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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

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Zur römischen Frage

stellten Forderungen hielten. Der amerikanische Stahltrust z. B hat im ersten
Quartal des Jahres 1917 113,12 Millionen Dollar Einnahme erzielt, im zweiten
Quartal 90,58 Millionen Dollar und im dritten Quartal nur noch 68,24 Mil¬
lionen Dollar. Nur normale Preise zahlt Amerika an seine Kriegslieferanten
und was etwa doch noch über das normale Maß hinausgeht, wird durch
rigorose Kriegsgewinnsteuern wieder eingezogen.

Gelingt es bei uns nicht, die Gewinne der Kriegsindustrie einzudämmen,
so nutz versucht werden, auf Anderem Wege dem Reiche wieder zuzuführen, was
ihm an Lasten zu viel aufgebürdet, worden ist. Dazu ist es notwendig, die
Kriegsgewinnsteuer beträchtlich auszubauen. Es hieße den Patriotismus
unserer Industriellen anzweifeln, wenn man die Befürchtung hegen wollte, daß
sie an der Aufrechterhaltung und Steigerung ihrer Erzeugnisse nicht mehr mir so
großem Interesse und Eifer arbeiten würden, sobald man ihnen nicht mehr die
maßlosen Gewinne einräumen wird. Eine Kriegsgewinnoinkommensteuer müßte
nach dem Vorschlage von Jaffe*) so hoch sein, daß höchstens 20 Prozent der
reinen Kriegsgewinne den Privaten überlassen, alles übrige aber eingezogen wird.
Dazu hätte ferner die künftige Begrenzung aller Kriegsgewinne auf äußerst
10 Prozent Ausschlag auf die Produktionskosten zu treten. Es ist wirklich kein
Grund vorhanden, Gewerbe und Großindustrie günstiger zu behandeln, als
unsere Landwirtschaft, die sich Produktionszwang und auf den Produktionskosten
aufgebaute Höchstpreise gefallen lassen muß.

Wir brauchen statt unseres völlig verfehlten Kriegssteuergesetzes, das nicht
den Kriegsgewinn, sondern nur den VermögenszuwackS trifft, eine Kriegsgewinn,
einkommensteuer, die den Zuwachs verschont, der mit dem Krieg innerlich nichts
zu tun hat. Der Widerstand der Vundesstaaten, die in einer solchen Maßregel
den Anfang einer Reichseinkommenstener erblicken wollen, muß und wird über¬
wunden werden. Dann wird es den KrKgsgewinnlern nicht mehr möglich sein,
einen großen Teil ihres Vermögenszuwachses zu vergeuden oder ihn zu verstecken.
Mit Nachdruck muß fortan die Regierung den Nachgeordneten Stellen sparsame
und pflegliche Verwendung der Anleihsgelder zur unbedingten Pflicht machen,
denn dadurch werden neue Anleihen und Schulden überflüssig. Lernen wir vom
Feinde und erkennen wir seine starken Seiten.




Zur römischen Frage
v Professor v. Dr. Albert werminghoff on

n der betäubenden Unrast der sich drängenden Ereignisse hat ein
Brief des Papstes Benedikt des Fünfzehnten an den Kardinal-
erzbischof von Köln wenig Beachtung gefunden. Er dankt dem
Empfänger für seine Teilnahme an der Lage des Papstes, für seinen
Beifall zu den Schritten, die Benedikt der Fünfzehnte zur Abwendung
oder Beendigung des Krieges getan hat. Den Vriesschreiber tröstet
das Bewußtsein, recht gehandelt zu haben, "dann aber auch, und zwar nicht wenig,
die Zustimmung aller Gutgesinnten, die wahrheitsgemäß über die Dinge denken.



") In dem Aufsatz: "Die kommende Reichsfinanzreform" ("Europäische Staats- und
Wirtschaflszeitung" Ur. 62 -- 1917).
Zur römischen Frage

stellten Forderungen hielten. Der amerikanische Stahltrust z. B hat im ersten
Quartal des Jahres 1917 113,12 Millionen Dollar Einnahme erzielt, im zweiten
Quartal 90,58 Millionen Dollar und im dritten Quartal nur noch 68,24 Mil¬
lionen Dollar. Nur normale Preise zahlt Amerika an seine Kriegslieferanten
und was etwa doch noch über das normale Maß hinausgeht, wird durch
rigorose Kriegsgewinnsteuern wieder eingezogen.

Gelingt es bei uns nicht, die Gewinne der Kriegsindustrie einzudämmen,
so nutz versucht werden, auf Anderem Wege dem Reiche wieder zuzuführen, was
ihm an Lasten zu viel aufgebürdet, worden ist. Dazu ist es notwendig, die
Kriegsgewinnsteuer beträchtlich auszubauen. Es hieße den Patriotismus
unserer Industriellen anzweifeln, wenn man die Befürchtung hegen wollte, daß
sie an der Aufrechterhaltung und Steigerung ihrer Erzeugnisse nicht mehr mir so
großem Interesse und Eifer arbeiten würden, sobald man ihnen nicht mehr die
maßlosen Gewinne einräumen wird. Eine Kriegsgewinnoinkommensteuer müßte
nach dem Vorschlage von Jaffe*) so hoch sein, daß höchstens 20 Prozent der
reinen Kriegsgewinne den Privaten überlassen, alles übrige aber eingezogen wird.
Dazu hätte ferner die künftige Begrenzung aller Kriegsgewinne auf äußerst
10 Prozent Ausschlag auf die Produktionskosten zu treten. Es ist wirklich kein
Grund vorhanden, Gewerbe und Großindustrie günstiger zu behandeln, als
unsere Landwirtschaft, die sich Produktionszwang und auf den Produktionskosten
aufgebaute Höchstpreise gefallen lassen muß.

Wir brauchen statt unseres völlig verfehlten Kriegssteuergesetzes, das nicht
den Kriegsgewinn, sondern nur den VermögenszuwackS trifft, eine Kriegsgewinn,
einkommensteuer, die den Zuwachs verschont, der mit dem Krieg innerlich nichts
zu tun hat. Der Widerstand der Vundesstaaten, die in einer solchen Maßregel
den Anfang einer Reichseinkommenstener erblicken wollen, muß und wird über¬
wunden werden. Dann wird es den KrKgsgewinnlern nicht mehr möglich sein,
einen großen Teil ihres Vermögenszuwachses zu vergeuden oder ihn zu verstecken.
Mit Nachdruck muß fortan die Regierung den Nachgeordneten Stellen sparsame
und pflegliche Verwendung der Anleihsgelder zur unbedingten Pflicht machen,
denn dadurch werden neue Anleihen und Schulden überflüssig. Lernen wir vom
Feinde und erkennen wir seine starken Seiten.




Zur römischen Frage
v Professor v. Dr. Albert werminghoff on

n der betäubenden Unrast der sich drängenden Ereignisse hat ein
Brief des Papstes Benedikt des Fünfzehnten an den Kardinal-
erzbischof von Köln wenig Beachtung gefunden. Er dankt dem
Empfänger für seine Teilnahme an der Lage des Papstes, für seinen
Beifall zu den Schritten, die Benedikt der Fünfzehnte zur Abwendung
oder Beendigung des Krieges getan hat. Den Vriesschreiber tröstet
das Bewußtsein, recht gehandelt zu haben, „dann aber auch, und zwar nicht wenig,
die Zustimmung aller Gutgesinnten, die wahrheitsgemäß über die Dinge denken.



") In dem Aufsatz: „Die kommende Reichsfinanzreform" („Europäische Staats- und
Wirtschaflszeitung" Ur. 62 — 1917).
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/21>, abgerufen am 05.05.2024.