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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

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nglcm Scelenkultur

in Holland aus Deutschland. Daß man aber mit der deutschen Produktion
im Auslande auch in dieser Beziehung zufrieden ist, dafür mehren sich die
Stimmen von Zeit zu Zeit. So schreibt beispielweise Politiker im März 1915
über die Einführung von deutschem Koth in Dänemark unter anderem: "Der
deutsche Koth hat fast ebenso hohen Brennwert wie die englischen Steinkohlen
und kostet nicht mehr als englischer Koth."

Diese Ausführungen genügen wohl für ein allgemeines Bild der Preis¬
bewegung von Kohle und Eisen in den europäischen Staaten. Jedenfalls ist
ersichtlich, daß Deutschland -- mit seiner stetigen wachsenden Roheisen-- und
Stahlerzeugung und in der Preisbewegung für diese Produkte -- nicht schlechter
gestellt ist als seine Feinde und speziell England, welches mit seiner Raubpolitik
selbst und seine eigenen Bundesgenossen getroffen hat.



Englands Heelenkultur
O>'. Hermann Seeliger von

Warren Hastings: Kenn ich doch Altenglands Weise.
DaS Volk ist tüchtig, voll der kräftigen
Gesunden Selbstsucht, die zur Größe führt.
Es schwärmt nicht, noch empfindet's; kühl und scharf
Erkennt es seinen Vorteil und greift u,
Wie's immer geht, wo immer es ihn findet;
Nur eine Schwäche hat es: sich dabei
Bald in den Mantel christlicher Gesinnung,
Bald heil'gen Zornes gegen Unterdrücker,
Und bald erlittenen Unrechts einzuhüllen;
Es tritt, wie's eben Paßt, bald als Befreier,
Als Missionär jetzt auf, und kurz und gut,
Es macht in Humbug und es liebt die Phrase.
Fr. Halm, Begum Somru, Akt II Szene 3

oukunst und Philosophie -- als die weitragendsten Äste am
Baum der neuen Kultur, an denen der Genius unseres Volkes
mehr als der irgendeines anderen üppige und reife Früchte
gebracht hat, hat sie der leider zu früh dahingegangene Karl
Lamprecht bezeichnet und damit zugleich ein Werturteil abgegeben
über das Höchste, was ein Volk sein ureigenstes Eigengut nennt: Tonkunst
und Philosophie sind zweifelsohne die untrüglichsten Gradmesser für die Höhe
der seelischen Kultur eines Volkes, insofern sich in jener nicht nur die Kraft seiner
Phantasie als vielmehr die Tiefe seines Gefühls- und Gemütslebens spiegelt,


nglcm Scelenkultur

in Holland aus Deutschland. Daß man aber mit der deutschen Produktion
im Auslande auch in dieser Beziehung zufrieden ist, dafür mehren sich die
Stimmen von Zeit zu Zeit. So schreibt beispielweise Politiker im März 1915
über die Einführung von deutschem Koth in Dänemark unter anderem: „Der
deutsche Koth hat fast ebenso hohen Brennwert wie die englischen Steinkohlen
und kostet nicht mehr als englischer Koth."

Diese Ausführungen genügen wohl für ein allgemeines Bild der Preis¬
bewegung von Kohle und Eisen in den europäischen Staaten. Jedenfalls ist
ersichtlich, daß Deutschland — mit seiner stetigen wachsenden Roheisen-- und
Stahlerzeugung und in der Preisbewegung für diese Produkte — nicht schlechter
gestellt ist als seine Feinde und speziell England, welches mit seiner Raubpolitik
selbst und seine eigenen Bundesgenossen getroffen hat.



Englands Heelenkultur
O>'. Hermann Seeliger von

Warren Hastings: Kenn ich doch Altenglands Weise.
DaS Volk ist tüchtig, voll der kräftigen
Gesunden Selbstsucht, die zur Größe führt.
Es schwärmt nicht, noch empfindet's; kühl und scharf
Erkennt es seinen Vorteil und greift u,
Wie's immer geht, wo immer es ihn findet;
Nur eine Schwäche hat es: sich dabei
Bald in den Mantel christlicher Gesinnung,
Bald heil'gen Zornes gegen Unterdrücker,
Und bald erlittenen Unrechts einzuhüllen;
Es tritt, wie's eben Paßt, bald als Befreier,
Als Missionär jetzt auf, und kurz und gut,
Es macht in Humbug und es liebt die Phrase.
Fr. Halm, Begum Somru, Akt II Szene 3

oukunst und Philosophie — als die weitragendsten Äste am
Baum der neuen Kultur, an denen der Genius unseres Volkes
mehr als der irgendeines anderen üppige und reife Früchte
gebracht hat, hat sie der leider zu früh dahingegangene Karl
Lamprecht bezeichnet und damit zugleich ein Werturteil abgegeben
über das Höchste, was ein Volk sein ureigenstes Eigengut nennt: Tonkunst
und Philosophie sind zweifelsohne die untrüglichsten Gradmesser für die Höhe
der seelischen Kultur eines Volkes, insofern sich in jener nicht nur die Kraft seiner
Phantasie als vielmehr die Tiefe seines Gefühls- und Gemütslebens spiegelt,


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[0391] nglcm Scelenkultur in Holland aus Deutschland. Daß man aber mit der deutschen Produktion im Auslande auch in dieser Beziehung zufrieden ist, dafür mehren sich die Stimmen von Zeit zu Zeit. So schreibt beispielweise Politiker im März 1915 über die Einführung von deutschem Koth in Dänemark unter anderem: „Der deutsche Koth hat fast ebenso hohen Brennwert wie die englischen Steinkohlen und kostet nicht mehr als englischer Koth." Diese Ausführungen genügen wohl für ein allgemeines Bild der Preis¬ bewegung von Kohle und Eisen in den europäischen Staaten. Jedenfalls ist ersichtlich, daß Deutschland — mit seiner stetigen wachsenden Roheisen-- und Stahlerzeugung und in der Preisbewegung für diese Produkte — nicht schlechter gestellt ist als seine Feinde und speziell England, welches mit seiner Raubpolitik selbst und seine eigenen Bundesgenossen getroffen hat. [Abbildung] Englands Heelenkultur O>'. Hermann Seeliger von Warren Hastings: Kenn ich doch Altenglands Weise. DaS Volk ist tüchtig, voll der kräftigen Gesunden Selbstsucht, die zur Größe führt. Es schwärmt nicht, noch empfindet's; kühl und scharf Erkennt es seinen Vorteil und greift u, Wie's immer geht, wo immer es ihn findet; Nur eine Schwäche hat es: sich dabei Bald in den Mantel christlicher Gesinnung, Bald heil'gen Zornes gegen Unterdrücker, Und bald erlittenen Unrechts einzuhüllen; Es tritt, wie's eben Paßt, bald als Befreier, Als Missionär jetzt auf, und kurz und gut, Es macht in Humbug und es liebt die Phrase. Fr. Halm, Begum Somru, Akt II Szene 3 oukunst und Philosophie — als die weitragendsten Äste am Baum der neuen Kultur, an denen der Genius unseres Volkes mehr als der irgendeines anderen üppige und reife Früchte gebracht hat, hat sie der leider zu früh dahingegangene Karl Lamprecht bezeichnet und damit zugleich ein Werturteil abgegeben über das Höchste, was ein Volk sein ureigenstes Eigengut nennt: Tonkunst und Philosophie sind zweifelsohne die untrüglichsten Gradmesser für die Höhe der seelischen Kultur eines Volkes, insofern sich in jener nicht nur die Kraft seiner Phantasie als vielmehr die Tiefe seines Gefühls- und Gemütslebens spiegelt,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/391>, abgerufen am 26.05.2024.