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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

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Tropenwirtschaft

unterhalb der anbaulosen, alpinen Region (die in Südamerika als Paramo oder
Puna bezeichnet wird) breitet sich die kühle Tropenregion aus ("l^ierra irn" der
Spanisch-Amerikaner), in der schon regelmäßig Frost auftritt und die gleichen
Kulturgewächse wie bei uns angebaut werden können (diese Region liegt zwischen
3500 bis 3200 Meter einerseits und 2000 bis 1800Med.'r andererseits); danach
folgt das mätzig-warme Tropenland (1"ierlA temvlacla, etwa zwischen 2000 bis
1800 Meter und 800 bis 600 Meter), eine Region, in der Frost schon fehlt, aber
die Temperaturen noch nicht sehr hoch sind, so daß gewisse Tropengewächse das
Optimum ihres Gedeihens finden, die zwar den Frost scheuen müssen, aber auch
langdauernder Hitze abhold sind, wie Kaffee-, Tee-/ Chininbäume und -Sträucher.
Unterhalb 800 bis 600 Meter folgen dann die heißen Tropen (Sierra oaliente)
mit Nutzgewächsen, die ständig höhe Wärme verlangen, wie Kakao, Kokos- und
^lpalmen. die meisten Kautschukpflanzen u. a. Einzelne Kulturpflanzen reichen
über zwei oder selbst drei Anbauregionen hinaus' (z. B. Mais, Bohnen), unsere
Haustiere aber sind in allen vier Höhenregionen zu finden. Nicht wenige der
eurythermen Nutzpflanzen finden aber doch in einer bestimmten Region besonders
günstige Lebensbedingungen, so daß selbst von ihrem "Standpunkte aus die Wich¬
tigkeit von Höhenschichtenkarten tropischer Gebiete für den praktischen Landwirt
zur Beurteilung der landwirtschaftlichen Möglichkeiten in die Augen springt.

Für die bergbauliche Tätigkeit ist die Wärmegliederung höchstens insofern
von einiger Bedeutung, als mit wachsender Erhebung (wegen der dann niedrigeren
Temperatur an der Schachtmündung) die Lager bis in größere Tiefe hinab ab"
gebaut werden können. Für jede wirtschaftliche Tätigkeit (also auch Industrie) ist
es aber von Bedeutung, sich zu vergegenwärtigen, daß die Arbeitsfähigkeit des
Menschen in niedrigen Höhenlagen wegen der Hitze, in sehr hohen aber wegen
des niedrigen Luftdruckes herabgesetzt ist.

Da die eingeborene Bevölkerung der Tropen die Arbeiter für die wirtschaft¬
lichen Unternehmungen liefern muß, so muß auch sie in den Bereich der Be¬
trachtung gezogen werden. Sie ist vielfach recht stenotherm: d. h. sie fühlt sich
außerhalb der von Jugend auf gewohnten Wärmeverhältnisse nicht recht Wohl und
leidet bei Verpflanzung in gegensätzliche Regionen gesundheitlich oft sehr stark, z. B.
Hochlandbewohner im Tiefland (Malaria u. ä,), Tieflandbewohner im Hochland
(Erkältungskrankheiten), während das mäßig warme Land beiden noch zusagt.
Europäer sind im allgemeinen im heißen Tiefland nicht generationenweise an¬
siedelbar, sondern müssen von Zeit zu Zeit Erhohlung in kühleren Ländern suchen;
im mätzig warmen Tropevlcmd leidet ihre körperliche und geistige Spannkraft
weniger, so daß man schon eine bedingte Eignung für dauernden Aufenthalt zu¬
geben darf, wenngleich körperliche Arbeit im Freien nur in besonders günstigen
Fällen auf die Dauer möglich ist*); in den kühlen Hochländern aber kann sich
selbst der Nordeuropäer wohl fühlen, nötigenfalls auch persönlich Landarbeit ver¬
richten, bis mit wachsender. Höhe in Folge zunehmender Unwirklichkeit der Um¬
gebung die Bewohnbarkeit für Menschen überhaupt aufhört.

Neben den Wärmeverhältnissen sind auch die Feuchtigkeitsunterschiede von
einschneidender Bedeutung. In allen Höhenstufen heben sich hauptsächlich drei
Typen heraus: ständig feuchte, periodisch befeuchtete und sehr selten befeuchtete
Gebiete, pflanzengeographisch als regenfeuchte Waldgebiete, als offene Landschaften
(Trockenwälder, Savannen, Gras- und Strauchsteppen) und als Wüsten in den
unteren drei Regionen gekennzeichnet. So entsteht eine weitere Gliederung der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeiten bestimmter Landstriche, und da Völker, Tier-
und Pflanzenarten häufig wieder recht verschiedene Feuchtigkeitsbedürfnisse haben,
so ist bei vielen eine Verpflanzung in einen anderen Feuchtigkeitstypus schwierig,
bei manchen selbst unmöglich. Manche Nutzpflanzen und -tiere zeigen freilich wieder



*) Vergleiche die sehr lehrreiche Schrift von E. Wagemann "Die deutschen Kolonisten
im brasilianischen Staate Espirito Santo" (Schriften oeS Vereins für Sozialpolitik, 147. Bd.,
S. Teil, München u. Leipzig 191K).
Tropenwirtschaft

unterhalb der anbaulosen, alpinen Region (die in Südamerika als Paramo oder
Puna bezeichnet wird) breitet sich die kühle Tropenregion aus („l^ierra irn" der
Spanisch-Amerikaner), in der schon regelmäßig Frost auftritt und die gleichen
Kulturgewächse wie bei uns angebaut werden können (diese Region liegt zwischen
3500 bis 3200 Meter einerseits und 2000 bis 1800Med.'r andererseits); danach
folgt das mätzig-warme Tropenland (1"ierlA temvlacla, etwa zwischen 2000 bis
1800 Meter und 800 bis 600 Meter), eine Region, in der Frost schon fehlt, aber
die Temperaturen noch nicht sehr hoch sind, so daß gewisse Tropengewächse das
Optimum ihres Gedeihens finden, die zwar den Frost scheuen müssen, aber auch
langdauernder Hitze abhold sind, wie Kaffee-, Tee-/ Chininbäume und -Sträucher.
Unterhalb 800 bis 600 Meter folgen dann die heißen Tropen (Sierra oaliente)
mit Nutzgewächsen, die ständig höhe Wärme verlangen, wie Kakao, Kokos- und
^lpalmen. die meisten Kautschukpflanzen u. a. Einzelne Kulturpflanzen reichen
über zwei oder selbst drei Anbauregionen hinaus' (z. B. Mais, Bohnen), unsere
Haustiere aber sind in allen vier Höhenregionen zu finden. Nicht wenige der
eurythermen Nutzpflanzen finden aber doch in einer bestimmten Region besonders
günstige Lebensbedingungen, so daß selbst von ihrem «Standpunkte aus die Wich¬
tigkeit von Höhenschichtenkarten tropischer Gebiete für den praktischen Landwirt
zur Beurteilung der landwirtschaftlichen Möglichkeiten in die Augen springt.

Für die bergbauliche Tätigkeit ist die Wärmegliederung höchstens insofern
von einiger Bedeutung, als mit wachsender Erhebung (wegen der dann niedrigeren
Temperatur an der Schachtmündung) die Lager bis in größere Tiefe hinab ab»
gebaut werden können. Für jede wirtschaftliche Tätigkeit (also auch Industrie) ist
es aber von Bedeutung, sich zu vergegenwärtigen, daß die Arbeitsfähigkeit des
Menschen in niedrigen Höhenlagen wegen der Hitze, in sehr hohen aber wegen
des niedrigen Luftdruckes herabgesetzt ist.

Da die eingeborene Bevölkerung der Tropen die Arbeiter für die wirtschaft¬
lichen Unternehmungen liefern muß, so muß auch sie in den Bereich der Be¬
trachtung gezogen werden. Sie ist vielfach recht stenotherm: d. h. sie fühlt sich
außerhalb der von Jugend auf gewohnten Wärmeverhältnisse nicht recht Wohl und
leidet bei Verpflanzung in gegensätzliche Regionen gesundheitlich oft sehr stark, z. B.
Hochlandbewohner im Tiefland (Malaria u. ä,), Tieflandbewohner im Hochland
(Erkältungskrankheiten), während das mäßig warme Land beiden noch zusagt.
Europäer sind im allgemeinen im heißen Tiefland nicht generationenweise an¬
siedelbar, sondern müssen von Zeit zu Zeit Erhohlung in kühleren Ländern suchen;
im mätzig warmen Tropevlcmd leidet ihre körperliche und geistige Spannkraft
weniger, so daß man schon eine bedingte Eignung für dauernden Aufenthalt zu¬
geben darf, wenngleich körperliche Arbeit im Freien nur in besonders günstigen
Fällen auf die Dauer möglich ist*); in den kühlen Hochländern aber kann sich
selbst der Nordeuropäer wohl fühlen, nötigenfalls auch persönlich Landarbeit ver¬
richten, bis mit wachsender. Höhe in Folge zunehmender Unwirklichkeit der Um¬
gebung die Bewohnbarkeit für Menschen überhaupt aufhört.

Neben den Wärmeverhältnissen sind auch die Feuchtigkeitsunterschiede von
einschneidender Bedeutung. In allen Höhenstufen heben sich hauptsächlich drei
Typen heraus: ständig feuchte, periodisch befeuchtete und sehr selten befeuchtete
Gebiete, pflanzengeographisch als regenfeuchte Waldgebiete, als offene Landschaften
(Trockenwälder, Savannen, Gras- und Strauchsteppen) und als Wüsten in den
unteren drei Regionen gekennzeichnet. So entsteht eine weitere Gliederung der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeiten bestimmter Landstriche, und da Völker, Tier-
und Pflanzenarten häufig wieder recht verschiedene Feuchtigkeitsbedürfnisse haben,
so ist bei vielen eine Verpflanzung in einen anderen Feuchtigkeitstypus schwierig,
bei manchen selbst unmöglich. Manche Nutzpflanzen und -tiere zeigen freilich wieder



*) Vergleiche die sehr lehrreiche Schrift von E. Wagemann „Die deutschen Kolonisten
im brasilianischen Staate Espirito Santo" (Schriften oeS Vereins für Sozialpolitik, 147. Bd.,
S. Teil, München u. Leipzig 191K).
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[0166] Tropenwirtschaft unterhalb der anbaulosen, alpinen Region (die in Südamerika als Paramo oder Puna bezeichnet wird) breitet sich die kühle Tropenregion aus („l^ierra irn" der Spanisch-Amerikaner), in der schon regelmäßig Frost auftritt und die gleichen Kulturgewächse wie bei uns angebaut werden können (diese Region liegt zwischen 3500 bis 3200 Meter einerseits und 2000 bis 1800Med.'r andererseits); danach folgt das mätzig-warme Tropenland (1"ierlA temvlacla, etwa zwischen 2000 bis 1800 Meter und 800 bis 600 Meter), eine Region, in der Frost schon fehlt, aber die Temperaturen noch nicht sehr hoch sind, so daß gewisse Tropengewächse das Optimum ihres Gedeihens finden, die zwar den Frost scheuen müssen, aber auch langdauernder Hitze abhold sind, wie Kaffee-, Tee-/ Chininbäume und -Sträucher. Unterhalb 800 bis 600 Meter folgen dann die heißen Tropen (Sierra oaliente) mit Nutzgewächsen, die ständig höhe Wärme verlangen, wie Kakao, Kokos- und ^lpalmen. die meisten Kautschukpflanzen u. a. Einzelne Kulturpflanzen reichen über zwei oder selbst drei Anbauregionen hinaus' (z. B. Mais, Bohnen), unsere Haustiere aber sind in allen vier Höhenregionen zu finden. Nicht wenige der eurythermen Nutzpflanzen finden aber doch in einer bestimmten Region besonders günstige Lebensbedingungen, so daß selbst von ihrem «Standpunkte aus die Wich¬ tigkeit von Höhenschichtenkarten tropischer Gebiete für den praktischen Landwirt zur Beurteilung der landwirtschaftlichen Möglichkeiten in die Augen springt. Für die bergbauliche Tätigkeit ist die Wärmegliederung höchstens insofern von einiger Bedeutung, als mit wachsender Erhebung (wegen der dann niedrigeren Temperatur an der Schachtmündung) die Lager bis in größere Tiefe hinab ab» gebaut werden können. Für jede wirtschaftliche Tätigkeit (also auch Industrie) ist es aber von Bedeutung, sich zu vergegenwärtigen, daß die Arbeitsfähigkeit des Menschen in niedrigen Höhenlagen wegen der Hitze, in sehr hohen aber wegen des niedrigen Luftdruckes herabgesetzt ist. Da die eingeborene Bevölkerung der Tropen die Arbeiter für die wirtschaft¬ lichen Unternehmungen liefern muß, so muß auch sie in den Bereich der Be¬ trachtung gezogen werden. Sie ist vielfach recht stenotherm: d. h. sie fühlt sich außerhalb der von Jugend auf gewohnten Wärmeverhältnisse nicht recht Wohl und leidet bei Verpflanzung in gegensätzliche Regionen gesundheitlich oft sehr stark, z. B. Hochlandbewohner im Tiefland (Malaria u. ä,), Tieflandbewohner im Hochland (Erkältungskrankheiten), während das mäßig warme Land beiden noch zusagt. Europäer sind im allgemeinen im heißen Tiefland nicht generationenweise an¬ siedelbar, sondern müssen von Zeit zu Zeit Erhohlung in kühleren Ländern suchen; im mätzig warmen Tropevlcmd leidet ihre körperliche und geistige Spannkraft weniger, so daß man schon eine bedingte Eignung für dauernden Aufenthalt zu¬ geben darf, wenngleich körperliche Arbeit im Freien nur in besonders günstigen Fällen auf die Dauer möglich ist*); in den kühlen Hochländern aber kann sich selbst der Nordeuropäer wohl fühlen, nötigenfalls auch persönlich Landarbeit ver¬ richten, bis mit wachsender. Höhe in Folge zunehmender Unwirklichkeit der Um¬ gebung die Bewohnbarkeit für Menschen überhaupt aufhört. Neben den Wärmeverhältnissen sind auch die Feuchtigkeitsunterschiede von einschneidender Bedeutung. In allen Höhenstufen heben sich hauptsächlich drei Typen heraus: ständig feuchte, periodisch befeuchtete und sehr selten befeuchtete Gebiete, pflanzengeographisch als regenfeuchte Waldgebiete, als offene Landschaften (Trockenwälder, Savannen, Gras- und Strauchsteppen) und als Wüsten in den unteren drei Regionen gekennzeichnet. So entsteht eine weitere Gliederung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeiten bestimmter Landstriche, und da Völker, Tier- und Pflanzenarten häufig wieder recht verschiedene Feuchtigkeitsbedürfnisse haben, so ist bei vielen eine Verpflanzung in einen anderen Feuchtigkeitstypus schwierig, bei manchen selbst unmöglich. Manche Nutzpflanzen und -tiere zeigen freilich wieder *) Vergleiche die sehr lehrreiche Schrift von E. Wagemann „Die deutschen Kolonisten im brasilianischen Staate Espirito Santo" (Schriften oeS Vereins für Sozialpolitik, 147. Bd., S. Teil, München u. Leipzig 191K).

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/166>, abgerufen am 26.05.2024.