Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Italien und Deutschland

er es dahin gebracht, daß das deutsche Volk, das der Entwicklung der Union seit
ihrer Begründung so teilnehmend und hilfsbereit gegenüberstand wie kein
anderes, dessen Angehörige stets mit an vorderster Stelle genannt werden
müssen, wenn es gilt, Amerikas Entwicklung zu erklären, zum Paria der Nationen
geworden ist und in drohender Gefahr schwebt, dauernd zum Sklavenvolk herab¬
zusinken. Dafür kann es sich in erster Linie bei Herrn Wilson bedanken.

In zweiter Linie allerdings bei sich selbst. In der Mitteilung an die provi¬
sorische Regierung von Rußland vom 9. Juni 1917 hat der Präsident feierlich
Einspruch erhoben, daß der Krieg enden dürfe "mit der Wiederherstellung des
Status quo aMs". Das sei das Streben der "kaiserlich deutschen Negierung und
derer, die sich von ihr gebrauchen lassen". Aber "die Macht, die die kaiserlich
deutsche Regierung im Reich, und die weitreichende Herrschaft, die sie außerhalb
des Reiches ausübte, sind es gewesen, die diesen grausigen Krieg herbeigeführt
haben!" Das geschah zu der Zeit, als Erzberger, der Vertrauensmann der Habs¬
burger, die Reichstagserklärung über einen Verständigungsfrieden vorbereitete!
Der Präsident der Vereinigten Staaten hatte amtlich verkündet, daß er das
Deutsche Reich nicht erhalten, sondern schwächen wollte! Die schönen Rede¬
wendungen über Gerechtigkeit und Selbstregierung im Völkerleben, mit denen
die Erklärung verbrämt war, konnten an ihrem Inhalt nichts ändern. Die
Agitation, die längst eingesetzt hatte, Stimmung und Gesinnung des deutschen
Volkes zu zermürben, hatte durch den Einsatz amerikanischer Mittel einen riesen¬
haften Aufschwung genommen. Unser Volk ist ihr in seiner schier unbegreifbaren
Politischen Urteilslosigkeit erlegen. Den Deutschen, der heute noch glaubt, daß
Wilson es je ehrlich mit Deutschland meinte, stellte vor kurzem nicht ohne guten
Grund ein amerikanischer Freund vor die Wahl, sich entweder als Schurke oder
als Tropf zu fühlen. Unter allen, die am Grabe unseres Volkes geschaufelt
haben, hat keiner fleißiger, geschickter und erfolgreicher gearbeitet als Thomas
Woodrow Wilson. Das ist das Urteil, das man jetzt fällen muH, und es wird das
der Geschichte bleiben.




Italien und Deutschland
Franz von Stockhammern, von Ministerialdirektor im Reichsfinanzministerium

it der in Deutschland, wie in Italien sympathisch beurteilten Be¬
glaubigung des Herrn von Verenberg-Goßler als Botschafter des
Deutschen Reichs in Rom sind die völkerrechtlichen Beziehungen
Deutschlands zu Italien in vollem Umfang wieder aufgenommen.
Hamburg, die Stadt weltumfassender Interessen und großer volks¬
wirtschaftlicher Traditionen hat in Herrn von Goßler dem Deutschen Reich den
"weiten Vertreter auf wichtigem Posten im Ausland gegeben. Das Freisein von
^der geistigen Beengtheit wirtschaftlicher oder politischer Natur, das den führenden
Männern unserer alten Hansastädte eigen ist, dürfte dem neuen Botschafter in
Italien zur Empfehlung gereichen.


Italien und Deutschland

er es dahin gebracht, daß das deutsche Volk, das der Entwicklung der Union seit
ihrer Begründung so teilnehmend und hilfsbereit gegenüberstand wie kein
anderes, dessen Angehörige stets mit an vorderster Stelle genannt werden
müssen, wenn es gilt, Amerikas Entwicklung zu erklären, zum Paria der Nationen
geworden ist und in drohender Gefahr schwebt, dauernd zum Sklavenvolk herab¬
zusinken. Dafür kann es sich in erster Linie bei Herrn Wilson bedanken.

In zweiter Linie allerdings bei sich selbst. In der Mitteilung an die provi¬
sorische Regierung von Rußland vom 9. Juni 1917 hat der Präsident feierlich
Einspruch erhoben, daß der Krieg enden dürfe „mit der Wiederherstellung des
Status quo aMs". Das sei das Streben der „kaiserlich deutschen Negierung und
derer, die sich von ihr gebrauchen lassen". Aber „die Macht, die die kaiserlich
deutsche Regierung im Reich, und die weitreichende Herrschaft, die sie außerhalb
des Reiches ausübte, sind es gewesen, die diesen grausigen Krieg herbeigeführt
haben!" Das geschah zu der Zeit, als Erzberger, der Vertrauensmann der Habs¬
burger, die Reichstagserklärung über einen Verständigungsfrieden vorbereitete!
Der Präsident der Vereinigten Staaten hatte amtlich verkündet, daß er das
Deutsche Reich nicht erhalten, sondern schwächen wollte! Die schönen Rede¬
wendungen über Gerechtigkeit und Selbstregierung im Völkerleben, mit denen
die Erklärung verbrämt war, konnten an ihrem Inhalt nichts ändern. Die
Agitation, die längst eingesetzt hatte, Stimmung und Gesinnung des deutschen
Volkes zu zermürben, hatte durch den Einsatz amerikanischer Mittel einen riesen¬
haften Aufschwung genommen. Unser Volk ist ihr in seiner schier unbegreifbaren
Politischen Urteilslosigkeit erlegen. Den Deutschen, der heute noch glaubt, daß
Wilson es je ehrlich mit Deutschland meinte, stellte vor kurzem nicht ohne guten
Grund ein amerikanischer Freund vor die Wahl, sich entweder als Schurke oder
als Tropf zu fühlen. Unter allen, die am Grabe unseres Volkes geschaufelt
haben, hat keiner fleißiger, geschickter und erfolgreicher gearbeitet als Thomas
Woodrow Wilson. Das ist das Urteil, das man jetzt fällen muH, und es wird das
der Geschichte bleiben.




Italien und Deutschland
Franz von Stockhammern, von Ministerialdirektor im Reichsfinanzministerium

it der in Deutschland, wie in Italien sympathisch beurteilten Be¬
glaubigung des Herrn von Verenberg-Goßler als Botschafter des
Deutschen Reichs in Rom sind die völkerrechtlichen Beziehungen
Deutschlands zu Italien in vollem Umfang wieder aufgenommen.
Hamburg, die Stadt weltumfassender Interessen und großer volks¬
wirtschaftlicher Traditionen hat in Herrn von Goßler dem Deutschen Reich den
»weiten Vertreter auf wichtigem Posten im Ausland gegeben. Das Freisein von
^der geistigen Beengtheit wirtschaftlicher oder politischer Natur, das den führenden
Männern unserer alten Hansastädte eigen ist, dürfte dem neuen Botschafter in
Italien zur Empfehlung gereichen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0069" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/338092"/>
          <fw type="header" place="top"> Italien und Deutschland</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_226" prev="#ID_225"> er es dahin gebracht, daß das deutsche Volk, das der Entwicklung der Union seit<lb/>
ihrer Begründung so teilnehmend und hilfsbereit gegenüberstand wie kein<lb/>
anderes, dessen Angehörige stets mit an vorderster Stelle genannt werden<lb/>
müssen, wenn es gilt, Amerikas Entwicklung zu erklären, zum Paria der Nationen<lb/>
geworden ist und in drohender Gefahr schwebt, dauernd zum Sklavenvolk herab¬<lb/>
zusinken. Dafür kann es sich in erster Linie bei Herrn Wilson bedanken.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_227"> In zweiter Linie allerdings bei sich selbst. In der Mitteilung an die provi¬<lb/>
sorische Regierung von Rußland vom 9. Juni 1917 hat der Präsident feierlich<lb/>
Einspruch erhoben, daß der Krieg enden dürfe &#x201E;mit der Wiederherstellung des<lb/>
Status quo aMs". Das sei das Streben der &#x201E;kaiserlich deutschen Negierung und<lb/>
derer, die sich von ihr gebrauchen lassen". Aber &#x201E;die Macht, die die kaiserlich<lb/>
deutsche Regierung im Reich, und die weitreichende Herrschaft, die sie außerhalb<lb/>
des Reiches ausübte, sind es gewesen, die diesen grausigen Krieg herbeigeführt<lb/>
haben!" Das geschah zu der Zeit, als Erzberger, der Vertrauensmann der Habs¬<lb/>
burger, die Reichstagserklärung über einen Verständigungsfrieden vorbereitete!<lb/>
Der Präsident der Vereinigten Staaten hatte amtlich verkündet, daß er das<lb/>
Deutsche Reich nicht erhalten, sondern schwächen wollte! Die schönen Rede¬<lb/>
wendungen über Gerechtigkeit und Selbstregierung im Völkerleben, mit denen<lb/>
die Erklärung verbrämt war, konnten an ihrem Inhalt nichts ändern. Die<lb/>
Agitation, die längst eingesetzt hatte, Stimmung und Gesinnung des deutschen<lb/>
Volkes zu zermürben, hatte durch den Einsatz amerikanischer Mittel einen riesen¬<lb/>
haften Aufschwung genommen. Unser Volk ist ihr in seiner schier unbegreifbaren<lb/>
Politischen Urteilslosigkeit erlegen. Den Deutschen, der heute noch glaubt, daß<lb/>
Wilson es je ehrlich mit Deutschland meinte, stellte vor kurzem nicht ohne guten<lb/>
Grund ein amerikanischer Freund vor die Wahl, sich entweder als Schurke oder<lb/>
als Tropf zu fühlen. Unter allen, die am Grabe unseres Volkes geschaufelt<lb/>
haben, hat keiner fleißiger, geschickter und erfolgreicher gearbeitet als Thomas<lb/>
Woodrow Wilson. Das ist das Urteil, das man jetzt fällen muH, und es wird das<lb/>
der Geschichte bleiben.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Italien und Deutschland<lb/><note type="byline"> Franz von Stockhammern,</note> von Ministerialdirektor im Reichsfinanzministerium</head><lb/>
          <p xml:id="ID_228"> it der in Deutschland, wie in Italien sympathisch beurteilten Be¬<lb/>
glaubigung des Herrn von Verenberg-Goßler als Botschafter des<lb/>
Deutschen Reichs in Rom sind die völkerrechtlichen Beziehungen<lb/>
Deutschlands zu Italien in vollem Umfang wieder aufgenommen.<lb/>
Hamburg, die Stadt weltumfassender Interessen und großer volks¬<lb/>
wirtschaftlicher Traditionen hat in Herrn von Goßler dem Deutschen Reich den<lb/>
»weiten Vertreter auf wichtigem Posten im Ausland gegeben. Das Freisein von<lb/>
^der geistigen Beengtheit wirtschaftlicher oder politischer Natur, das den führenden<lb/>
Männern unserer alten Hansastädte eigen ist, dürfte dem neuen Botschafter in<lb/>
Italien zur Empfehlung gereichen.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0069] Italien und Deutschland er es dahin gebracht, daß das deutsche Volk, das der Entwicklung der Union seit ihrer Begründung so teilnehmend und hilfsbereit gegenüberstand wie kein anderes, dessen Angehörige stets mit an vorderster Stelle genannt werden müssen, wenn es gilt, Amerikas Entwicklung zu erklären, zum Paria der Nationen geworden ist und in drohender Gefahr schwebt, dauernd zum Sklavenvolk herab¬ zusinken. Dafür kann es sich in erster Linie bei Herrn Wilson bedanken. In zweiter Linie allerdings bei sich selbst. In der Mitteilung an die provi¬ sorische Regierung von Rußland vom 9. Juni 1917 hat der Präsident feierlich Einspruch erhoben, daß der Krieg enden dürfe „mit der Wiederherstellung des Status quo aMs". Das sei das Streben der „kaiserlich deutschen Negierung und derer, die sich von ihr gebrauchen lassen". Aber „die Macht, die die kaiserlich deutsche Regierung im Reich, und die weitreichende Herrschaft, die sie außerhalb des Reiches ausübte, sind es gewesen, die diesen grausigen Krieg herbeigeführt haben!" Das geschah zu der Zeit, als Erzberger, der Vertrauensmann der Habs¬ burger, die Reichstagserklärung über einen Verständigungsfrieden vorbereitete! Der Präsident der Vereinigten Staaten hatte amtlich verkündet, daß er das Deutsche Reich nicht erhalten, sondern schwächen wollte! Die schönen Rede¬ wendungen über Gerechtigkeit und Selbstregierung im Völkerleben, mit denen die Erklärung verbrämt war, konnten an ihrem Inhalt nichts ändern. Die Agitation, die längst eingesetzt hatte, Stimmung und Gesinnung des deutschen Volkes zu zermürben, hatte durch den Einsatz amerikanischer Mittel einen riesen¬ haften Aufschwung genommen. Unser Volk ist ihr in seiner schier unbegreifbaren Politischen Urteilslosigkeit erlegen. Den Deutschen, der heute noch glaubt, daß Wilson es je ehrlich mit Deutschland meinte, stellte vor kurzem nicht ohne guten Grund ein amerikanischer Freund vor die Wahl, sich entweder als Schurke oder als Tropf zu fühlen. Unter allen, die am Grabe unseres Volkes geschaufelt haben, hat keiner fleißiger, geschickter und erfolgreicher gearbeitet als Thomas Woodrow Wilson. Das ist das Urteil, das man jetzt fällen muH, und es wird das der Geschichte bleiben. Italien und Deutschland Franz von Stockhammern, von Ministerialdirektor im Reichsfinanzministerium it der in Deutschland, wie in Italien sympathisch beurteilten Be¬ glaubigung des Herrn von Verenberg-Goßler als Botschafter des Deutschen Reichs in Rom sind die völkerrechtlichen Beziehungen Deutschlands zu Italien in vollem Umfang wieder aufgenommen. Hamburg, die Stadt weltumfassender Interessen und großer volks¬ wirtschaftlicher Traditionen hat in Herrn von Goßler dem Deutschen Reich den »weiten Vertreter auf wichtigem Posten im Ausland gegeben. Das Freisein von ^der geistigen Beengtheit wirtschaftlicher oder politischer Natur, das den führenden Männern unserer alten Hansastädte eigen ist, dürfte dem neuen Botschafter in Italien zur Empfehlung gereichen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_338022
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_338022/69
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_338022/69>, abgerufen am 01.05.2024.