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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Die Arbeiterfrage in Fidschi
Oon Karl Fricke

el meinem kürzlichen Besuche der Fidschiinseln, sowie unserer herr¬
lichen deutschen Kolonie Samoa ist mir der bedeutende Unterschied
in der Lösung der Arbeiterfrage aufgefallen. In Samoa selbst
kann man sogar von einer Lösung fast noch nicht sprechen. Zwar
haben wir dort endlich die Erlaubnis erhalten, in Südchina
(Kanton) Arbeiterkulis anzuwerben. Etwa tausend Chinesen wurden bei meinem
Aufenthalte in Apia gelandet. Die hohen Kosten der Einführung der Chinesen,
die Schwierigkeiten, bei den ungünstigen politischen Verhältnisse in China
regelmäßig für Arbeiterzufuhr zu sorgen, die für den Plantagenbetrieb unvor¬
teilhafte Gleichstellung des Chinesen mit dem Europäer in juristischer Hinsicht,
lassen es wünschenswert erscheinen, über die Nachbarkolonie Fidschi in bezug
auf die Lösung der Arbeiterfrage näheres zu erfahren. Wenn wir die in Fidschi
herrschenden Verhältnisse auch nicht unbedingt auf Samoa übertragen können,
fo mögen sich aus den nachfolgenden Ausführungen einige Gesichtspunkte ergeben,
die bei den Verhandlungen mit der holländischen Regierung über Arbeiterzufuhr
aus Java nach Samoa zu unserem Vorteil verwendet werden können.

Spricht man von einer Arbeiterfrage, so ist damit die Beschaffung der
Arbeitskräfte gemeint, die zur rationellen Bewirtschaftung eines Plantagen¬
betriebes notwendig wird. Solche Plantagenbetriebe in der Südsee kultivieren
das Zuckerrohr für die Zuckergewinnung, die Kokospalme für die Herstellung
der Kopra*). die Kakaopflanze, die Teestaude und die Banane**). Weiter wird
auf diesen Plantagen sehr oft Vieh im Großbetrieb gezüchtet, während man für
die Kultur verschiedener anderer tropischer Gewächse kleinere Plantagen angelegt
hat, die jedoch bei der Beurteilung der Arbeiterfrage nicht ins Gewicht fallen.

Arbeiterfrage heißt aber auch Arbeiternot. Fidschi, die englische Kolonie,
hat vor vielen Jahren unter ähnlichen Verhältnissen gelitten, wie wir sie leider
heute noch in Samoa sehen. Nur dadurch, daß das britische Weltreich in
Indien eine schwer zu ernährende ungeheuere Bevölkerung besitzt, ist man
in Fidschi über die Arbeiternot hinweggekommen. Der Fidschieingeborene steht
in bezug auf Faulheit und Trägheit dem Samoaner nicht nach. Ferner ist




*) Vgl. "Südsee-Kopra", vom gleichen Verfasser. Hamburger Nachrichten 1913.
Vgl. "Der Bananenhandel in der Südsee", vom gleichen Verfasser. Hamburger
Nachrichten, Februar 1912.


Die Arbeiterfrage in Fidschi
Oon Karl Fricke

el meinem kürzlichen Besuche der Fidschiinseln, sowie unserer herr¬
lichen deutschen Kolonie Samoa ist mir der bedeutende Unterschied
in der Lösung der Arbeiterfrage aufgefallen. In Samoa selbst
kann man sogar von einer Lösung fast noch nicht sprechen. Zwar
haben wir dort endlich die Erlaubnis erhalten, in Südchina
(Kanton) Arbeiterkulis anzuwerben. Etwa tausend Chinesen wurden bei meinem
Aufenthalte in Apia gelandet. Die hohen Kosten der Einführung der Chinesen,
die Schwierigkeiten, bei den ungünstigen politischen Verhältnisse in China
regelmäßig für Arbeiterzufuhr zu sorgen, die für den Plantagenbetrieb unvor¬
teilhafte Gleichstellung des Chinesen mit dem Europäer in juristischer Hinsicht,
lassen es wünschenswert erscheinen, über die Nachbarkolonie Fidschi in bezug
auf die Lösung der Arbeiterfrage näheres zu erfahren. Wenn wir die in Fidschi
herrschenden Verhältnisse auch nicht unbedingt auf Samoa übertragen können,
fo mögen sich aus den nachfolgenden Ausführungen einige Gesichtspunkte ergeben,
die bei den Verhandlungen mit der holländischen Regierung über Arbeiterzufuhr
aus Java nach Samoa zu unserem Vorteil verwendet werden können.

Spricht man von einer Arbeiterfrage, so ist damit die Beschaffung der
Arbeitskräfte gemeint, die zur rationellen Bewirtschaftung eines Plantagen¬
betriebes notwendig wird. Solche Plantagenbetriebe in der Südsee kultivieren
das Zuckerrohr für die Zuckergewinnung, die Kokospalme für die Herstellung
der Kopra*). die Kakaopflanze, die Teestaude und die Banane**). Weiter wird
auf diesen Plantagen sehr oft Vieh im Großbetrieb gezüchtet, während man für
die Kultur verschiedener anderer tropischer Gewächse kleinere Plantagen angelegt
hat, die jedoch bei der Beurteilung der Arbeiterfrage nicht ins Gewicht fallen.

Arbeiterfrage heißt aber auch Arbeiternot. Fidschi, die englische Kolonie,
hat vor vielen Jahren unter ähnlichen Verhältnissen gelitten, wie wir sie leider
heute noch in Samoa sehen. Nur dadurch, daß das britische Weltreich in
Indien eine schwer zu ernährende ungeheuere Bevölkerung besitzt, ist man
in Fidschi über die Arbeiternot hinweggekommen. Der Fidschieingeborene steht
in bezug auf Faulheit und Trägheit dem Samoaner nicht nach. Ferner ist




*) Vgl. „Südsee-Kopra", vom gleichen Verfasser. Hamburger Nachrichten 1913.
Vgl. „Der Bananenhandel in der Südsee", vom gleichen Verfasser. Hamburger
Nachrichten, Februar 1912.
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[0458] [Abbildung] Die Arbeiterfrage in Fidschi Oon Karl Fricke el meinem kürzlichen Besuche der Fidschiinseln, sowie unserer herr¬ lichen deutschen Kolonie Samoa ist mir der bedeutende Unterschied in der Lösung der Arbeiterfrage aufgefallen. In Samoa selbst kann man sogar von einer Lösung fast noch nicht sprechen. Zwar haben wir dort endlich die Erlaubnis erhalten, in Südchina (Kanton) Arbeiterkulis anzuwerben. Etwa tausend Chinesen wurden bei meinem Aufenthalte in Apia gelandet. Die hohen Kosten der Einführung der Chinesen, die Schwierigkeiten, bei den ungünstigen politischen Verhältnisse in China regelmäßig für Arbeiterzufuhr zu sorgen, die für den Plantagenbetrieb unvor¬ teilhafte Gleichstellung des Chinesen mit dem Europäer in juristischer Hinsicht, lassen es wünschenswert erscheinen, über die Nachbarkolonie Fidschi in bezug auf die Lösung der Arbeiterfrage näheres zu erfahren. Wenn wir die in Fidschi herrschenden Verhältnisse auch nicht unbedingt auf Samoa übertragen können, fo mögen sich aus den nachfolgenden Ausführungen einige Gesichtspunkte ergeben, die bei den Verhandlungen mit der holländischen Regierung über Arbeiterzufuhr aus Java nach Samoa zu unserem Vorteil verwendet werden können. Spricht man von einer Arbeiterfrage, so ist damit die Beschaffung der Arbeitskräfte gemeint, die zur rationellen Bewirtschaftung eines Plantagen¬ betriebes notwendig wird. Solche Plantagenbetriebe in der Südsee kultivieren das Zuckerrohr für die Zuckergewinnung, die Kokospalme für die Herstellung der Kopra*). die Kakaopflanze, die Teestaude und die Banane**). Weiter wird auf diesen Plantagen sehr oft Vieh im Großbetrieb gezüchtet, während man für die Kultur verschiedener anderer tropischer Gewächse kleinere Plantagen angelegt hat, die jedoch bei der Beurteilung der Arbeiterfrage nicht ins Gewicht fallen. Arbeiterfrage heißt aber auch Arbeiternot. Fidschi, die englische Kolonie, hat vor vielen Jahren unter ähnlichen Verhältnissen gelitten, wie wir sie leider heute noch in Samoa sehen. Nur dadurch, daß das britische Weltreich in Indien eine schwer zu ernährende ungeheuere Bevölkerung besitzt, ist man in Fidschi über die Arbeiternot hinweggekommen. Der Fidschieingeborene steht in bezug auf Faulheit und Trägheit dem Samoaner nicht nach. Ferner ist *) Vgl. „Südsee-Kopra", vom gleichen Verfasser. Hamburger Nachrichten 1913. Vgl. „Der Bananenhandel in der Südsee", vom gleichen Verfasser. Hamburger Nachrichten, Februar 1912.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/458>, abgerufen am 28.04.2024.