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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

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Tropenwntschaft

Gewiß hat die Politik der letzten Jahre in Warschau manche Zukunftsmöglichkeit
in Frage gestellt, gewiß geschehen auch gegenwärtig in Berlin und Warschau
Dinge, die unsere spätere Stellung nur erschweren können. Welche Rolle der
polnische Staatsrat spielen wird, zu dem sich in großer Zahl Männer der soge¬
nannten russischen Orientierung gedrängt haben, ist noch gar nicht zu übersehen.

Aber an den Grundlagen ist noch nichts so verdorben, daß es nicht korri¬
giert werden könnte. Daß unsre auf Kompromiß und Verzicht gedrillten Diplomaten
von sich aus eine tatkräftige Politik des völkisch gefaßten deutschen Interesses
einleiten würden, das darf man selbstverständlich nicht erwarten. Darum bleibt
auch nichts anderes übrig, als immer wieder auf die gewaltigen militärischen
Interessen, die auf dem Spiele stehen, hinzuweisen und in die Nation, die so Un¬
erhörtes leistete, das Selbstvertrauen hineinzuhämmern, daß sie auch in der
Polenfrage alles vollbringen kann, was ihrem Nutzen dienlich ist.
Hat die Armee das gewaltige Rußland in Stücke zerlegt, so kann es keine Unmög¬
lichkeit für das deutsche Volk sein, der polnischen Festung die nationale Angriffs-
kraft zu entwinden! Eine unglückliche Lösung der Polenfrage bedeutet nicht nur ein
Nachgeben gegen die Polen, sondern, trotz aller herrlicher Siege, eine Nieder¬
lage des Deutschtums durch die Slawen. Wohl nirgends mehr wie hier im
Angesicht des Ostmarkenproblems gilt für uns Deutsche, für die Urenkel Friedrichs
des Großen und die Söhne der Reichsgründer das Dichterwort:

Was du ererbt von deinen Vätern hast,

Erwirb es, um es zu besitzen!




Tropenwirtschaft
Professor Dr. Rarl Sapper von

"! n jetziger Zeit, wo so viel von der künftigen Ausgestaltung unseres
Kolonialbesitzes die Rede ist, mag es von Interesse sein, sich ein
wenig mit den geographischen Grundlagen und gewissen Besonder¬
heiten tropischer Wirtschaftsverhältnisse zu befassen, da die Kenntnis
derselben zu einem klaren Urteil über die Zukunftsmöglichkeiten
^tropischer Landgebiete notwendig ist. So möge mir denn als ehe-
maugem Pflanzer eine knappe Einführung in diese Probleme gestattet sein.

In erster Linie wird der besonderen Wärmegliederung der Tropen zu ge¬
denken sein.

Soweit die Tropenländer bedeutende Gebirgserhebungen besitzen, zeigen sie
eine viel größere Mannigfaltigkeit der wirtschaftlichen Ausgestaltung, als Länder
der gemäßigten Zone von ähnlichem Erhebungsspielraum. Während hier unter¬
halb'der an sich unproduktiven Fels- und Schneeregion ein alpiner Höhengürtel
sich ausdehnt, der Ackerbau ausschließt, aber Viehzucht und zum Teil Waldwirtschaft
zuläßt, ist die ganze abwärts folgende Region bis zum Meeresspiegel hinab für
den Anbau unserer Getreide-, Obst- und Gemüsearten geeignet. Diesen zwei
Produktiven Regionen der gemäßigten Zonen stehen aber vier tropische gegenüber:


Grenzboten II 1918 , 12
Tropenwntschaft

Gewiß hat die Politik der letzten Jahre in Warschau manche Zukunftsmöglichkeit
in Frage gestellt, gewiß geschehen auch gegenwärtig in Berlin und Warschau
Dinge, die unsere spätere Stellung nur erschweren können. Welche Rolle der
polnische Staatsrat spielen wird, zu dem sich in großer Zahl Männer der soge¬
nannten russischen Orientierung gedrängt haben, ist noch gar nicht zu übersehen.

Aber an den Grundlagen ist noch nichts so verdorben, daß es nicht korri¬
giert werden könnte. Daß unsre auf Kompromiß und Verzicht gedrillten Diplomaten
von sich aus eine tatkräftige Politik des völkisch gefaßten deutschen Interesses
einleiten würden, das darf man selbstverständlich nicht erwarten. Darum bleibt
auch nichts anderes übrig, als immer wieder auf die gewaltigen militärischen
Interessen, die auf dem Spiele stehen, hinzuweisen und in die Nation, die so Un¬
erhörtes leistete, das Selbstvertrauen hineinzuhämmern, daß sie auch in der
Polenfrage alles vollbringen kann, was ihrem Nutzen dienlich ist.
Hat die Armee das gewaltige Rußland in Stücke zerlegt, so kann es keine Unmög¬
lichkeit für das deutsche Volk sein, der polnischen Festung die nationale Angriffs-
kraft zu entwinden! Eine unglückliche Lösung der Polenfrage bedeutet nicht nur ein
Nachgeben gegen die Polen, sondern, trotz aller herrlicher Siege, eine Nieder¬
lage des Deutschtums durch die Slawen. Wohl nirgends mehr wie hier im
Angesicht des Ostmarkenproblems gilt für uns Deutsche, für die Urenkel Friedrichs
des Großen und die Söhne der Reichsgründer das Dichterwort:

Was du ererbt von deinen Vätern hast,

Erwirb es, um es zu besitzen!




Tropenwirtschaft
Professor Dr. Rarl Sapper von

«! n jetziger Zeit, wo so viel von der künftigen Ausgestaltung unseres
Kolonialbesitzes die Rede ist, mag es von Interesse sein, sich ein
wenig mit den geographischen Grundlagen und gewissen Besonder¬
heiten tropischer Wirtschaftsverhältnisse zu befassen, da die Kenntnis
derselben zu einem klaren Urteil über die Zukunftsmöglichkeiten
^tropischer Landgebiete notwendig ist. So möge mir denn als ehe-
maugem Pflanzer eine knappe Einführung in diese Probleme gestattet sein.

In erster Linie wird der besonderen Wärmegliederung der Tropen zu ge¬
denken sein.

Soweit die Tropenländer bedeutende Gebirgserhebungen besitzen, zeigen sie
eine viel größere Mannigfaltigkeit der wirtschaftlichen Ausgestaltung, als Länder
der gemäßigten Zone von ähnlichem Erhebungsspielraum. Während hier unter¬
halb'der an sich unproduktiven Fels- und Schneeregion ein alpiner Höhengürtel
sich ausdehnt, der Ackerbau ausschließt, aber Viehzucht und zum Teil Waldwirtschaft
zuläßt, ist die ganze abwärts folgende Region bis zum Meeresspiegel hinab für
den Anbau unserer Getreide-, Obst- und Gemüsearten geeignet. Diesen zwei
Produktiven Regionen der gemäßigten Zonen stehen aber vier tropische gegenüber:


Grenzboten II 1918 , 12
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[0165] Tropenwntschaft Gewiß hat die Politik der letzten Jahre in Warschau manche Zukunftsmöglichkeit in Frage gestellt, gewiß geschehen auch gegenwärtig in Berlin und Warschau Dinge, die unsere spätere Stellung nur erschweren können. Welche Rolle der polnische Staatsrat spielen wird, zu dem sich in großer Zahl Männer der soge¬ nannten russischen Orientierung gedrängt haben, ist noch gar nicht zu übersehen. Aber an den Grundlagen ist noch nichts so verdorben, daß es nicht korri¬ giert werden könnte. Daß unsre auf Kompromiß und Verzicht gedrillten Diplomaten von sich aus eine tatkräftige Politik des völkisch gefaßten deutschen Interesses einleiten würden, das darf man selbstverständlich nicht erwarten. Darum bleibt auch nichts anderes übrig, als immer wieder auf die gewaltigen militärischen Interessen, die auf dem Spiele stehen, hinzuweisen und in die Nation, die so Un¬ erhörtes leistete, das Selbstvertrauen hineinzuhämmern, daß sie auch in der Polenfrage alles vollbringen kann, was ihrem Nutzen dienlich ist. Hat die Armee das gewaltige Rußland in Stücke zerlegt, so kann es keine Unmög¬ lichkeit für das deutsche Volk sein, der polnischen Festung die nationale Angriffs- kraft zu entwinden! Eine unglückliche Lösung der Polenfrage bedeutet nicht nur ein Nachgeben gegen die Polen, sondern, trotz aller herrlicher Siege, eine Nieder¬ lage des Deutschtums durch die Slawen. Wohl nirgends mehr wie hier im Angesicht des Ostmarkenproblems gilt für uns Deutsche, für die Urenkel Friedrichs des Großen und die Söhne der Reichsgründer das Dichterwort: Was du ererbt von deinen Vätern hast, Erwirb es, um es zu besitzen! Tropenwirtschaft Professor Dr. Rarl Sapper von «! n jetziger Zeit, wo so viel von der künftigen Ausgestaltung unseres Kolonialbesitzes die Rede ist, mag es von Interesse sein, sich ein wenig mit den geographischen Grundlagen und gewissen Besonder¬ heiten tropischer Wirtschaftsverhältnisse zu befassen, da die Kenntnis derselben zu einem klaren Urteil über die Zukunftsmöglichkeiten ^tropischer Landgebiete notwendig ist. So möge mir denn als ehe- maugem Pflanzer eine knappe Einführung in diese Probleme gestattet sein. In erster Linie wird der besonderen Wärmegliederung der Tropen zu ge¬ denken sein. Soweit die Tropenländer bedeutende Gebirgserhebungen besitzen, zeigen sie eine viel größere Mannigfaltigkeit der wirtschaftlichen Ausgestaltung, als Länder der gemäßigten Zone von ähnlichem Erhebungsspielraum. Während hier unter¬ halb'der an sich unproduktiven Fels- und Schneeregion ein alpiner Höhengürtel sich ausdehnt, der Ackerbau ausschließt, aber Viehzucht und zum Teil Waldwirtschaft zuläßt, ist die ganze abwärts folgende Region bis zum Meeresspiegel hinab für den Anbau unserer Getreide-, Obst- und Gemüsearten geeignet. Diesen zwei Produktiven Regionen der gemäßigten Zonen stehen aber vier tropische gegenüber: Grenzboten II 1918 , 12

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/165>, abgerufen am 05.05.2024.