Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite
durch die Schlag-in die Blutadern.
§. 6.
Auch die Wunden der Blutadern könnten ohn-
möglich so starke Verblutungen nach sich
ziehen, wenn das Blut nicht
umliefe.

Endlich verbluten sich auch die Blutadern, wiewohl
selten, dergestalt, daß der Tod darauf erfolgen solte. Es
fallen ihre Wunden, auch selbst an denen grösseren derer-
selben, ohne grosse Schwierigkeit von freien Stükken
zusammen, und halten also den fernern Ausflus des
Blutes zurükke (l). Und daher kam es, daß die Römer,
welche unter den unmenschlichen Kaisern des ersten Jahr-
hunderts zum Tode verurtheilet waren, ob man gleich
die Aerzte hinschikte, welche ihnen die Blutadern öfnen
musten, und bis zu ihren erfolgenden Tod die Aufsicht
haben solten, dennoch nicht ohne Beihülfe der Kunst ih-
ren Geist aufgeben konnten. Um deswillen sezzten sie sich
in ein Bad, damit die Blutadern unter der Haut möchten
erweitert werden, und in dieser gelinden Wärme wurden
ihnen die Blutadern an beiden Armen geöfnet. Auf
diese Art verloren Seneca, und Petronius Arbiter,
im Bade ihr Leben. Jndessen habe ich doch auch einige Bei-
spiele von tödlichen Blutausleerungen der Blutadern ge-
funden. Also hat man angemerket, daß von der Ver-
wundung der Blutader, die in den innern Augenwin-
kel lauft, eine Blutstürzung entstanden, welche den Ver-
lust des Lebens nach sich gezogen (m). Aus einer Wun-
de der Froschblutadern drungen vier und zwanzig Pfunde
Bluts heraus (n), und so gar geschahe solches auch ein-

mal
(l) [Spaltenumbruch] Second Memoire sur le mou-
vem. du sang, Sect. VII.
fast durch-
gängig.
(m) hildanvs Cent. I. obs. 14.
(n) [Spaltenumbruch] büchner Miscellan. 1730.
S. 1062. Daher entstand ein star-
kes Bluten, I. Antonides van der
linden, Dissert. XV. de circul.
sangu. n.
519.
D d 5
durch die Schlag-in die Blutadern.
§. 6.
Auch die Wunden der Blutadern koͤnnten ohn-
moͤglich ſo ſtarke Verblutungen nach ſich
ziehen, wenn das Blut nicht
umliefe.

Endlich verbluten ſich auch die Blutadern, wiewohl
ſelten, dergeſtalt, daß der Tod darauf erfolgen ſolte. Es
fallen ihre Wunden, auch ſelbſt an denen groͤſſeren derer-
ſelben, ohne groſſe Schwierigkeit von freien Stuͤkken
zuſammen, und halten alſo den fernern Ausflus des
Blutes zuruͤkke (l). Und daher kam es, daß die Roͤmer,
welche unter den unmenſchlichen Kaiſern des erſten Jahr-
hunderts zum Tode verurtheilet waren, ob man gleich
die Aerzte hinſchikte, welche ihnen die Blutadern oͤfnen
muſten, und bis zu ihren erfolgenden Tod die Aufſicht
haben ſolten, dennoch nicht ohne Beihuͤlfe der Kunſt ih-
ren Geiſt aufgeben konnten. Um deswillen ſezzten ſie ſich
in ein Bad, damit die Blutadern unter der Haut moͤchten
erweitert werden, und in dieſer gelinden Waͤrme wurden
ihnen die Blutadern an beiden Armen geoͤfnet. Auf
dieſe Art verloren Seneca, und Petronius Arbiter,
im Bade ihr Leben. Jndeſſen habe ich doch auch einige Bei-
ſpiele von toͤdlichen Blutausleerungen der Blutadern ge-
funden. Alſo hat man angemerket, daß von der Ver-
wundung der Blutader, die in den innern Augenwin-
kel lauft, eine Blutſtuͤrzung entſtanden, welche den Ver-
luſt des Lebens nach ſich gezogen (m). Aus einer Wun-
de der Froſchblutadern drungen vier und zwanzig Pfunde
Bluts heraus (n), und ſo gar geſchahe ſolches auch ein-

mal
(l) [Spaltenumbruch] Second Memoire ſur le mou-
vem. du ſang, Sect. VII.
faſt durch-
gaͤngig.
(m) hildanvs Cent. I. obſ. 14.
(n) [Spaltenumbruch] büchner Miſcellan. 1730.
S. 1062. Daher entſtand ein ſtar-
kes Bluten, I. Antonides van der
linden, Diſſert. XV. de circul.
ſangu. n.
519.
D d 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0481" n="425"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">durch die Schlag-in die Blutadern.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 6.<lb/>
Auch die Wunden der Blutadern ko&#x0364;nnten ohn-<lb/>
mo&#x0364;glich &#x017F;o &#x017F;tarke Verblutungen nach &#x017F;ich<lb/>
ziehen, wenn das Blut nicht<lb/>
umliefe.</head><lb/>
            <p>Endlich verbluten &#x017F;ich auch die Blutadern, wiewohl<lb/>
&#x017F;elten, derge&#x017F;talt, daß der Tod darauf erfolgen &#x017F;olte. Es<lb/>
fallen ihre Wunden, auch &#x017F;elb&#x017F;t an denen gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;eren derer-<lb/>
&#x017F;elben, ohne gro&#x017F;&#x017F;e Schwierigkeit von freien Stu&#x0364;kken<lb/>
zu&#x017F;ammen, und halten al&#x017F;o den fernern Ausflus des<lb/>
Blutes zuru&#x0364;kke <note place="foot" n="(l)"><cb/><hi rendition="#aq">Second Memoire &#x017F;ur le mou-<lb/>
vem. du &#x017F;ang, Sect. VII.</hi> fa&#x017F;t durch-<lb/>
ga&#x0364;ngig.</note>. Und daher kam es, daß die Ro&#x0364;mer,<lb/>
welche unter den unmen&#x017F;chlichen Kai&#x017F;ern des er&#x017F;ten Jahr-<lb/>
hunderts zum Tode verurtheilet waren, ob man gleich<lb/>
die Aerzte hin&#x017F;chikte, welche ihnen die Blutadern o&#x0364;fnen<lb/>
mu&#x017F;ten, und bis zu ihren erfolgenden Tod die Auf&#x017F;icht<lb/>
haben &#x017F;olten, dennoch nicht ohne Beihu&#x0364;lfe der Kun&#x017F;t ih-<lb/>
ren Gei&#x017F;t aufgeben konnten. Um deswillen &#x017F;ezzten &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
in ein Bad, damit die Blutadern unter der Haut mo&#x0364;chten<lb/>
erweitert werden, und in die&#x017F;er gelinden Wa&#x0364;rme wurden<lb/>
ihnen die Blutadern an beiden Armen geo&#x0364;fnet. Auf<lb/>
die&#x017F;e Art verloren <hi rendition="#fr">Seneca,</hi> und <hi rendition="#fr">Petronius Arbiter,</hi><lb/>
im Bade ihr Leben. Jnde&#x017F;&#x017F;en habe ich doch auch einige Bei-<lb/>
&#x017F;piele von to&#x0364;dlichen Blutausleerungen der Blutadern ge-<lb/>
funden. Al&#x017F;o hat man angemerket, daß von der Ver-<lb/>
wundung der Blutader, die in den innern Augenwin-<lb/>
kel lauft, eine Blut&#x017F;tu&#x0364;rzung ent&#x017F;tanden, welche den Ver-<lb/>
lu&#x017F;t des Lebens nach &#x017F;ich gezogen <note place="foot" n="(m)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">hildanvs</hi> Cent. I. ob&#x017F;.</hi> 14.</note>. Aus einer Wun-<lb/>
de der Fro&#x017F;chblutadern drungen vier und zwanzig Pfunde<lb/>
Bluts heraus <note place="foot" n="(n)"><cb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">büchner</hi> Mi&#x017F;cellan.</hi> 1730.<lb/>
S. 1062. Daher ent&#x017F;tand ein &#x017F;tar-<lb/>
kes Bluten, <hi rendition="#aq">I. Antonides van der<lb/><hi rendition="#k">linden</hi>, Di&#x017F;&#x017F;ert. XV. de circul.<lb/>
&#x017F;angu. n.</hi> 519.</note>, und &#x017F;o gar ge&#x017F;chahe &#x017F;olches auch ein-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D d 5</fw><fw place="bottom" type="catch">mal</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[425/0481] durch die Schlag-in die Blutadern. §. 6. Auch die Wunden der Blutadern koͤnnten ohn- moͤglich ſo ſtarke Verblutungen nach ſich ziehen, wenn das Blut nicht umliefe. Endlich verbluten ſich auch die Blutadern, wiewohl ſelten, dergeſtalt, daß der Tod darauf erfolgen ſolte. Es fallen ihre Wunden, auch ſelbſt an denen groͤſſeren derer- ſelben, ohne groſſe Schwierigkeit von freien Stuͤkken zuſammen, und halten alſo den fernern Ausflus des Blutes zuruͤkke (l). Und daher kam es, daß die Roͤmer, welche unter den unmenſchlichen Kaiſern des erſten Jahr- hunderts zum Tode verurtheilet waren, ob man gleich die Aerzte hinſchikte, welche ihnen die Blutadern oͤfnen muſten, und bis zu ihren erfolgenden Tod die Aufſicht haben ſolten, dennoch nicht ohne Beihuͤlfe der Kunſt ih- ren Geiſt aufgeben konnten. Um deswillen ſezzten ſie ſich in ein Bad, damit die Blutadern unter der Haut moͤchten erweitert werden, und in dieſer gelinden Waͤrme wurden ihnen die Blutadern an beiden Armen geoͤfnet. Auf dieſe Art verloren Seneca, und Petronius Arbiter, im Bade ihr Leben. Jndeſſen habe ich doch auch einige Bei- ſpiele von toͤdlichen Blutausleerungen der Blutadern ge- funden. Alſo hat man angemerket, daß von der Ver- wundung der Blutader, die in den innern Augenwin- kel lauft, eine Blutſtuͤrzung entſtanden, welche den Ver- luſt des Lebens nach ſich gezogen (m). Aus einer Wun- de der Froſchblutadern drungen vier und zwanzig Pfunde Bluts heraus (n), und ſo gar geſchahe ſolches auch ein- mal (l) Second Memoire ſur le mou- vem. du ſang, Sect. VII. faſt durch- gaͤngig. (m) hildanvs Cent. I. obſ. 14. (n) büchner Miſcellan. 1730. S. 1062. Daher entſtand ein ſtar- kes Bluten, I. Antonides van der linden, Diſſert. XV. de circul. ſangu. n. 519. D d 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/481
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/481>, abgerufen am 29.04.2024.