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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr.

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Ariegsgetreide-Fürsorge
Schroeder von Güterdirektor der Stadt

s dürfte wenig ernsthafte Männer in Deutschland geben, welche
nach den Erfahrungen dieses Krieges dem Gedanken widerstreben,
für künftige ähnliche Fälle noch besser vorzusorgen. Dazu würde
einmal die Möglichkeit gehören, die genügende Menge an mensch¬
licher Nahrung im Lande zu erzeugen, zum anderen die, im
rechten Augenblick auch die Verfügung über sie zu haben.

Die Möglichkeit, die nötige Menge an Nahrungs- und auch Futtermitteln
im Lande zu erzeugen, ist jetzt so oft behandelt worden, daß ich mich mit
ihrer Erörterung nicht länger aushalten will. Daß das in Deutschland vor¬
handene Ödland zur Versorgung ausreicht, ist fachlich längst nachgewiesen worden.
Warum waren aber diese Ländereien bisher ertraglos? Weil sich die Urbarmachung
unter den jetzigen Preisverhältnissen landwirtschaftlicher Erzeugnisse und menschlicher
Arbeit nicht lohnte. Wird das nunmehr mit einem Schlage anders werden?
Ich fürchte nein! Wer soll also die Zubußen leisten? Der Staat? Der
Ödlandbesitzer? Die nährbedürftigen Städte?

Es wird nicht unterlassen werden können, durch eine bessere Belehrung
der Bevölkerung an Ort und Stelle alle die bisher ertraglosen Ländereien,
welche die Kultur lohnen, aber nicht als geeignet erkannt worden sind, zu
Nutzländereien herzurichten, zum Beispiel an sich fruchtbare aber ersoffene
Ländereien, Waldungen, die auf fruchtbarem, nur zweckmäßig zum Ackerbau
herzurichtendem Grunde stocken, sandige, scheinbar unfruchtbare Flächen, bei
denen es gilt, den jetzt zu tief unter der Oberfläche stehenden, an sich fruchtbaren
Boden durch Tiefkultur heraufzuholen und andere mehr.

Daß es solche Ländereien in Fülle gibt, wissen wir von denjenigen Landes¬
teilen, welche schon geologisch-agronomisch kartiert sind, von noch größeren
Flächen, die nicht kartiert find, können wir ähnliches vermuten. Die geologisch¬
agronomischen Untersuchungen und Karten müssen also zunächst einmal fertig¬
gestellt werden.

Ganz ohne Zwang wird es bei der Urbarmachung von Ödland dem Privat¬
besitzer gegenüber wohl nicht mehr abgehen. Bei Ländereien, die nur der
fachlich richtigen Behandlung bedürfen, um einen Reinertrag abzuwerfen, ist
dies wohl kaum jemand zuwider. Die von Grund auf nicht ertragsfähigen




Ariegsgetreide-Fürsorge
Schroeder von Güterdirektor der Stadt

s dürfte wenig ernsthafte Männer in Deutschland geben, welche
nach den Erfahrungen dieses Krieges dem Gedanken widerstreben,
für künftige ähnliche Fälle noch besser vorzusorgen. Dazu würde
einmal die Möglichkeit gehören, die genügende Menge an mensch¬
licher Nahrung im Lande zu erzeugen, zum anderen die, im
rechten Augenblick auch die Verfügung über sie zu haben.

Die Möglichkeit, die nötige Menge an Nahrungs- und auch Futtermitteln
im Lande zu erzeugen, ist jetzt so oft behandelt worden, daß ich mich mit
ihrer Erörterung nicht länger aushalten will. Daß das in Deutschland vor¬
handene Ödland zur Versorgung ausreicht, ist fachlich längst nachgewiesen worden.
Warum waren aber diese Ländereien bisher ertraglos? Weil sich die Urbarmachung
unter den jetzigen Preisverhältnissen landwirtschaftlicher Erzeugnisse und menschlicher
Arbeit nicht lohnte. Wird das nunmehr mit einem Schlage anders werden?
Ich fürchte nein! Wer soll also die Zubußen leisten? Der Staat? Der
Ödlandbesitzer? Die nährbedürftigen Städte?

Es wird nicht unterlassen werden können, durch eine bessere Belehrung
der Bevölkerung an Ort und Stelle alle die bisher ertraglosen Ländereien,
welche die Kultur lohnen, aber nicht als geeignet erkannt worden sind, zu
Nutzländereien herzurichten, zum Beispiel an sich fruchtbare aber ersoffene
Ländereien, Waldungen, die auf fruchtbarem, nur zweckmäßig zum Ackerbau
herzurichtendem Grunde stocken, sandige, scheinbar unfruchtbare Flächen, bei
denen es gilt, den jetzt zu tief unter der Oberfläche stehenden, an sich fruchtbaren
Boden durch Tiefkultur heraufzuholen und andere mehr.

Daß es solche Ländereien in Fülle gibt, wissen wir von denjenigen Landes¬
teilen, welche schon geologisch-agronomisch kartiert sind, von noch größeren
Flächen, die nicht kartiert find, können wir ähnliches vermuten. Die geologisch¬
agronomischen Untersuchungen und Karten müssen also zunächst einmal fertig¬
gestellt werden.

Ganz ohne Zwang wird es bei der Urbarmachung von Ödland dem Privat¬
besitzer gegenüber wohl nicht mehr abgehen. Bei Ländereien, die nur der
fachlich richtigen Behandlung bedürfen, um einen Reinertrag abzuwerfen, ist
dies wohl kaum jemand zuwider. Die von Grund auf nicht ertragsfähigen


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[0310] [Abbildung] Ariegsgetreide-Fürsorge Schroeder von Güterdirektor der Stadt s dürfte wenig ernsthafte Männer in Deutschland geben, welche nach den Erfahrungen dieses Krieges dem Gedanken widerstreben, für künftige ähnliche Fälle noch besser vorzusorgen. Dazu würde einmal die Möglichkeit gehören, die genügende Menge an mensch¬ licher Nahrung im Lande zu erzeugen, zum anderen die, im rechten Augenblick auch die Verfügung über sie zu haben. Die Möglichkeit, die nötige Menge an Nahrungs- und auch Futtermitteln im Lande zu erzeugen, ist jetzt so oft behandelt worden, daß ich mich mit ihrer Erörterung nicht länger aushalten will. Daß das in Deutschland vor¬ handene Ödland zur Versorgung ausreicht, ist fachlich längst nachgewiesen worden. Warum waren aber diese Ländereien bisher ertraglos? Weil sich die Urbarmachung unter den jetzigen Preisverhältnissen landwirtschaftlicher Erzeugnisse und menschlicher Arbeit nicht lohnte. Wird das nunmehr mit einem Schlage anders werden? Ich fürchte nein! Wer soll also die Zubußen leisten? Der Staat? Der Ödlandbesitzer? Die nährbedürftigen Städte? Es wird nicht unterlassen werden können, durch eine bessere Belehrung der Bevölkerung an Ort und Stelle alle die bisher ertraglosen Ländereien, welche die Kultur lohnen, aber nicht als geeignet erkannt worden sind, zu Nutzländereien herzurichten, zum Beispiel an sich fruchtbare aber ersoffene Ländereien, Waldungen, die auf fruchtbarem, nur zweckmäßig zum Ackerbau herzurichtendem Grunde stocken, sandige, scheinbar unfruchtbare Flächen, bei denen es gilt, den jetzt zu tief unter der Oberfläche stehenden, an sich fruchtbaren Boden durch Tiefkultur heraufzuholen und andere mehr. Daß es solche Ländereien in Fülle gibt, wissen wir von denjenigen Landes¬ teilen, welche schon geologisch-agronomisch kartiert sind, von noch größeren Flächen, die nicht kartiert find, können wir ähnliches vermuten. Die geologisch¬ agronomischen Untersuchungen und Karten müssen also zunächst einmal fertig¬ gestellt werden. Ganz ohne Zwang wird es bei der Urbarmachung von Ödland dem Privat¬ besitzer gegenüber wohl nicht mehr abgehen. Bei Ländereien, die nur der fachlich richtigen Behandlung bedürfen, um einen Reinertrag abzuwerfen, ist dies wohl kaum jemand zuwider. Die von Grund auf nicht ertragsfähigen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323538/310>, abgerufen am 26.04.2024.