Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Über die Ziele der Bayerischen Gewerbeschau

erfolgen könnte. Solchen Ansprüchen ist der Geldmarkt Europas stets noch
gewachsen und das Kapital wird sich um so lieber dem Unternehmen zuwenden,
sobald die russische und chinesische Regierung für jede der auf sie entfallenden
Teilsummen eine Garantie übernehmen.




Über die Ziele der Bayerischen Gewerbeschau
vortrag
gehalten bei Gelegenheit der Znsamment'unse österreichischer und deutscher Industrieller
und Gewerbetreibender in Von Professor Richard Riemerschmid

Königliche Hoheit! Meine Herren!

on den Zielen der Bäuerischen Gewerbeschau soll die Rede sein.
Da möchte ich nun gleich bitten, zu unterscheiden zwischen den
! ferneren Zielen, die in den Wolken zu schweben scheinen und den
nahen, von denen allein ein Teil bald erreicht werden kann. Für
jene werde ich nicht viele Worte aufwenden dürfen, habe ich doch
nur die Möglichkeit, von einem recht kleinen Ausschnitt aus einem sehr umfang¬
reichen Thema zu Ihnen zu sprechen und möchte sie nur ganz kurz bezeichnen.
Eine blühende, kräftige Industrie, die nicht mehr kniet und sich ängstigt vor
dem Götzenbild, das sie selber sich aufgerichtet hat und das heißt: Geschmack
oder eigentlich Ungeschmack des laufenden Publikums, sondern eine Industrie,
die mit dem vollen Bewußtsein ihrer Kulturaufgabe und mit Würde und
Sicherheit ihre Wege geht. Und daneben eine gesunde, starke Kunst, nicht
getragen von einigen Gruppen von Ästheten, die in ihren -- ich darf wohl
sagen: häufig unehrlichen -- Verstiegenheiten hauptsächlich damit beschäftigt sind,
zu zeigen, daß sie allein die letzten Sensationen voll zu erleben fähig sind,
sondern eine Kunst, die ihre Wurzeln überall im ganzen Volke, im ganzen
Lande hat und die, indem sie auch den Alltag mit schlichter Schönheit schmückt,
überall wo Fähigkeiten ihr entgegenkommen freudige Teilnahme weckt an allen
Fragen der Kunst.

Nur bitte ich, wenn ich das als ferneres Ziel der Gewerbeschau bezeichne,
nicht zu glauben, daß wir in München vom Größenwahn befallen sind. Wir
wissen sehr genau: zu diesem fernen Ziel kann nur ein Schritt getan werden,
es muß ein Schritt nach dem anderen gemacht werden. Und, nachdem die
Richtung angegeben ist, möchte ich auf den ersten wichtigen, notwendigen Schritt


Über die Ziele der Bayerischen Gewerbeschau

erfolgen könnte. Solchen Ansprüchen ist der Geldmarkt Europas stets noch
gewachsen und das Kapital wird sich um so lieber dem Unternehmen zuwenden,
sobald die russische und chinesische Regierung für jede der auf sie entfallenden
Teilsummen eine Garantie übernehmen.




Über die Ziele der Bayerischen Gewerbeschau
vortrag
gehalten bei Gelegenheit der Znsamment'unse österreichischer und deutscher Industrieller
und Gewerbetreibender in Von Professor Richard Riemerschmid

Königliche Hoheit! Meine Herren!

on den Zielen der Bäuerischen Gewerbeschau soll die Rede sein.
Da möchte ich nun gleich bitten, zu unterscheiden zwischen den
! ferneren Zielen, die in den Wolken zu schweben scheinen und den
nahen, von denen allein ein Teil bald erreicht werden kann. Für
jene werde ich nicht viele Worte aufwenden dürfen, habe ich doch
nur die Möglichkeit, von einem recht kleinen Ausschnitt aus einem sehr umfang¬
reichen Thema zu Ihnen zu sprechen und möchte sie nur ganz kurz bezeichnen.
Eine blühende, kräftige Industrie, die nicht mehr kniet und sich ängstigt vor
dem Götzenbild, das sie selber sich aufgerichtet hat und das heißt: Geschmack
oder eigentlich Ungeschmack des laufenden Publikums, sondern eine Industrie,
die mit dem vollen Bewußtsein ihrer Kulturaufgabe und mit Würde und
Sicherheit ihre Wege geht. Und daneben eine gesunde, starke Kunst, nicht
getragen von einigen Gruppen von Ästheten, die in ihren — ich darf wohl
sagen: häufig unehrlichen — Verstiegenheiten hauptsächlich damit beschäftigt sind,
zu zeigen, daß sie allein die letzten Sensationen voll zu erleben fähig sind,
sondern eine Kunst, die ihre Wurzeln überall im ganzen Volke, im ganzen
Lande hat und die, indem sie auch den Alltag mit schlichter Schönheit schmückt,
überall wo Fähigkeiten ihr entgegenkommen freudige Teilnahme weckt an allen
Fragen der Kunst.

Nur bitte ich, wenn ich das als ferneres Ziel der Gewerbeschau bezeichne,
nicht zu glauben, daß wir in München vom Größenwahn befallen sind. Wir
wissen sehr genau: zu diesem fernen Ziel kann nur ein Schritt getan werden,
es muß ein Schritt nach dem anderen gemacht werden. Und, nachdem die
Richtung angegeben ist, möchte ich auf den ersten wichtigen, notwendigen Schritt


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0476" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/321559"/>
          <fw type="header" place="top"> Über die Ziele der Bayerischen Gewerbeschau</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_2029" prev="#ID_2028"> erfolgen könnte. Solchen Ansprüchen ist der Geldmarkt Europas stets noch<lb/>
gewachsen und das Kapital wird sich um so lieber dem Unternehmen zuwenden,<lb/>
sobald die russische und chinesische Regierung für jede der auf sie entfallenden<lb/>
Teilsummen eine Garantie übernehmen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Über die Ziele der Bayerischen Gewerbeschau<lb/>
vortrag<lb/>
gehalten bei Gelegenheit der Znsamment'unse österreichischer und deutscher Industrieller<lb/>
und Gewerbetreibender in <note type="byline"> Von Professor Richard Riemerschmid</note></head><lb/>
          <note type="salute"> Königliche Hoheit!  Meine Herren!</note><lb/>
          <p xml:id="ID_2030"> on den Zielen der Bäuerischen Gewerbeschau soll die Rede sein.<lb/>
Da möchte ich nun gleich bitten, zu unterscheiden zwischen den<lb/>
! ferneren Zielen, die in den Wolken zu schweben scheinen und den<lb/>
nahen, von denen allein ein Teil bald erreicht werden kann. Für<lb/>
jene werde ich nicht viele Worte aufwenden dürfen, habe ich doch<lb/>
nur die Möglichkeit, von einem recht kleinen Ausschnitt aus einem sehr umfang¬<lb/>
reichen Thema zu Ihnen zu sprechen und möchte sie nur ganz kurz bezeichnen.<lb/>
Eine blühende, kräftige Industrie, die nicht mehr kniet und sich ängstigt vor<lb/>
dem Götzenbild, das sie selber sich aufgerichtet hat und das heißt: Geschmack<lb/>
oder eigentlich Ungeschmack des laufenden Publikums, sondern eine Industrie,<lb/>
die mit dem vollen Bewußtsein ihrer Kulturaufgabe und mit Würde und<lb/>
Sicherheit ihre Wege geht. Und daneben eine gesunde, starke Kunst, nicht<lb/>
getragen von einigen Gruppen von Ästheten, die in ihren &#x2014; ich darf wohl<lb/>
sagen: häufig unehrlichen &#x2014; Verstiegenheiten hauptsächlich damit beschäftigt sind,<lb/>
zu zeigen, daß sie allein die letzten Sensationen voll zu erleben fähig sind,<lb/>
sondern eine Kunst, die ihre Wurzeln überall im ganzen Volke, im ganzen<lb/>
Lande hat und die, indem sie auch den Alltag mit schlichter Schönheit schmückt,<lb/>
überall wo Fähigkeiten ihr entgegenkommen freudige Teilnahme weckt an allen<lb/>
Fragen der Kunst.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2031" next="#ID_2032"> Nur bitte ich, wenn ich das als ferneres Ziel der Gewerbeschau bezeichne,<lb/>
nicht zu glauben, daß wir in München vom Größenwahn befallen sind. Wir<lb/>
wissen sehr genau: zu diesem fernen Ziel kann nur ein Schritt getan werden,<lb/>
es muß ein Schritt nach dem anderen gemacht werden. Und, nachdem die<lb/>
Richtung angegeben ist, möchte ich auf den ersten wichtigen, notwendigen Schritt</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0476] Über die Ziele der Bayerischen Gewerbeschau erfolgen könnte. Solchen Ansprüchen ist der Geldmarkt Europas stets noch gewachsen und das Kapital wird sich um so lieber dem Unternehmen zuwenden, sobald die russische und chinesische Regierung für jede der auf sie entfallenden Teilsummen eine Garantie übernehmen. Über die Ziele der Bayerischen Gewerbeschau vortrag gehalten bei Gelegenheit der Znsamment'unse österreichischer und deutscher Industrieller und Gewerbetreibender in Von Professor Richard Riemerschmid Königliche Hoheit! Meine Herren! on den Zielen der Bäuerischen Gewerbeschau soll die Rede sein. Da möchte ich nun gleich bitten, zu unterscheiden zwischen den ! ferneren Zielen, die in den Wolken zu schweben scheinen und den nahen, von denen allein ein Teil bald erreicht werden kann. Für jene werde ich nicht viele Worte aufwenden dürfen, habe ich doch nur die Möglichkeit, von einem recht kleinen Ausschnitt aus einem sehr umfang¬ reichen Thema zu Ihnen zu sprechen und möchte sie nur ganz kurz bezeichnen. Eine blühende, kräftige Industrie, die nicht mehr kniet und sich ängstigt vor dem Götzenbild, das sie selber sich aufgerichtet hat und das heißt: Geschmack oder eigentlich Ungeschmack des laufenden Publikums, sondern eine Industrie, die mit dem vollen Bewußtsein ihrer Kulturaufgabe und mit Würde und Sicherheit ihre Wege geht. Und daneben eine gesunde, starke Kunst, nicht getragen von einigen Gruppen von Ästheten, die in ihren — ich darf wohl sagen: häufig unehrlichen — Verstiegenheiten hauptsächlich damit beschäftigt sind, zu zeigen, daß sie allein die letzten Sensationen voll zu erleben fähig sind, sondern eine Kunst, die ihre Wurzeln überall im ganzen Volke, im ganzen Lande hat und die, indem sie auch den Alltag mit schlichter Schönheit schmückt, überall wo Fähigkeiten ihr entgegenkommen freudige Teilnahme weckt an allen Fragen der Kunst. Nur bitte ich, wenn ich das als ferneres Ziel der Gewerbeschau bezeichne, nicht zu glauben, daß wir in München vom Größenwahn befallen sind. Wir wissen sehr genau: zu diesem fernen Ziel kann nur ein Schritt getan werden, es muß ein Schritt nach dem anderen gemacht werden. Und, nachdem die Richtung angegeben ist, möchte ich auf den ersten wichtigen, notwendigen Schritt

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321082
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321082/476
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321082/476>, abgerufen am 26.05.2024.