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Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811.

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spililih durch carmen metricum übersetzt) haben dennoch
ein gleiches Etymon mit ihm, welches sich aus dem Ein-
fluß normännisch-englischer Sprache und Poesie erklärt. Die
S. 69. versuchte Leitung aus lax (lais, los) und lai = Gesetz ist
unrichtig, wenigstens die letztere weit hergehohlt, indem frei-
lich, höher hinaufgestiegen, jedem Spiel auch ein Band,
Gesetz, (Gebänd, gibenti-alligatura) Grund liegt, und die
Verwandtschaft mit lag, so wie dieses analoge Anwendung
im Norden (Olafsen, Anhang §. 34.) daher entsprungen seyn
kann. Richtig bleibt übrigens, daß noch unser Leich nachher
bei den Meistersingern die eigene Bedeutung angenommen
hat, wovon die französische Poesie auch nichts weiß, deßwe-
gen es doppelt fehlerhaft wäre, unsere späteren Leiche aus
jener ableiten zu wollen.
S. 71. Anm. 53. In der Rubrik eines Minneliedes von Mö-
gelin (n. XXII.) werden solche Reime "sich suchende" ge-
nannt, mit einem fast modern klingenden Ausdruck.
S. 91. Z. 9. Hierher auch noch Regenbogens (2. 215.) "sitz
ab der künste sessel, daruf sie saßen." Die singenden Mei-
ster scheinen auf einer erhöhenden Bank oder einem Stuhl
gesessen oder gestanden zu haben. Wieder wie bei Volks-
dichtern, was gleich der Name Bänkelsänger zeigt.
S. 96. Z. 1. Wer Morungens süße Gesänge durchliest, erin-
nert sich unwillkürlich an dieses Gnadesingenhelfen bei fol-
genden Worten (1. 57.):
helfet singen alle
mine frunt und zieht ir zuo
.... mit schalle
das si mir genade tuo u. s. w.

spililih durch carmen metricum uͤberſetzt) haben dennoch
ein gleiches Etymon mit ihm, welches ſich aus dem Ein-
fluß normaͤnniſch-engliſcher Sprache und Poeſie erklaͤrt. Die
S. 69. verſuchte Leitung aus lax (lais, los) und lai = Geſetz iſt
unrichtig, wenigſtens die letztere weit hergehohlt, indem frei-
lich, hoͤher hinaufgeſtiegen, jedem Spiel auch ein Band,
Geſetz, (Gebaͤnd, gibenti-alligatura) Grund liegt, und die
Verwandtſchaft mit lag, ſo wie dieſes analoge Anwendung
im Norden (Olafſen, Anhang §. 34.) daher entſprungen ſeyn
kann. Richtig bleibt uͤbrigens, daß noch unſer Leich nachher
bei den Meiſterſingern die eigene Bedeutung angenommen
hat, wovon die franzoͤſiſche Poeſie auch nichts weiß, deßwe-
gen es doppelt fehlerhaft waͤre, unſere ſpaͤteren Leiche aus
jener ableiten zu wollen.
S. 71. Anm. 53. In der Rubrik eines Minneliedes von Moͤ-
gelin (n. XXII.) werden ſolche Reime „ſich ſuchende“ ge-
nannt, mit einem faſt modern klingenden Ausdruck.
S. 91. Z. 9. Hierher auch noch Regenbogens (2. 215.) „ſitz
ab der kuͤnſte ſeſſel, daruf ſie ſaßen.“ Die ſingenden Mei-
ſter ſcheinen auf einer erhoͤhenden Bank oder einem Stuhl
geſeſſen oder geſtanden zu haben. Wieder wie bei Volks-
dichtern, was gleich der Name Baͤnkelſaͤnger zeigt.
S. 96. Z. 1. Wer Morungens ſuͤße Geſaͤnge durchlieſt, erin-
nert ſich unwillkuͤrlich an dieſes Gnadeſingenhelfen bei fol-
genden Worten (1. 57.):
helfet ſingen alle
mine frunt und zieht ir zuo
.... mit ſchalle
das ſi mir genade tuo u. ſ. w.

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[182/0192] spililih durch carmen metricum uͤberſetzt) haben dennoch ein gleiches Etymon mit ihm, welches ſich aus dem Ein- fluß normaͤnniſch-engliſcher Sprache und Poeſie erklaͤrt. Die S. 69. verſuchte Leitung aus lax (lais, los) und lai = Geſetz iſt unrichtig, wenigſtens die letztere weit hergehohlt, indem frei- lich, hoͤher hinaufgeſtiegen, jedem Spiel auch ein Band, Geſetz, (Gebaͤnd, gibenti-alligatura) Grund liegt, und die Verwandtſchaft mit lag, ſo wie dieſes analoge Anwendung im Norden (Olafſen, Anhang §. 34.) daher entſprungen ſeyn kann. Richtig bleibt uͤbrigens, daß noch unſer Leich nachher bei den Meiſterſingern die eigene Bedeutung angenommen hat, wovon die franzoͤſiſche Poeſie auch nichts weiß, deßwe- gen es doppelt fehlerhaft waͤre, unſere ſpaͤteren Leiche aus jener ableiten zu wollen. S. 71. Anm. 53. In der Rubrik eines Minneliedes von Moͤ- gelin (n. XXII.) werden ſolche Reime „ſich ſuchende“ ge- nannt, mit einem faſt modern klingenden Ausdruck. S. 91. Z. 9. Hierher auch noch Regenbogens (2. 215.) „ſitz ab der kuͤnſte ſeſſel, daruf ſie ſaßen.“ Die ſingenden Mei- ſter ſcheinen auf einer erhoͤhenden Bank oder einem Stuhl geſeſſen oder geſtanden zu haben. Wieder wie bei Volks- dichtern, was gleich der Name Baͤnkelſaͤnger zeigt. S. 96. Z. 1. Wer Morungens ſuͤße Geſaͤnge durchlieſt, erin- nert ſich unwillkuͤrlich an dieſes Gnadeſingenhelfen bei fol- genden Worten (1. 57.): helfet ſingen alle mine frunt und zieht ir zuo .... mit ſchalle das ſi mir genade tuo u. ſ. w.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_meistergesang_1811/192>, abgerufen am 26.04.2024.