Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite


Versuche zur Beseitigung des Unterseebootkrieges
Gerichtsassessor Dr. Hans ZVehberg von

KMÄI
^
GM"le Befürworter einer internationalen Verständigung über die
Beschränkung der Rüstungen haben teilweise ihr Ziel dadurch zu
erreichen versucht, daß sie ein Verbot zum Gebrauche bestimmter
Kriegsmittel aufstellten. Vor zehn Jahren hat auf dem Luzerner
Weltfriedenskongreß Professor Fatio den merkwürdigen Vorschlag
gemacht, den Gebrauch von Artillerie zu anderen Zwecken als zur Verteidigung
von Festungen zu verbieten. Viel bekannter aber sind die wiederholten Pläne
geworden, die darauf hinauslaufen, die Verwendung von Unterseebooten zu
verbieten. Nachdem der gegenwärtige Krieg gezeigt hat, welch unerwartete
Bedeutung dieses Kampfmittel (dessen Wert freilich einige vorausschauende
Geister wie Admiral Galster rechtzeitig erkannt haben) für den Seekrieg hat,
ist es von besonderem Interesse, einmal auf diese nunmehr sicherlich endgültig
begrabenen Versuche hinzuweisen.

In dem zweiten der Rundschreiben, durch die die russische Regierung am
11. Januar 1899 die näheren Programmpunkte der ersten Haager Friedens¬
konferenz bekannt machte, war als die vierte Aufgabe der Diplomatenkonferenz
"das Verbot der unterseeischen Torpedoboote und der anderen Zerstörungs¬
maschinen sowie der Rammschiffe" bezeichnet. Mit dieser Frage befaßte sich
die Marineunterkommission der ersten Kommission am 31. Mai unter dem
Vorsitze des holländischen Bevollmächtigten Ihr. van Karnebeek. eines hervor¬
ragenden Staatmannes, der heute noch in hohem Alter im Haag lebt und
Vorsitzender der Carnegieftiedenspalaststiftung ist. Ihr. van Karnebeek betonte bei
Beginn der Beratung, eine Einigung über diese Frage könne wohl nur dann
erzielt werden, wenn ein entsprechendes Verbot einstimmig gefaßt würde;
wenn nur eine einzige Nation diese Kriegsmaschinen benutze, dann müßten alle
anderen dasselbe tun. In der Diskusston brachten die Vertreter der einzelnen
Staaten, da sie zum Teil noch keine offizielle Instruktionen empfangen hatten,
zunächst nur ihre persönliche Meinung zur Sprache. Doch stimmte diese im
wesentlichen mit der späteren endgültigen Abstimmung überein, und es darf
wohl angenommen werden, daß alle in der Hauptsache über die zu erwartende
Instruktion informiert waren. Es ist nun von großem Interesse, darauf
hinzuweisen, daß vor allem solche neutrale Staaten, die jetzt unter dem Unter¬
seebootkrieg ganz besonders zu leiden haben, nämlich Holland, Schweden und
Norwegen gegen ein Verbot dieser Waffe waren, da sie betonten, es handle




Versuche zur Beseitigung des Unterseebootkrieges
Gerichtsassessor Dr. Hans ZVehberg von

KMÄI
^
GM»le Befürworter einer internationalen Verständigung über die
Beschränkung der Rüstungen haben teilweise ihr Ziel dadurch zu
erreichen versucht, daß sie ein Verbot zum Gebrauche bestimmter
Kriegsmittel aufstellten. Vor zehn Jahren hat auf dem Luzerner
Weltfriedenskongreß Professor Fatio den merkwürdigen Vorschlag
gemacht, den Gebrauch von Artillerie zu anderen Zwecken als zur Verteidigung
von Festungen zu verbieten. Viel bekannter aber sind die wiederholten Pläne
geworden, die darauf hinauslaufen, die Verwendung von Unterseebooten zu
verbieten. Nachdem der gegenwärtige Krieg gezeigt hat, welch unerwartete
Bedeutung dieses Kampfmittel (dessen Wert freilich einige vorausschauende
Geister wie Admiral Galster rechtzeitig erkannt haben) für den Seekrieg hat,
ist es von besonderem Interesse, einmal auf diese nunmehr sicherlich endgültig
begrabenen Versuche hinzuweisen.

In dem zweiten der Rundschreiben, durch die die russische Regierung am
11. Januar 1899 die näheren Programmpunkte der ersten Haager Friedens¬
konferenz bekannt machte, war als die vierte Aufgabe der Diplomatenkonferenz
„das Verbot der unterseeischen Torpedoboote und der anderen Zerstörungs¬
maschinen sowie der Rammschiffe" bezeichnet. Mit dieser Frage befaßte sich
die Marineunterkommission der ersten Kommission am 31. Mai unter dem
Vorsitze des holländischen Bevollmächtigten Ihr. van Karnebeek. eines hervor¬
ragenden Staatmannes, der heute noch in hohem Alter im Haag lebt und
Vorsitzender der Carnegieftiedenspalaststiftung ist. Ihr. van Karnebeek betonte bei
Beginn der Beratung, eine Einigung über diese Frage könne wohl nur dann
erzielt werden, wenn ein entsprechendes Verbot einstimmig gefaßt würde;
wenn nur eine einzige Nation diese Kriegsmaschinen benutze, dann müßten alle
anderen dasselbe tun. In der Diskusston brachten die Vertreter der einzelnen
Staaten, da sie zum Teil noch keine offizielle Instruktionen empfangen hatten,
zunächst nur ihre persönliche Meinung zur Sprache. Doch stimmte diese im
wesentlichen mit der späteren endgültigen Abstimmung überein, und es darf
wohl angenommen werden, daß alle in der Hauptsache über die zu erwartende
Instruktion informiert waren. Es ist nun von großem Interesse, darauf
hinzuweisen, daß vor allem solche neutrale Staaten, die jetzt unter dem Unter¬
seebootkrieg ganz besonders zu leiden haben, nämlich Holland, Schweden und
Norwegen gegen ein Verbot dieser Waffe waren, da sie betonten, es handle


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0164" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/324137"/>
          <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341901_323972/figures/grenzboten_341901_323972_324137_000.jpg"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Versuche zur Beseitigung des Unterseebootkrieges<lb/><note type="byline"> Gerichtsassessor Dr. Hans ZVehberg</note> von</head><lb/>
          <p xml:id="ID_492"> KMÄI<lb/>
^<lb/>
GM»le Befürworter einer internationalen Verständigung über die<lb/>
Beschränkung der Rüstungen haben teilweise ihr Ziel dadurch zu<lb/>
erreichen versucht, daß sie ein Verbot zum Gebrauche bestimmter<lb/>
Kriegsmittel aufstellten. Vor zehn Jahren hat auf dem Luzerner<lb/>
Weltfriedenskongreß Professor Fatio den merkwürdigen Vorschlag<lb/>
gemacht, den Gebrauch von Artillerie zu anderen Zwecken als zur Verteidigung<lb/>
von Festungen zu verbieten. Viel bekannter aber sind die wiederholten Pläne<lb/>
geworden, die darauf hinauslaufen, die Verwendung von Unterseebooten zu<lb/>
verbieten. Nachdem der gegenwärtige Krieg gezeigt hat, welch unerwartete<lb/>
Bedeutung dieses Kampfmittel (dessen Wert freilich einige vorausschauende<lb/>
Geister wie Admiral Galster rechtzeitig erkannt haben) für den Seekrieg hat,<lb/>
ist es von besonderem Interesse, einmal auf diese nunmehr sicherlich endgültig<lb/>
begrabenen Versuche hinzuweisen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_493" next="#ID_494"> In dem zweiten der Rundschreiben, durch die die russische Regierung am<lb/>
11. Januar 1899 die näheren Programmpunkte der ersten Haager Friedens¬<lb/>
konferenz bekannt machte, war als die vierte Aufgabe der Diplomatenkonferenz<lb/>
&#x201E;das Verbot der unterseeischen Torpedoboote und der anderen Zerstörungs¬<lb/>
maschinen sowie der Rammschiffe" bezeichnet. Mit dieser Frage befaßte sich<lb/>
die Marineunterkommission der ersten Kommission am 31. Mai unter dem<lb/>
Vorsitze des holländischen Bevollmächtigten Ihr. van Karnebeek. eines hervor¬<lb/>
ragenden Staatmannes, der heute noch in hohem Alter im Haag lebt und<lb/>
Vorsitzender der Carnegieftiedenspalaststiftung ist. Ihr. van Karnebeek betonte bei<lb/>
Beginn der Beratung, eine Einigung über diese Frage könne wohl nur dann<lb/>
erzielt werden, wenn ein entsprechendes Verbot einstimmig gefaßt würde;<lb/>
wenn nur eine einzige Nation diese Kriegsmaschinen benutze, dann müßten alle<lb/>
anderen dasselbe tun. In der Diskusston brachten die Vertreter der einzelnen<lb/>
Staaten, da sie zum Teil noch keine offizielle Instruktionen empfangen hatten,<lb/>
zunächst nur ihre persönliche Meinung zur Sprache. Doch stimmte diese im<lb/>
wesentlichen mit der späteren endgültigen Abstimmung überein, und es darf<lb/>
wohl angenommen werden, daß alle in der Hauptsache über die zu erwartende<lb/>
Instruktion informiert waren. Es ist nun von großem Interesse, darauf<lb/>
hinzuweisen, daß vor allem solche neutrale Staaten, die jetzt unter dem Unter¬<lb/>
seebootkrieg ganz besonders zu leiden haben, nämlich Holland, Schweden und<lb/>
Norwegen gegen ein Verbot dieser Waffe waren, da sie betonten, es handle</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0164] [Abbildung] Versuche zur Beseitigung des Unterseebootkrieges Gerichtsassessor Dr. Hans ZVehberg von KMÄI ^ GM»le Befürworter einer internationalen Verständigung über die Beschränkung der Rüstungen haben teilweise ihr Ziel dadurch zu erreichen versucht, daß sie ein Verbot zum Gebrauche bestimmter Kriegsmittel aufstellten. Vor zehn Jahren hat auf dem Luzerner Weltfriedenskongreß Professor Fatio den merkwürdigen Vorschlag gemacht, den Gebrauch von Artillerie zu anderen Zwecken als zur Verteidigung von Festungen zu verbieten. Viel bekannter aber sind die wiederholten Pläne geworden, die darauf hinauslaufen, die Verwendung von Unterseebooten zu verbieten. Nachdem der gegenwärtige Krieg gezeigt hat, welch unerwartete Bedeutung dieses Kampfmittel (dessen Wert freilich einige vorausschauende Geister wie Admiral Galster rechtzeitig erkannt haben) für den Seekrieg hat, ist es von besonderem Interesse, einmal auf diese nunmehr sicherlich endgültig begrabenen Versuche hinzuweisen. In dem zweiten der Rundschreiben, durch die die russische Regierung am 11. Januar 1899 die näheren Programmpunkte der ersten Haager Friedens¬ konferenz bekannt machte, war als die vierte Aufgabe der Diplomatenkonferenz „das Verbot der unterseeischen Torpedoboote und der anderen Zerstörungs¬ maschinen sowie der Rammschiffe" bezeichnet. Mit dieser Frage befaßte sich die Marineunterkommission der ersten Kommission am 31. Mai unter dem Vorsitze des holländischen Bevollmächtigten Ihr. van Karnebeek. eines hervor¬ ragenden Staatmannes, der heute noch in hohem Alter im Haag lebt und Vorsitzender der Carnegieftiedenspalaststiftung ist. Ihr. van Karnebeek betonte bei Beginn der Beratung, eine Einigung über diese Frage könne wohl nur dann erzielt werden, wenn ein entsprechendes Verbot einstimmig gefaßt würde; wenn nur eine einzige Nation diese Kriegsmaschinen benutze, dann müßten alle anderen dasselbe tun. In der Diskusston brachten die Vertreter der einzelnen Staaten, da sie zum Teil noch keine offizielle Instruktionen empfangen hatten, zunächst nur ihre persönliche Meinung zur Sprache. Doch stimmte diese im wesentlichen mit der späteren endgültigen Abstimmung überein, und es darf wohl angenommen werden, daß alle in der Hauptsache über die zu erwartende Instruktion informiert waren. Es ist nun von großem Interesse, darauf hinzuweisen, daß vor allem solche neutrale Staaten, die jetzt unter dem Unter¬ seebootkrieg ganz besonders zu leiden haben, nämlich Holland, Schweden und Norwegen gegen ein Verbot dieser Waffe waren, da sie betonten, es handle

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/164
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/164>, abgerufen am 19.05.2024.