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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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forderer. Die Allerneuesten brandmarkten ihn als Reaktionär. Obwohl er
versucht hat, den Futurismus als einen gigantisch - grotesken Künstlerulk und
Humor entschuldigend hinzustellen. DiesenMnstsansculotten, von jedem historischen
Denken Abgelenkten, ewig ausgepeitschten Ehrfurchtentfremdeten, die zu ihrem
Kram bloß Frechheit brauchen, war und ist es aber verdammt Ernst mit ihren
Köpfen. "Ist es gleich Wahnsinn, hat es doch Methode!"

Und so wird man an den Zauberlehrling erinnert: "Die ich rief, die
Geister, werd' ich nun nicht los."

Wie dankbar wäre die Kunst, fände sich der alte Hexenmeister: "Besen,
Besen, selbs gewesen I" Es ist des Wassers genug hergetragen worden -- und
trübes obendrein! Zu finden ist er schon, der Meister. Derselbe, der den
Zauberlehrling erst erfand. Nicht umsonst ward er hier so oft genannt. Würden
die Jungen mehr an ihn gewiesen, blieben sie von allen Holzwegen, und hörten
am Ende auch auf den anderen ganz Großen:


Alfred Niederniann


Reichsspiegel
Mehr Stolz! -- Das Gute bricht sich Bahn

In letzter Zeit haben wir wiederholt Klagen über schlechte Behandlung
unserer Landsleute in Frankreich vernommen; jüngst wurde auch seitens der
Tagespresse auf den Unterschied hingewiesen, der bei der Aufnahme deutscher
und französischer Flieger hüben und drüben in die Augen springt. Während
französische Flieger bei uns in Johannisthal, Hannover und auf sonstigen Flug¬
plätzen enthusiastisch begrüßt werden, und während seitens der Flugplatzleitung
nichts verabsäumt wird, um den fremden Eroberern der Luft die Mühen und
Strapazen ihrer kühnen Opferfreudigkeit nach Möglichkeit zu verringern, hat es
in Paris an den einfachsten Formen nicht nur der Höflichkeit, sondern der
Menschlichkeit unseren Fliegern gegenüber gefehlt.

Ein Teil der deutschen Presse hat aus diesen Vorgängen gefolgert, das
Benehmen der Franzosen sei auf den Haß zurückzuführen, den sie den Eroberern
Elsaß-Lothringens entgegenbringen. Ich vermag solcher Ausfassung nicht un¬
eingeschränkt beizutreten aus dem einfachen Grunde, weil es nicht die Deutschen


Reichsspicgcl

forderer. Die Allerneuesten brandmarkten ihn als Reaktionär. Obwohl er
versucht hat, den Futurismus als einen gigantisch - grotesken Künstlerulk und
Humor entschuldigend hinzustellen. DiesenMnstsansculotten, von jedem historischen
Denken Abgelenkten, ewig ausgepeitschten Ehrfurchtentfremdeten, die zu ihrem
Kram bloß Frechheit brauchen, war und ist es aber verdammt Ernst mit ihren
Köpfen. „Ist es gleich Wahnsinn, hat es doch Methode!"

Und so wird man an den Zauberlehrling erinnert: „Die ich rief, die
Geister, werd' ich nun nicht los."

Wie dankbar wäre die Kunst, fände sich der alte Hexenmeister: „Besen,
Besen, selbs gewesen I" Es ist des Wassers genug hergetragen worden — und
trübes obendrein! Zu finden ist er schon, der Meister. Derselbe, der den
Zauberlehrling erst erfand. Nicht umsonst ward er hier so oft genannt. Würden
die Jungen mehr an ihn gewiesen, blieben sie von allen Holzwegen, und hörten
am Ende auch auf den anderen ganz Großen:


Alfred Niederniann


Reichsspiegel
Mehr Stolz! — Das Gute bricht sich Bahn

In letzter Zeit haben wir wiederholt Klagen über schlechte Behandlung
unserer Landsleute in Frankreich vernommen; jüngst wurde auch seitens der
Tagespresse auf den Unterschied hingewiesen, der bei der Aufnahme deutscher
und französischer Flieger hüben und drüben in die Augen springt. Während
französische Flieger bei uns in Johannisthal, Hannover und auf sonstigen Flug¬
plätzen enthusiastisch begrüßt werden, und während seitens der Flugplatzleitung
nichts verabsäumt wird, um den fremden Eroberern der Luft die Mühen und
Strapazen ihrer kühnen Opferfreudigkeit nach Möglichkeit zu verringern, hat es
in Paris an den einfachsten Formen nicht nur der Höflichkeit, sondern der
Menschlichkeit unseren Fliegern gegenüber gefehlt.

Ein Teil der deutschen Presse hat aus diesen Vorgängen gefolgert, das
Benehmen der Franzosen sei auf den Haß zurückzuführen, den sie den Eroberern
Elsaß-Lothringens entgegenbringen. Ich vermag solcher Ausfassung nicht un¬
eingeschränkt beizutreten aus dem einfachen Grunde, weil es nicht die Deutschen


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[0437] Reichsspicgcl forderer. Die Allerneuesten brandmarkten ihn als Reaktionär. Obwohl er versucht hat, den Futurismus als einen gigantisch - grotesken Künstlerulk und Humor entschuldigend hinzustellen. DiesenMnstsansculotten, von jedem historischen Denken Abgelenkten, ewig ausgepeitschten Ehrfurchtentfremdeten, die zu ihrem Kram bloß Frechheit brauchen, war und ist es aber verdammt Ernst mit ihren Köpfen. „Ist es gleich Wahnsinn, hat es doch Methode!" Und so wird man an den Zauberlehrling erinnert: „Die ich rief, die Geister, werd' ich nun nicht los." Wie dankbar wäre die Kunst, fände sich der alte Hexenmeister: „Besen, Besen, selbs gewesen I" Es ist des Wassers genug hergetragen worden — und trübes obendrein! Zu finden ist er schon, der Meister. Derselbe, der den Zauberlehrling erst erfand. Nicht umsonst ward er hier so oft genannt. Würden die Jungen mehr an ihn gewiesen, blieben sie von allen Holzwegen, und hörten am Ende auch auf den anderen ganz Großen: Alfred Niederniann Reichsspiegel Mehr Stolz! — Das Gute bricht sich Bahn In letzter Zeit haben wir wiederholt Klagen über schlechte Behandlung unserer Landsleute in Frankreich vernommen; jüngst wurde auch seitens der Tagespresse auf den Unterschied hingewiesen, der bei der Aufnahme deutscher und französischer Flieger hüben und drüben in die Augen springt. Während französische Flieger bei uns in Johannisthal, Hannover und auf sonstigen Flug¬ plätzen enthusiastisch begrüßt werden, und während seitens der Flugplatzleitung nichts verabsäumt wird, um den fremden Eroberern der Luft die Mühen und Strapazen ihrer kühnen Opferfreudigkeit nach Möglichkeit zu verringern, hat es in Paris an den einfachsten Formen nicht nur der Höflichkeit, sondern der Menschlichkeit unseren Fliegern gegenüber gefehlt. Ein Teil der deutschen Presse hat aus diesen Vorgängen gefolgert, das Benehmen der Franzosen sei auf den Haß zurückzuführen, den sie den Eroberern Elsaß-Lothringens entgegenbringen. Ich vermag solcher Ausfassung nicht un¬ eingeschränkt beizutreten aus dem einfachen Grunde, weil es nicht die Deutschen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/437>, abgerufen am 28.04.2024.