen¬
über, sondern auch aus dem Gefühl der Anerkennung über die großen Erfolge Frank¬
reichs auf flugtechnischem Gebiete gehe ich zunächst auf Frankreichs Flugzeuge ein.

Wenn man von den allerdings grundlegenden Versuchen des Vorkämpfers
und leider allzufrüh verstorbenen deutschen Flugmeisters Lilienthal und seiner
Schüler und den vielen Gleitflügen diesseits und jenseits des großen Wassers
absehen will, so gebührt unzweifelhaft den Gebrüdern Wright der Ruhm, das große


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[0416] Flugwesen als Flugzeuge, die von der Küste aus, als auch solche, die vom Schiff aus¬ gesandt werden, daß sie bei jeder gewollten oder nichtgewollten Landung auf dem Wasser nicht verloren gehen. Die Gleichmäßigkeit, wenn auch größere Stärke der Seewinde, dabei das seltene Vorkommen von Boer, wird dem Flugzeuge über dem Wasser öfters längeren Aufenthalt in der Luft ermöglichen als über dem Lande. Die Beobachtungsziele sind dabei einfacher und leichter aufzufinden. Im Marmedienste wird das Flugzeug über die See entsandt, um Meldungen von dem Herannahen einer Flotte, von Unterseebooten und von Minensperren zu geben. Für die Erkundung von Unterseebooten und Minen wird das Flugzeug überhaupt ein vorzügliches Hilfsmittel sein, das haben die Versuche nach dieser Richtung, die man auch mit einem Fesselballon an¬ gestellt hat, gelehrt. Was schließlich die Möglichkeit der Verwendung von Flugzeugen für den allgemeinen Verkehr angeht, so gibt es heutzutage Leute, die diese für aus¬ geschlossen halten. Als schwerwiegender Einwand wird genannt, daß die Flug¬ zeuge noch zu gefahrvoll und nicht zu allen Tages- und Nachtzeiten zu benutzen sind. Für den Augenblick muß man diesen Einwand gelten lassen. Es ist jedoch mit Bestimmtheit anzunehmen, daß das gewaltige Vorwärtsschreiten der Technik auf allen Gebieten auch das Flugzeug befähigen wird, diese Einwände zunichte zu machen. Vornehmlich für Verkehrszwecke denkt man jetzt schon an die Verwendung der Flugzeuge in den Kolonien, und die Franzosen haben bereits Offiziere mit Flugzeugen in das Kongogebiet und nach Marokko entsandt. Man kann sich leicht denken, daß inmitten jener Gegenden, ohne befahrbare Straßen, ohne Eisenbahnen, ohne schiffbare Wasserläufe, Etappenflugstationen auf die Er¬ schließung des Landes einen gewaltigen Einfluß haben werden. Betrachtet man die Beteiligung der europäischen Staaten an demi großen Werke der Förderung und Ausgestaltung des Flugwesens, so wird man fest¬ stellen müssen, daß wohl jeder Staat sein Scherflein beigetragen hat. Die Führerrolle auf diesem Gebiete aber haben unzweifelhaft Frankreich und Deutsch¬ land übernommen. Amerika ist durch die Erfindung der Gebrüder Wright einen besonderen Weg gewandelt. Es soll an dieser Stelle besonders auf die französischen und deutschen Flugzeuge eingegangen werden. Französisches Flugwesen Nicht allein aus einem Höflichkeitsgefühl unseren westlichen Nachbarn gegen¬ über, sondern auch aus dem Gefühl der Anerkennung über die großen Erfolge Frank¬ reichs auf flugtechnischem Gebiete gehe ich zunächst auf Frankreichs Flugzeuge ein. Wenn man von den allerdings grundlegenden Versuchen des Vorkämpfers und leider allzufrüh verstorbenen deutschen Flugmeisters Lilienthal und seiner Schüler und den vielen Gleitflügen diesseits und jenseits des großen Wassers absehen will, so gebührt unzweifelhaft den Gebrüdern Wright der Ruhm, das große

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_320416/416>, abgerufen am 29.04.2024.