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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr.

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Lnglands Konrerbcmdcrecht und die Proteste der Neutralen

so schnell ein, als er erwartet hatte. Die sozialen Unruhen im Innern wurden
überwunden, als nach der Beseitigung der Kornzölle, der Aufhebung der Schiff¬
fahrtsakte und schließlich der Zoll- und Steuerreformen Peels und Gladstones
ein wirtschaftlicher Ausschwung eintrat. Und auch die Ablenkung durch den
Krieg, den Krimkrieg, fehlte schließlich nicht. In der Gegenwart aber haben
sich die Dinge wiederum so zugespitzt wie damals. Wir sehen soziale Be¬
wegungen im Innern, deren die Regierung nicht Herr zu werden vermag:
syndikalistische Streiks, die Suffragettenbewegung und die Emanzipation von
Ulster. Dazu tritt das Gefühl der steigenden Bedrohung der merkantilen
Interessen. Und nun ist eingetreten, was Heine 1342 sagte: "daß nicht an
der Seine aus Begeisterung für eine Idee die Ruhe Europas am furchtbarsten
gestört werden dürfte, sondern an der Themse, in den verschwiegenen Gemächern
des Foreigne Office." Das deutsche Volk aber hofft, daß so gewiß wie vor
hundert Jahren den Ruhestörer Europas, den Korsen, sein Schicksal erreichte,
so auch diesem Korsarenvolke bald die Schicksalsstunde schlagen werde.




Englands Aonterbanderecht und die Proteste der
Neutralen
Dr. Hans rvehberg von Gerichtsassessor

rst gegen Schluß des Jahres 1914 haben sich die Neutralen
gegenüber der Handhabung des Konterbanderechts durch England
zu energischen Protesten aufgerafft. Die Malmöer Zusammenkunft
und die Note der Vereinigten Staaten von Amerika, mit der
gleichzeitig auch die Niederlande ihre Forderungen in London
überreichten, bedeuten einen Umschwung in der vorsichtig abwartenden Stellung¬
nahme der am Kriege unbeteiligten Regierungen. Gewiß sind schon vorher die
Neutralen wiederholt in London vorstellig geworden. Das beweist vor allem
auch die Aufgabe der orcker in Louncil vom 20. August durch England und ihre
Ersetzung durch die neue orcler in council vom 29. Oktober 1914. Die erste
Regelung des Konterbanderechts durch England im August 1914 war sicherlich
schärfer als die spätere; führte doch jene orcisr in council das Prinzip der
einheitlichen Reise für die relative Konterbande ein, das heißt: neutrale Waren
mit endgültiger Bestimmung, die aber zunächst auf einem nach einem neutralen
Hafen bestimmten Schiffe fuhren, können nicht nur dann als Konterbande
weggenommen werden, wenn es sich um Gegenstände der absoluten, sondern


Lnglands Konrerbcmdcrecht und die Proteste der Neutralen

so schnell ein, als er erwartet hatte. Die sozialen Unruhen im Innern wurden
überwunden, als nach der Beseitigung der Kornzölle, der Aufhebung der Schiff¬
fahrtsakte und schließlich der Zoll- und Steuerreformen Peels und Gladstones
ein wirtschaftlicher Ausschwung eintrat. Und auch die Ablenkung durch den
Krieg, den Krimkrieg, fehlte schließlich nicht. In der Gegenwart aber haben
sich die Dinge wiederum so zugespitzt wie damals. Wir sehen soziale Be¬
wegungen im Innern, deren die Regierung nicht Herr zu werden vermag:
syndikalistische Streiks, die Suffragettenbewegung und die Emanzipation von
Ulster. Dazu tritt das Gefühl der steigenden Bedrohung der merkantilen
Interessen. Und nun ist eingetreten, was Heine 1342 sagte: „daß nicht an
der Seine aus Begeisterung für eine Idee die Ruhe Europas am furchtbarsten
gestört werden dürfte, sondern an der Themse, in den verschwiegenen Gemächern
des Foreigne Office." Das deutsche Volk aber hofft, daß so gewiß wie vor
hundert Jahren den Ruhestörer Europas, den Korsen, sein Schicksal erreichte,
so auch diesem Korsarenvolke bald die Schicksalsstunde schlagen werde.




Englands Aonterbanderecht und die Proteste der
Neutralen
Dr. Hans rvehberg von Gerichtsassessor

rst gegen Schluß des Jahres 1914 haben sich die Neutralen
gegenüber der Handhabung des Konterbanderechts durch England
zu energischen Protesten aufgerafft. Die Malmöer Zusammenkunft
und die Note der Vereinigten Staaten von Amerika, mit der
gleichzeitig auch die Niederlande ihre Forderungen in London
überreichten, bedeuten einen Umschwung in der vorsichtig abwartenden Stellung¬
nahme der am Kriege unbeteiligten Regierungen. Gewiß sind schon vorher die
Neutralen wiederholt in London vorstellig geworden. Das beweist vor allem
auch die Aufgabe der orcker in Louncil vom 20. August durch England und ihre
Ersetzung durch die neue orcler in council vom 29. Oktober 1914. Die erste
Regelung des Konterbanderechts durch England im August 1914 war sicherlich
schärfer als die spätere; führte doch jene orcisr in council das Prinzip der
einheitlichen Reise für die relative Konterbande ein, das heißt: neutrale Waren
mit endgültiger Bestimmung, die aber zunächst auf einem nach einem neutralen
Hafen bestimmten Schiffe fuhren, können nicht nur dann als Konterbande
weggenommen werden, wenn es sich um Gegenstände der absoluten, sondern


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[0054] Lnglands Konrerbcmdcrecht und die Proteste der Neutralen so schnell ein, als er erwartet hatte. Die sozialen Unruhen im Innern wurden überwunden, als nach der Beseitigung der Kornzölle, der Aufhebung der Schiff¬ fahrtsakte und schließlich der Zoll- und Steuerreformen Peels und Gladstones ein wirtschaftlicher Ausschwung eintrat. Und auch die Ablenkung durch den Krieg, den Krimkrieg, fehlte schließlich nicht. In der Gegenwart aber haben sich die Dinge wiederum so zugespitzt wie damals. Wir sehen soziale Be¬ wegungen im Innern, deren die Regierung nicht Herr zu werden vermag: syndikalistische Streiks, die Suffragettenbewegung und die Emanzipation von Ulster. Dazu tritt das Gefühl der steigenden Bedrohung der merkantilen Interessen. Und nun ist eingetreten, was Heine 1342 sagte: „daß nicht an der Seine aus Begeisterung für eine Idee die Ruhe Europas am furchtbarsten gestört werden dürfte, sondern an der Themse, in den verschwiegenen Gemächern des Foreigne Office." Das deutsche Volk aber hofft, daß so gewiß wie vor hundert Jahren den Ruhestörer Europas, den Korsen, sein Schicksal erreichte, so auch diesem Korsarenvolke bald die Schicksalsstunde schlagen werde. Englands Aonterbanderecht und die Proteste der Neutralen Dr. Hans rvehberg von Gerichtsassessor rst gegen Schluß des Jahres 1914 haben sich die Neutralen gegenüber der Handhabung des Konterbanderechts durch England zu energischen Protesten aufgerafft. Die Malmöer Zusammenkunft und die Note der Vereinigten Staaten von Amerika, mit der gleichzeitig auch die Niederlande ihre Forderungen in London überreichten, bedeuten einen Umschwung in der vorsichtig abwartenden Stellung¬ nahme der am Kriege unbeteiligten Regierungen. Gewiß sind schon vorher die Neutralen wiederholt in London vorstellig geworden. Das beweist vor allem auch die Aufgabe der orcker in Louncil vom 20. August durch England und ihre Ersetzung durch die neue orcler in council vom 29. Oktober 1914. Die erste Regelung des Konterbanderechts durch England im August 1914 war sicherlich schärfer als die spätere; führte doch jene orcisr in council das Prinzip der einheitlichen Reise für die relative Konterbande ein, das heißt: neutrale Waren mit endgültiger Bestimmung, die aber zunächst auf einem nach einem neutralen Hafen bestimmten Schiffe fuhren, können nicht nur dann als Konterbande weggenommen werden, wenn es sich um Gegenstände der absoluten, sondern

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323097/54>, abgerufen am 28.04.2024.