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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr.

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Die Kabinette in der eilten Regierung

Von gestern und vorgestern meistern zu wollen. Wir müssen und wir wollen vorwärts;
aber diesen Weg wollen wir gehen unter seiner Führung, in seinem Geiste, mit
der unbedingten Hingabe an das Ganze, das Vaterland. Von ihm kann unsere
Zeit lernen, was es heißt, die eigene Persönlichkeit unter Verzicht auf Genuß und
Glück ganz einzustellen in den Dienst der Gemeinschaft. Für jeden von uns sei
sein Wahlspruch eine Mahnung: patriao inservienäo consumsr.




Die Aabinette in der alten Regierung
von Admiral a. T>. von Müller,
ehemals <Lhef des kaiserlichen Marinekabinetts

Die nachfolgenden hochinteressanter Ausführungen, deren Ver¬
fasser einen entscheidenden Einfluß auf die Person des Kaisers und
damit auf die Geschicke des deutschen Volles ausgeübt hat, glauben
wir unsern Lesern nicht vorenthalten zu sollen, obgleich die Grenzboisn
den Standpunkt, von dem sie ausgehen, nicht völlig teilen. Wir
behalten uns daher vor, in der Folge auch andere Stimmen zu der
B, angeschnittenen Frage zu Worte kommen zu lassen. /

n den Erörterungen über das alte Regierungssystem spielen die
Kabinette eine große Rolle. Sie gelten als charakteristisch für das
abgetane System und werden von seinen Feinden mit ihm ver¬
urteilt. Freilich ohne daß die Urteilenden über das Wesen der
Sache genügend unterrichtet sind. Ich glaube deshalb etwas Nütz¬
liches zu tun, wenn ich aus den Geschäftskenntnisseu und Erfahrungen meiner
zwölfeinhalbjährigen Amtsführung als Chef des Marinekabinetts heraus etwas
zur Klärung der Frage niederschreibe.

Das Aktenmaterial über die Bildung des Militär- und Zivilkabinetts und
deren innere Organisation steht mir nicht zur Verfügung. Ich kenne die Tätigkeit
dieser Kabinette im wesentlichen auch nur durch den Verkehr mit den Chefs, mit
denen man ja sehr viel zusammenkam und manchmal auch zusammen zu arbeiten
hatte. Dabei habe ich die Ueberzeugung gewonnen, daß die drei Kabinette bei
allen durch ihr Arbeitsgebiet gegebenen Unterschiedlichkeiten doch nach denselben
Grundsätzen arbeiteten und daß deshalb das, was ich über das Marinekabinett
zu sagen habe, im Wesen der Sache auch für die beiden anderen Kabinette gilt.
Der entscheidende Grundsatz für die "Kabinettswirtschaft" war:

"Die Förderung des Dienstes unter Beobachtung strenger Gerechtigkeit,
unter möglichst sorgfältiger Respektierung der Ressortgebiete und unter Wahrung
der Autorität und des menschlichen Ansehens des Monarchen."

Diesen Grundsatz galt es durchzuführen auf allen Gebieten, die in den
Geschäftsbereich des Marinekabinetts gehörten und die hier einzeln besprochen
werden sollen.


Die Kabinette in der eilten Regierung

Von gestern und vorgestern meistern zu wollen. Wir müssen und wir wollen vorwärts;
aber diesen Weg wollen wir gehen unter seiner Führung, in seinem Geiste, mit
der unbedingten Hingabe an das Ganze, das Vaterland. Von ihm kann unsere
Zeit lernen, was es heißt, die eigene Persönlichkeit unter Verzicht auf Genuß und
Glück ganz einzustellen in den Dienst der Gemeinschaft. Für jeden von uns sei
sein Wahlspruch eine Mahnung: patriao inservienäo consumsr.




Die Aabinette in der alten Regierung
von Admiral a. T>. von Müller,
ehemals <Lhef des kaiserlichen Marinekabinetts

Die nachfolgenden hochinteressanter Ausführungen, deren Ver¬
fasser einen entscheidenden Einfluß auf die Person des Kaisers und
damit auf die Geschicke des deutschen Volles ausgeübt hat, glauben
wir unsern Lesern nicht vorenthalten zu sollen, obgleich die Grenzboisn
den Standpunkt, von dem sie ausgehen, nicht völlig teilen. Wir
behalten uns daher vor, in der Folge auch andere Stimmen zu der
B, angeschnittenen Frage zu Worte kommen zu lassen. /

n den Erörterungen über das alte Regierungssystem spielen die
Kabinette eine große Rolle. Sie gelten als charakteristisch für das
abgetane System und werden von seinen Feinden mit ihm ver¬
urteilt. Freilich ohne daß die Urteilenden über das Wesen der
Sache genügend unterrichtet sind. Ich glaube deshalb etwas Nütz¬
liches zu tun, wenn ich aus den Geschäftskenntnisseu und Erfahrungen meiner
zwölfeinhalbjährigen Amtsführung als Chef des Marinekabinetts heraus etwas
zur Klärung der Frage niederschreibe.

Das Aktenmaterial über die Bildung des Militär- und Zivilkabinetts und
deren innere Organisation steht mir nicht zur Verfügung. Ich kenne die Tätigkeit
dieser Kabinette im wesentlichen auch nur durch den Verkehr mit den Chefs, mit
denen man ja sehr viel zusammenkam und manchmal auch zusammen zu arbeiten
hatte. Dabei habe ich die Ueberzeugung gewonnen, daß die drei Kabinette bei
allen durch ihr Arbeitsgebiet gegebenen Unterschiedlichkeiten doch nach denselben
Grundsätzen arbeiteten und daß deshalb das, was ich über das Marinekabinett
zu sagen habe, im Wesen der Sache auch für die beiden anderen Kabinette gilt.
Der entscheidende Grundsatz für die „Kabinettswirtschaft" war:

„Die Förderung des Dienstes unter Beobachtung strenger Gerechtigkeit,
unter möglichst sorgfältiger Respektierung der Ressortgebiete und unter Wahrung
der Autorität und des menschlichen Ansehens des Monarchen."

Diesen Grundsatz galt es durchzuführen auf allen Gebieten, die in den
Geschäftsbereich des Marinekabinetts gehörten und die hier einzeln besprochen
werden sollen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_337236/15>, abgerufen am 05.05.2024.