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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.

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Aarl Walzer
<Lin Roman
Richard Knies von
(Dreizehnte Fortsetzung)
13.

Die Tage bis zur Kirchweihe vergehen rasch.

Aus Pfeddersheim kommt einmal ein Brief, in dem Tante Seelchen aufragt,
warum der Karl am verflossenen Sonntag nicht herübergewandert sei, ob er krank
wäre oder was sonst; sie sei voller Unruhe. Er solle doch gleich eines schreiben,
und viel Vergnügen auf die Kerb.

Da setzt Karl sich noch am selben Abend in seine Kammer und schreibt die
Antwort, Soundso wäre die Sache und an krank sei gar nicht zu denken. Auch
solle Tante Seelchen an Kerb wieder einmal nach Spelzheim kommen; freundlichst
sei sie von Holtners dazu eingeladen, womit unter den herzlichsten Grüßen schließe
ihr dankbarer Neffe Karl Salzer.

An schöner Arbeit auf dem Felde fehlt es auch nicht. Die Äcker, in die noch
Winterkorn soll, werden geeggt und dies und das. Und zwischendurch besucht
Karl auch einmal den Friedhof und überzeugt sich, daß das Kreuz wieder in
Ordnung ist.

Freitags vor der Kerb ist die Versteigerung der Salzerschen Liegenschaften.
Außer dem Haus steigert der Hannes Holtner so ziemlich alles zu gar nicht
niedrigen Sätzen an. Denn als die Bauern merken, daß Hannes Holtner, der
reiche Mann. Liebhaber ist, bieten sie ihn gewaltig in die Höhe; der kann schon
zur Deckung der veruntreuten Summen einen fetten Brocken beitragen, denken sie.
Aber bei Ackern in nicht gerade guter Lage spielt der Hannes den Boshaften
einen Schabernack. Wenn sie ihn recht in die Höhe geschraubt haben, ist er still
und bietet nichts mehr darauf, und der Acker wird dem Quertreiber zugeschlagen.
Da werden sie vorsichtiger, und Hannes Holtner kommt bei den letzten Ackern
wieder auf seine Kosten. Und wie er dann abends heimkommt und erzählt, was
er alles angesteigert, da ist ein anderer voller Freude.

Die Bauern aber sagen, daß sie gar nicht begreifen könnten, wie so ein alter
Junggeselle, der den anderen Menschen immer konträr wäre, auf einmal so den
Narren an dem Schmied Salzer seinem rotzigen Lausbub gefressen haben könnte.
Und dann rechnen sie nach, ob der Erlös aus der Versteigerung hinreiche, die
Unterschleife des Schmiedes zu decken. Es bleibt eine Differenz. Da bedauern




Aarl Walzer
<Lin Roman
Richard Knies von
(Dreizehnte Fortsetzung)
13.

Die Tage bis zur Kirchweihe vergehen rasch.

Aus Pfeddersheim kommt einmal ein Brief, in dem Tante Seelchen aufragt,
warum der Karl am verflossenen Sonntag nicht herübergewandert sei, ob er krank
wäre oder was sonst; sie sei voller Unruhe. Er solle doch gleich eines schreiben,
und viel Vergnügen auf die Kerb.

Da setzt Karl sich noch am selben Abend in seine Kammer und schreibt die
Antwort, Soundso wäre die Sache und an krank sei gar nicht zu denken. Auch
solle Tante Seelchen an Kerb wieder einmal nach Spelzheim kommen; freundlichst
sei sie von Holtners dazu eingeladen, womit unter den herzlichsten Grüßen schließe
ihr dankbarer Neffe Karl Salzer.

An schöner Arbeit auf dem Felde fehlt es auch nicht. Die Äcker, in die noch
Winterkorn soll, werden geeggt und dies und das. Und zwischendurch besucht
Karl auch einmal den Friedhof und überzeugt sich, daß das Kreuz wieder in
Ordnung ist.

Freitags vor der Kerb ist die Versteigerung der Salzerschen Liegenschaften.
Außer dem Haus steigert der Hannes Holtner so ziemlich alles zu gar nicht
niedrigen Sätzen an. Denn als die Bauern merken, daß Hannes Holtner, der
reiche Mann. Liebhaber ist, bieten sie ihn gewaltig in die Höhe; der kann schon
zur Deckung der veruntreuten Summen einen fetten Brocken beitragen, denken sie.
Aber bei Ackern in nicht gerade guter Lage spielt der Hannes den Boshaften
einen Schabernack. Wenn sie ihn recht in die Höhe geschraubt haben, ist er still
und bietet nichts mehr darauf, und der Acker wird dem Quertreiber zugeschlagen.
Da werden sie vorsichtiger, und Hannes Holtner kommt bei den letzten Ackern
wieder auf seine Kosten. Und wie er dann abends heimkommt und erzählt, was
er alles angesteigert, da ist ein anderer voller Freude.

Die Bauern aber sagen, daß sie gar nicht begreifen könnten, wie so ein alter
Junggeselle, der den anderen Menschen immer konträr wäre, auf einmal so den
Narren an dem Schmied Salzer seinem rotzigen Lausbub gefressen haben könnte.
Und dann rechnen sie nach, ob der Erlös aus der Versteigerung hinreiche, die
Unterschleife des Schmiedes zu decken. Es bleibt eine Differenz. Da bedauern


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[0429] [Abbildung] Aarl Walzer <Lin Roman Richard Knies von (Dreizehnte Fortsetzung) 13. Die Tage bis zur Kirchweihe vergehen rasch. Aus Pfeddersheim kommt einmal ein Brief, in dem Tante Seelchen aufragt, warum der Karl am verflossenen Sonntag nicht herübergewandert sei, ob er krank wäre oder was sonst; sie sei voller Unruhe. Er solle doch gleich eines schreiben, und viel Vergnügen auf die Kerb. Da setzt Karl sich noch am selben Abend in seine Kammer und schreibt die Antwort, Soundso wäre die Sache und an krank sei gar nicht zu denken. Auch solle Tante Seelchen an Kerb wieder einmal nach Spelzheim kommen; freundlichst sei sie von Holtners dazu eingeladen, womit unter den herzlichsten Grüßen schließe ihr dankbarer Neffe Karl Salzer. An schöner Arbeit auf dem Felde fehlt es auch nicht. Die Äcker, in die noch Winterkorn soll, werden geeggt und dies und das. Und zwischendurch besucht Karl auch einmal den Friedhof und überzeugt sich, daß das Kreuz wieder in Ordnung ist. Freitags vor der Kerb ist die Versteigerung der Salzerschen Liegenschaften. Außer dem Haus steigert der Hannes Holtner so ziemlich alles zu gar nicht niedrigen Sätzen an. Denn als die Bauern merken, daß Hannes Holtner, der reiche Mann. Liebhaber ist, bieten sie ihn gewaltig in die Höhe; der kann schon zur Deckung der veruntreuten Summen einen fetten Brocken beitragen, denken sie. Aber bei Ackern in nicht gerade guter Lage spielt der Hannes den Boshaften einen Schabernack. Wenn sie ihn recht in die Höhe geschraubt haben, ist er still und bietet nichts mehr darauf, und der Acker wird dem Quertreiber zugeschlagen. Da werden sie vorsichtiger, und Hannes Holtner kommt bei den letzten Ackern wieder auf seine Kosten. Und wie er dann abends heimkommt und erzählt, was er alles angesteigert, da ist ein anderer voller Freude. Die Bauern aber sagen, daß sie gar nicht begreifen könnten, wie so ein alter Junggeselle, der den anderen Menschen immer konträr wäre, auf einmal so den Narren an dem Schmied Salzer seinem rotzigen Lausbub gefressen haben könnte. Und dann rechnen sie nach, ob der Erlös aus der Versteigerung hinreiche, die Unterschleife des Schmiedes zu decken. Es bleibt eine Differenz. Da bedauern

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_322400/429>, abgerufen am 08.05.2024.