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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.

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Entspannung. Eine der bedeutsamsten Stellen des dritten Bismarckbandes
ist ohne Zweifel diejenige, die über Caprivis Übernahme des Kanzlerpvstens be¬
richtet. Zwischen Tür und Angel der Reichskanzlei, erzählt Bismarck,, habe
Caprivi geäußert: "Wenn ich in der Schlacht an der Spitze meines zehnten Korps
einen Befehl erhalte, von dem ich befürchte, daß bei Ausführung desselben das
Korps, die Schlacht und ich selbst verloren gehe, und wenn die Vorstellung meiner
sachlichen Bedenken keinen Erfolg hat, so bleibt mir doch nichts übrig, als den
Befehl auszuführen und unterzugehen. Was ist nachher weiter? Mann über
Bord." Bismarck kommentiert diese Stelle folgendermaßen: "In dieser Auffassung
liegt der schärfste Ausdruck der Gesinnung des Offizierkorps, welche den letzten
Grund der militärischen Stärke Preußens in diesem und dem vorigen Jahrhundert
gebildet hat und hoffentlich ferner bilden wird. Aber auf die Gesetzgebung, die
Politik, die innere und die äußere, übertragen, hat dieses, auf einem eigentlichen
Gebiete bewunderungswürdige Elemente doch seine Gefahren; die heutige Politik
eines Deutschen Reiches mit freier Presse, parlamentarischer Verfassung, im Drange
der europäischen Schwierigkeiten, läßt sich nicht im Stile einer durch Generäle
ausgeführten Königlichen Ordre betreiben. Auch wenn die Begabung des be¬
teiligten deutschen Kaisers und Königs von Preußen, der Friedrichs II. mehr als
ebenbürtig ist. . . Die Politik an sich ist noch kein Schlachtfeld, sondern nur die
sachkundige Behandlung der Frage, ob und wann Krieg notwendig sein wird und
wie er sich mit Ehren verhüten läßt. Ich kann die Caprivische Schlachtfeldtheorie
nur gelten lassen in Situationen, wo die Existenz der Monarchie und des Vater¬
landes auf dem Spiele steht, in Situationen, für welche der Begriff der Diktatur
sich geschichtlich ausgebildet hat, wie ich als solche beispielsweise die Lage von
1862 ansah."

Niemand wird behaupten können, daß das siegreiche Frankreich heute in
einer derartigen Situation, sei es überhaupt, sei es auch nur Deutschland gegen¬
über, ist. Frankreich braucht keine Diktatur, denn Frankreichs Bestand, auch
wenn der Revanchegeist in Deutschland noch viel stärker wäre als er ist, ist nicht
gefährdet. Dennoch hat der französische Ministerpräsident, wie die ersten Kammer¬
sitzungen beweisen, alle Hände voll zu tun, um die Schlachtfeldtheorie, die wie
es sie in Deutschland gab, auch in Frankreich vertreten wird, zu bekämpfen. Er
tut dabei das, was Herr Simons im vorigen Jahre, sei es aus innerpolitischer
Ungewandtheit, sei es aus innerer Unsicherheit, zu tun versäumt hat: er fordert
die Opposition auf, dem Lande sichere und überzeugende Argumente zu unter¬
breiten, wie die Lage gebessert werden könnte und ihrerseits die Verantwortung
zu übernehmen. Man hält ihm vor, daß seine Politik Frankreich mit neuen
schweren Steuern belastet, deren Ertrag es eigentlich Deutschland zukäme, zu be¬
zahlen. "Zeigen Sie mir," entgegnete Briand, "das Mittel, wie Sie unser
Defizit anders als durch Steuern ausgleichen wollen. Das deutsche Geld? Wo
wollen Sie es hernehmen? Ich verlange von Ihnen, daß Sie sich darüber hier
auf der Tribüne auf das genaueste aussprechen. Es genügt nicht, dem Lande
mit Versicherungen zu kommen und zu behaupten, daß eine energischere Politik
die Kassen füllen und Frankreich zum unabhängigen Herrn seiner Politik machen
würde. All das ist leicht gesagt, aber es stimmt nicht."

Es ist ein Zeichen der Zeit, daß sich in ähnlicher Weise auch Lloyd Georgs,
gleichfalls bei Eröffnung des Parlaments, ausgesprochen hat. England, äußerte
er, müsse sich von einer Atmosphäre frei machen, in der man nicht als Patriot
gelte, wenn man über Deutschland ohne Stirnrunzeln spreche.

Nur wenn diese Stimmung und das energische Vorgehen der Regierung
gegen die Caprivi-Theorie in allen in Betracht kommenden Ländern mit gleicher
Stärke und Autorität, aber auch zu dem gleichen Zeitpunkt sich durchsetzt, wird
die von Asquith geforderte neue Diskussion der Frage der internationalen Ver¬
schuldung und der Reparationen sich durchsetzen können. Am schwersten von


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Entspannung. Eine der bedeutsamsten Stellen des dritten Bismarckbandes
ist ohne Zweifel diejenige, die über Caprivis Übernahme des Kanzlerpvstens be¬
richtet. Zwischen Tür und Angel der Reichskanzlei, erzählt Bismarck,, habe
Caprivi geäußert: „Wenn ich in der Schlacht an der Spitze meines zehnten Korps
einen Befehl erhalte, von dem ich befürchte, daß bei Ausführung desselben das
Korps, die Schlacht und ich selbst verloren gehe, und wenn die Vorstellung meiner
sachlichen Bedenken keinen Erfolg hat, so bleibt mir doch nichts übrig, als den
Befehl auszuführen und unterzugehen. Was ist nachher weiter? Mann über
Bord." Bismarck kommentiert diese Stelle folgendermaßen: „In dieser Auffassung
liegt der schärfste Ausdruck der Gesinnung des Offizierkorps, welche den letzten
Grund der militärischen Stärke Preußens in diesem und dem vorigen Jahrhundert
gebildet hat und hoffentlich ferner bilden wird. Aber auf die Gesetzgebung, die
Politik, die innere und die äußere, übertragen, hat dieses, auf einem eigentlichen
Gebiete bewunderungswürdige Elemente doch seine Gefahren; die heutige Politik
eines Deutschen Reiches mit freier Presse, parlamentarischer Verfassung, im Drange
der europäischen Schwierigkeiten, läßt sich nicht im Stile einer durch Generäle
ausgeführten Königlichen Ordre betreiben. Auch wenn die Begabung des be¬
teiligten deutschen Kaisers und Königs von Preußen, der Friedrichs II. mehr als
ebenbürtig ist. . . Die Politik an sich ist noch kein Schlachtfeld, sondern nur die
sachkundige Behandlung der Frage, ob und wann Krieg notwendig sein wird und
wie er sich mit Ehren verhüten läßt. Ich kann die Caprivische Schlachtfeldtheorie
nur gelten lassen in Situationen, wo die Existenz der Monarchie und des Vater¬
landes auf dem Spiele steht, in Situationen, für welche der Begriff der Diktatur
sich geschichtlich ausgebildet hat, wie ich als solche beispielsweise die Lage von
1862 ansah."

Niemand wird behaupten können, daß das siegreiche Frankreich heute in
einer derartigen Situation, sei es überhaupt, sei es auch nur Deutschland gegen¬
über, ist. Frankreich braucht keine Diktatur, denn Frankreichs Bestand, auch
wenn der Revanchegeist in Deutschland noch viel stärker wäre als er ist, ist nicht
gefährdet. Dennoch hat der französische Ministerpräsident, wie die ersten Kammer¬
sitzungen beweisen, alle Hände voll zu tun, um die Schlachtfeldtheorie, die wie
es sie in Deutschland gab, auch in Frankreich vertreten wird, zu bekämpfen. Er
tut dabei das, was Herr Simons im vorigen Jahre, sei es aus innerpolitischer
Ungewandtheit, sei es aus innerer Unsicherheit, zu tun versäumt hat: er fordert
die Opposition auf, dem Lande sichere und überzeugende Argumente zu unter¬
breiten, wie die Lage gebessert werden könnte und ihrerseits die Verantwortung
zu übernehmen. Man hält ihm vor, daß seine Politik Frankreich mit neuen
schweren Steuern belastet, deren Ertrag es eigentlich Deutschland zukäme, zu be¬
zahlen. „Zeigen Sie mir," entgegnete Briand, „das Mittel, wie Sie unser
Defizit anders als durch Steuern ausgleichen wollen. Das deutsche Geld? Wo
wollen Sie es hernehmen? Ich verlange von Ihnen, daß Sie sich darüber hier
auf der Tribüne auf das genaueste aussprechen. Es genügt nicht, dem Lande
mit Versicherungen zu kommen und zu behaupten, daß eine energischere Politik
die Kassen füllen und Frankreich zum unabhängigen Herrn seiner Politik machen
würde. All das ist leicht gesagt, aber es stimmt nicht."

Es ist ein Zeichen der Zeit, daß sich in ähnlicher Weise auch Lloyd Georgs,
gleichfalls bei Eröffnung des Parlaments, ausgesprochen hat. England, äußerte
er, müsse sich von einer Atmosphäre frei machen, in der man nicht als Patriot
gelte, wenn man über Deutschland ohne Stirnrunzeln spreche.

Nur wenn diese Stimmung und das energische Vorgehen der Regierung
gegen die Caprivi-Theorie in allen in Betracht kommenden Ländern mit gleicher
Stärke und Autorität, aber auch zu dem gleichen Zeitpunkt sich durchsetzt, wird
die von Asquith geforderte neue Diskussion der Frage der internationalen Ver¬
schuldung und der Reparationen sich durchsetzen können. Am schwersten von


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[0164] lveltspiegel Weltspiegel Entspannung. Eine der bedeutsamsten Stellen des dritten Bismarckbandes ist ohne Zweifel diejenige, die über Caprivis Übernahme des Kanzlerpvstens be¬ richtet. Zwischen Tür und Angel der Reichskanzlei, erzählt Bismarck,, habe Caprivi geäußert: „Wenn ich in der Schlacht an der Spitze meines zehnten Korps einen Befehl erhalte, von dem ich befürchte, daß bei Ausführung desselben das Korps, die Schlacht und ich selbst verloren gehe, und wenn die Vorstellung meiner sachlichen Bedenken keinen Erfolg hat, so bleibt mir doch nichts übrig, als den Befehl auszuführen und unterzugehen. Was ist nachher weiter? Mann über Bord." Bismarck kommentiert diese Stelle folgendermaßen: „In dieser Auffassung liegt der schärfste Ausdruck der Gesinnung des Offizierkorps, welche den letzten Grund der militärischen Stärke Preußens in diesem und dem vorigen Jahrhundert gebildet hat und hoffentlich ferner bilden wird. Aber auf die Gesetzgebung, die Politik, die innere und die äußere, übertragen, hat dieses, auf einem eigentlichen Gebiete bewunderungswürdige Elemente doch seine Gefahren; die heutige Politik eines Deutschen Reiches mit freier Presse, parlamentarischer Verfassung, im Drange der europäischen Schwierigkeiten, läßt sich nicht im Stile einer durch Generäle ausgeführten Königlichen Ordre betreiben. Auch wenn die Begabung des be¬ teiligten deutschen Kaisers und Königs von Preußen, der Friedrichs II. mehr als ebenbürtig ist. . . Die Politik an sich ist noch kein Schlachtfeld, sondern nur die sachkundige Behandlung der Frage, ob und wann Krieg notwendig sein wird und wie er sich mit Ehren verhüten läßt. Ich kann die Caprivische Schlachtfeldtheorie nur gelten lassen in Situationen, wo die Existenz der Monarchie und des Vater¬ landes auf dem Spiele steht, in Situationen, für welche der Begriff der Diktatur sich geschichtlich ausgebildet hat, wie ich als solche beispielsweise die Lage von 1862 ansah." Niemand wird behaupten können, daß das siegreiche Frankreich heute in einer derartigen Situation, sei es überhaupt, sei es auch nur Deutschland gegen¬ über, ist. Frankreich braucht keine Diktatur, denn Frankreichs Bestand, auch wenn der Revanchegeist in Deutschland noch viel stärker wäre als er ist, ist nicht gefährdet. Dennoch hat der französische Ministerpräsident, wie die ersten Kammer¬ sitzungen beweisen, alle Hände voll zu tun, um die Schlachtfeldtheorie, die wie es sie in Deutschland gab, auch in Frankreich vertreten wird, zu bekämpfen. Er tut dabei das, was Herr Simons im vorigen Jahre, sei es aus innerpolitischer Ungewandtheit, sei es aus innerer Unsicherheit, zu tun versäumt hat: er fordert die Opposition auf, dem Lande sichere und überzeugende Argumente zu unter¬ breiten, wie die Lage gebessert werden könnte und ihrerseits die Verantwortung zu übernehmen. Man hält ihm vor, daß seine Politik Frankreich mit neuen schweren Steuern belastet, deren Ertrag es eigentlich Deutschland zukäme, zu be¬ zahlen. „Zeigen Sie mir," entgegnete Briand, „das Mittel, wie Sie unser Defizit anders als durch Steuern ausgleichen wollen. Das deutsche Geld? Wo wollen Sie es hernehmen? Ich verlange von Ihnen, daß Sie sich darüber hier auf der Tribüne auf das genaueste aussprechen. Es genügt nicht, dem Lande mit Versicherungen zu kommen und zu behaupten, daß eine energischere Politik die Kassen füllen und Frankreich zum unabhängigen Herrn seiner Politik machen würde. All das ist leicht gesagt, aber es stimmt nicht." Es ist ein Zeichen der Zeit, daß sich in ähnlicher Weise auch Lloyd Georgs, gleichfalls bei Eröffnung des Parlaments, ausgesprochen hat. England, äußerte er, müsse sich von einer Atmosphäre frei machen, in der man nicht als Patriot gelte, wenn man über Deutschland ohne Stirnrunzeln spreche. Nur wenn diese Stimmung und das energische Vorgehen der Regierung gegen die Caprivi-Theorie in allen in Betracht kommenden Ländern mit gleicher Stärke und Autorität, aber auch zu dem gleichen Zeitpunkt sich durchsetzt, wird die von Asquith geforderte neue Diskussion der Frage der internationalen Ver¬ schuldung und der Reparationen sich durchsetzen können. Am schwersten von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/164>, abgerufen am 29.04.2024.