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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774.

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Weg zum Magen. XVIII. Buch.
§. 9.
Die Schlundbewegung, welche vom Zwerchfelle
herrührt.

Wir haben gesagt (a), daß der Schlund zwischen den
untern und innersten Muskeln des Zwerchfelles, nach
dem Unterleibe herabgeht. Diese sind es nun, welche
ihn überhaupt verengern, indessen daß der Mensch den
Atem in sich zieht (b) wie man aus deutlichen Versuchen
überzeugt wird (c). Ob sich gleich an einem geöffneten
Thiere (d) die Kehle nur wenig verengert, so wird man
doch leicht begreifen, daß an einem lebendigen Menschen
wenn alles voll ist, alles viel enger werden müsse. Man
darf sich also viel weniger wundern, daß Lakkmuß, wel-
cher die Säure so wenig verträgt, dennoch in dem Schlun-
de eines lebenden Thieres seine blaue Farbe behalten, die
auch schon von sauren Dünsten gelitten haben würde, wenn
diese aus dem Magen hätten entwischen können (e). Da
auch selbst der Dunst der Fermentation die Milch gerin-
nen macht (f). So war in einem andern Exempel der
Schlund angefüllt, der Magen aber leer (g) und also
gewis, daß die Strasse von dem Schlunde verschlossen
gewesen sein muß. Daher steigt auch in gesunden Men-
schen, aus einem Magen, der nicht überladen ist, we-
der Luft noch Wasser, noch ein Geruch in die Höhe, und
wenn alles dieses aufsteigt, so ist allemal eine Unordnung
zum Grunde.

Man sieht, daß sich der Schlund an den wiederkäu-
enden Thieren (h) mit grössrer Stärke zusammenziehen,
oder verengern müsse.

Jn
(a) [Spaltenumbruch] p. 96.
(b) L. VIII. p. 87. der volle
Magen verschliesset sich davon.
THEOPHILUS L. II. c. 3. Mit
uns VIEUSSENS traite des li-
queurs p. 263 SCHWARZ diss.
de vomitu
verengert sich im Ein-
atmen SPROEGEL p. 26. 28.
(c) [Spaltenumbruch] Exp. nostr. 335. 336. 337.
338 339.
(d) L VIII. p. 87.
(e) VIRIDET de serment. p.
223. conf L. VIII. I c.
(f) SCHUYL Vet. med. p. 183.
(g) SENAC. p. 127.
(h) PEYER p. 178.
Weg zum Magen. XVIII. Buch.
§. 9.
Die Schlundbewegung, welche vom Zwerchfelle
herruͤhrt.

Wir haben geſagt (a), daß der Schlund zwiſchen den
untern und innerſten Muſkeln des Zwerchfelles, nach
dem Unterleibe herabgeht. Dieſe ſind es nun, welche
ihn uͤberhaupt verengern, indeſſen daß der Menſch den
Atem in ſich zieht (b) wie man aus deutlichen Verſuchen
uͤberzeugt wird (c). Ob ſich gleich an einem geoͤffneten
Thiere (d) die Kehle nur wenig verengert, ſo wird man
doch leicht begreifen, daß an einem lebendigen Menſchen
wenn alles voll iſt, alles viel enger werden muͤſſe. Man
darf ſich alſo viel weniger wundern, daß Lakkmuß, wel-
cher die Saͤure ſo wenig vertraͤgt, dennoch in dem Schlun-
de eines lebenden Thieres ſeine blaue Farbe behalten, die
auch ſchon von ſauren Duͤnſten gelitten haben wuͤrde, wenn
dieſe aus dem Magen haͤtten entwiſchen koͤnnen (e). Da
auch ſelbſt der Dunſt der Fermentation die Milch gerin-
nen macht (f). So war in einem andern Exempel der
Schlund angefuͤllt, der Magen aber leer (g) und alſo
gewis, daß die Straſſe von dem Schlunde verſchloſſen
geweſen ſein muß. Daher ſteigt auch in geſunden Men-
ſchen, aus einem Magen, der nicht uͤberladen iſt, we-
der Luft noch Waſſer, noch ein Geruch in die Hoͤhe, und
wenn alles dieſes aufſteigt, ſo iſt allemal eine Unordnung
zum Grunde.

Man ſieht, daß ſich der Schlund an den wiederkaͤu-
enden Thieren (h) mit groͤſſrer Staͤrke zuſammenziehen,
oder verengern muͤſſe.

Jn
(a) [Spaltenumbruch] p. 96.
(b) L. VIII. p. 87. der volle
Magen verſchlieſſet ſich davon.
THEOPHILUS L. II. c. 3. Mit
uns VIEUSSENS traite des li-
queurs p. 263 SCHWARZ diſſ.
de vomitu
verengert ſich im Ein-
atmen SPROEGEL p. 26. 28.
(c) [Spaltenumbruch] Exp. noſtr. 335. 336. 337.
338 339.
(d) L VIII. p. 87.
(e) VIRIDET de ſerment. p.
223. conf L. VIII. I c.
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[168/0188] Weg zum Magen. XVIII. Buch. §. 9. Die Schlundbewegung, welche vom Zwerchfelle herruͤhrt. Wir haben geſagt (a), daß der Schlund zwiſchen den untern und innerſten Muſkeln des Zwerchfelles, nach dem Unterleibe herabgeht. Dieſe ſind es nun, welche ihn uͤberhaupt verengern, indeſſen daß der Menſch den Atem in ſich zieht (b) wie man aus deutlichen Verſuchen uͤberzeugt wird (c). Ob ſich gleich an einem geoͤffneten Thiere (d) die Kehle nur wenig verengert, ſo wird man doch leicht begreifen, daß an einem lebendigen Menſchen wenn alles voll iſt, alles viel enger werden muͤſſe. Man darf ſich alſo viel weniger wundern, daß Lakkmuß, wel- cher die Saͤure ſo wenig vertraͤgt, dennoch in dem Schlun- de eines lebenden Thieres ſeine blaue Farbe behalten, die auch ſchon von ſauren Duͤnſten gelitten haben wuͤrde, wenn dieſe aus dem Magen haͤtten entwiſchen koͤnnen (e). Da auch ſelbſt der Dunſt der Fermentation die Milch gerin- nen macht (f). So war in einem andern Exempel der Schlund angefuͤllt, der Magen aber leer (g) und alſo gewis, daß die Straſſe von dem Schlunde verſchloſſen geweſen ſein muß. Daher ſteigt auch in geſunden Men- ſchen, aus einem Magen, der nicht uͤberladen iſt, we- der Luft noch Waſſer, noch ein Geruch in die Hoͤhe, und wenn alles dieſes aufſteigt, ſo iſt allemal eine Unordnung zum Grunde. Man ſieht, daß ſich der Schlund an den wiederkaͤu- enden Thieren (h) mit groͤſſrer Staͤrke zuſammenziehen, oder verengern muͤſſe. Jn (a) p. 96. (b) L. VIII. p. 87. der volle Magen verſchlieſſet ſich davon. THEOPHILUS L. II. c. 3. Mit uns VIEUSSENS traite des li- queurs p. 263 SCHWARZ diſſ. de vomitu verengert ſich im Ein- atmen SPROEGEL p. 26. 28. (c) Exp. noſtr. 335. 336. 337. 338 339. (d) L VIII. p. 87. (e) VIRIDET de ſerment. p. 223. conf L. VIII. I c. (f) SCHUYL Vet. med. p. 183. (g) SENAC. p. 127. (h) PEYER p. 178.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/188>, abgerufen am 26.04.2024.