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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.

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Aus neuen Büchern

den Theaterepoche hat er verwandt, ein munteres Garn zu spinnen, das uns
höchst unterhaltlich hineinführt in Grubes Welt. Ich frage mich nur leise, ob
unsere Backfische -- Gott sei es geklagt! -- durch Kinokitsch und Dielenteufeleieu
heute nicht schon viel zu blasiert, ja verlebt für solche süße Kost von zart lieben¬
den und heiß strebenden Mimen sind. --

Das Gleiche fragte ich mich hinsichtlich unserer jungen Männer am Schraub¬
stock und Amboß, als ich meinen letzten Roman beendet hatte, den ich als getreuer
Chronist doch hier wenigstens mit dem Namen neuen muß, wenn ich ihm auch
als unbestechlicher Selbstrichter kein einzig Lobeswort vergönnen mag: "Zwei
Eisen im Feuer" von Paul B u r g (Verlag L. Staackmamz, Leipzig). Ich habe
darin dargestellt, wie der aus Barr im Elsaß nach Chemnitz vor neunzig Jahren ein¬
gewanderte junge Schmied Richard Hartmann,es zum berühmten deutschen Loko¬
motivbauer gebracht hat, dessen Fabrikate nachher England, Frankreich mit den
höchsten Preisen krönte (-- und uns letzters laut Versailles wegnahm) und der
durch alle Not mit starkem Mut emporkam, weil er empor -- wollte. Das
war die eherne und einfache Zeit unter dem alten Kaiser Wilhelm und Bismarck.
Ich habe danebenher auch das Emporstreben des genialen Generalpostmeisters
Heinrich Stephan vom Stolper Schneiderssohn zur weltgeachteten Exzellenz dar¬
zustellen versucht, um unsern jungen Männern, die heute nichts als politisieren,
einen Spiegel vor die Seele zu stellen, der da mahnt und mahnt: Arbeite, Mensch!
^ Strebe arbeitsam empor, und alle Guten im Lande werden dich stützen. --
Das tat ich, aber mir wird bange, die Jugend heute hört bloß auf die Tanzfiedel
und den Startglockenton . . ., darum flüchtete ich mich in das Reich der Satire
und ließ (um als achtsamer Berichterstatter auch diesen Bnchtitel nicht zu unter¬
schlagen!) bei dem nationalen Verlag Otto Nippel in Hagen einen heiteren Harz¬
roman "Hexe" erscheinen, welcher einen neuen Faust in spottender Prosa auf
dem Blocksberge den gegenwärtigen Höllensabbath der Schieber, Schwindler und
Schufte, Schergen, Schranzen und Schädlinge an unserm armen deutschen Volke
durchleben läßt und das große Purgatorium in der politischen Walpurgis¬
nacht malt.

Vergeßt das Lachen nicht, denn es stärkt den trotzigen Mut!

Auf den Bergen ist Freiheit.




Aus neuen Büchern

General Buat: Hindenburg. In der "Revue Politique et P^lameutaire"
vom 10. April 1921 wird das Buch des General Buat angezeigt und glelchzemg
besprochen. General Buat ist uns bereits durch sein Buch über Ludendorff ve-
rarmt. Ferdinand Faure urteilt folgendermaßen über das Werk:

"Mit größter Unparteilichkeit, mit unbedingter Sicherheit in der ^ewei^führung und mit einer tiefen Feinheit Schlüsse zu ziehen, fallt General B at ein
Urteil über den ehemaligen höchsten militärischen Führer Deut,chlands, welches


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den Theaterepoche hat er verwandt, ein munteres Garn zu spinnen, das uns
höchst unterhaltlich hineinführt in Grubes Welt. Ich frage mich nur leise, ob
unsere Backfische — Gott sei es geklagt! — durch Kinokitsch und Dielenteufeleieu
heute nicht schon viel zu blasiert, ja verlebt für solche süße Kost von zart lieben¬
den und heiß strebenden Mimen sind. —

Das Gleiche fragte ich mich hinsichtlich unserer jungen Männer am Schraub¬
stock und Amboß, als ich meinen letzten Roman beendet hatte, den ich als getreuer
Chronist doch hier wenigstens mit dem Namen neuen muß, wenn ich ihm auch
als unbestechlicher Selbstrichter kein einzig Lobeswort vergönnen mag: „Zwei
Eisen im Feuer" von Paul B u r g (Verlag L. Staackmamz, Leipzig). Ich habe
darin dargestellt, wie der aus Barr im Elsaß nach Chemnitz vor neunzig Jahren ein¬
gewanderte junge Schmied Richard Hartmann,es zum berühmten deutschen Loko¬
motivbauer gebracht hat, dessen Fabrikate nachher England, Frankreich mit den
höchsten Preisen krönte (— und uns letzters laut Versailles wegnahm) und der
durch alle Not mit starkem Mut emporkam, weil er empor — wollte. Das
war die eherne und einfache Zeit unter dem alten Kaiser Wilhelm und Bismarck.
Ich habe danebenher auch das Emporstreben des genialen Generalpostmeisters
Heinrich Stephan vom Stolper Schneiderssohn zur weltgeachteten Exzellenz dar¬
zustellen versucht, um unsern jungen Männern, die heute nichts als politisieren,
einen Spiegel vor die Seele zu stellen, der da mahnt und mahnt: Arbeite, Mensch!
^ Strebe arbeitsam empor, und alle Guten im Lande werden dich stützen. —
Das tat ich, aber mir wird bange, die Jugend heute hört bloß auf die Tanzfiedel
und den Startglockenton . . ., darum flüchtete ich mich in das Reich der Satire
und ließ (um als achtsamer Berichterstatter auch diesen Bnchtitel nicht zu unter¬
schlagen!) bei dem nationalen Verlag Otto Nippel in Hagen einen heiteren Harz¬
roman „Hexe" erscheinen, welcher einen neuen Faust in spottender Prosa auf
dem Blocksberge den gegenwärtigen Höllensabbath der Schieber, Schwindler und
Schufte, Schergen, Schranzen und Schädlinge an unserm armen deutschen Volke
durchleben läßt und das große Purgatorium in der politischen Walpurgis¬
nacht malt.

Vergeßt das Lachen nicht, denn es stärkt den trotzigen Mut!

Auf den Bergen ist Freiheit.




Aus neuen Büchern

General Buat: Hindenburg. In der „Revue Politique et P^lameutaire"
vom 10. April 1921 wird das Buch des General Buat angezeigt und glelchzemg
besprochen. General Buat ist uns bereits durch sein Buch über Ludendorff ve-
rarmt. Ferdinand Faure urteilt folgendermaßen über das Werk:

„Mit größter Unparteilichkeit, mit unbedingter Sicherheit in der ^ewei^führung und mit einer tiefen Feinheit Schlüsse zu ziehen, fallt General B at ein
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[0065] Aus neuen Büchern den Theaterepoche hat er verwandt, ein munteres Garn zu spinnen, das uns höchst unterhaltlich hineinführt in Grubes Welt. Ich frage mich nur leise, ob unsere Backfische — Gott sei es geklagt! — durch Kinokitsch und Dielenteufeleieu heute nicht schon viel zu blasiert, ja verlebt für solche süße Kost von zart lieben¬ den und heiß strebenden Mimen sind. — Das Gleiche fragte ich mich hinsichtlich unserer jungen Männer am Schraub¬ stock und Amboß, als ich meinen letzten Roman beendet hatte, den ich als getreuer Chronist doch hier wenigstens mit dem Namen neuen muß, wenn ich ihm auch als unbestechlicher Selbstrichter kein einzig Lobeswort vergönnen mag: „Zwei Eisen im Feuer" von Paul B u r g (Verlag L. Staackmamz, Leipzig). Ich habe darin dargestellt, wie der aus Barr im Elsaß nach Chemnitz vor neunzig Jahren ein¬ gewanderte junge Schmied Richard Hartmann,es zum berühmten deutschen Loko¬ motivbauer gebracht hat, dessen Fabrikate nachher England, Frankreich mit den höchsten Preisen krönte (— und uns letzters laut Versailles wegnahm) und der durch alle Not mit starkem Mut emporkam, weil er empor — wollte. Das war die eherne und einfache Zeit unter dem alten Kaiser Wilhelm und Bismarck. Ich habe danebenher auch das Emporstreben des genialen Generalpostmeisters Heinrich Stephan vom Stolper Schneiderssohn zur weltgeachteten Exzellenz dar¬ zustellen versucht, um unsern jungen Männern, die heute nichts als politisieren, einen Spiegel vor die Seele zu stellen, der da mahnt und mahnt: Arbeite, Mensch! ^ Strebe arbeitsam empor, und alle Guten im Lande werden dich stützen. — Das tat ich, aber mir wird bange, die Jugend heute hört bloß auf die Tanzfiedel und den Startglockenton . . ., darum flüchtete ich mich in das Reich der Satire und ließ (um als achtsamer Berichterstatter auch diesen Bnchtitel nicht zu unter¬ schlagen!) bei dem nationalen Verlag Otto Nippel in Hagen einen heiteren Harz¬ roman „Hexe" erscheinen, welcher einen neuen Faust in spottender Prosa auf dem Blocksberge den gegenwärtigen Höllensabbath der Schieber, Schwindler und Schufte, Schergen, Schranzen und Schädlinge an unserm armen deutschen Volke durchleben läßt und das große Purgatorium in der politischen Walpurgis¬ nacht malt. Vergeßt das Lachen nicht, denn es stärkt den trotzigen Mut! Auf den Bergen ist Freiheit. Aus neuen Büchern General Buat: Hindenburg. In der „Revue Politique et P^lameutaire" vom 10. April 1921 wird das Buch des General Buat angezeigt und glelchzemg besprochen. General Buat ist uns bereits durch sein Buch über Ludendorff ve- rarmt. Ferdinand Faure urteilt folgendermaßen über das Werk: „Mit größter Unparteilichkeit, mit unbedingter Sicherheit in der ^ewei^führung und mit einer tiefen Feinheit Schlüsse zu ziehen, fallt General B at ein Urteil über den ehemaligen höchsten militärischen Führer Deut,chlands, welches

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/65>, abgerufen am 29.04.2024.