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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774.

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Der Magen. XIX. Buch.
macht. Es ist merenteils hart, und ungeschikkt die Seife
aufzulösen, und die Hülsenfrüchte weich zu kochen.

Ob schon die Wasser der Teiche aus dem reinsten Ge-
wässer herkommen, und durchsichtig zu sein scheinen, so
werden sie doch von der Sonne beschienen, geschmakklos,
und matt zu trinken.

Jch übergehe das Meerwasser, ob man es gleich trin-
ken kann (x), und ob es gleich von den Fischern oft ge-
trunken wird. Jezzo lobt man es mit allem Rechte ge-
gen die kröpfige Geschwülste in England, wie ich davor
halte. Denn ich habe wirklich gesehen, und dieses mehr
als einmal, daß Leute, die Kröpfe hatten, von Marselge
geheilt zurükke gekommen, indem so gar die Seeluft die
Kraft gehabt, die Stokkungen der Schilddrüfe auf-
zulösen.

Eben so übergehe ich die mit mineralischen Theilen
angefüllte Gewässer, ob sie gleich die Stelle der natürli-
chen Wasser vertreten können. Auch die Gemsen trin-
ken aus den Valderianischen warmen Bädern (y).

§. 22.
Der Wein.

Es mag aus Wollust, oder aus Notwendigkeit ge-
schehen sein, so haben sich die Menschen fast überall in der
ganzen Welt, eine Art von Getränke ausfündig gemacht,
welches, wie ihre Sprache ist, die Lebensgeister stärkt,
oder ermüdeten und hinfälligen Personen eine Munter-
keit eingiesset, und endlich einen Rausch macht, oder einen
lustigen Wahnwizz auf kurze Zeit verursacht. Dieser
Trieb ist sehr alt, und eine wesentliche Neigung, die alle
Himmelsstriche mit einander gemein haben. Selbst in
dem äussersten Winkel der Erde, auf Kamtschatka, haben

die
(x) [Spaltenumbruch] K. Swensk. Wezensk. Acad.
1757. p.
185.
(y) [Spaltenumbruch] VALISNER T. II. p.
517.

Der Magen. XIX. Buch.
macht. Es iſt merenteils hart, und ungeſchikkt die Seife
aufzuloͤſen, und die Huͤlſenfruͤchte weich zu kochen.

Ob ſchon die Waſſer der Teiche aus dem reinſten Ge-
waͤſſer herkommen, und durchſichtig zu ſein ſcheinen, ſo
werden ſie doch von der Sonne beſchienen, geſchmakklos,
und matt zu trinken.

Jch uͤbergehe das Meerwaſſer, ob man es gleich trin-
ken kann (x), und ob es gleich von den Fiſchern oft ge-
trunken wird. Jezzo lobt man es mit allem Rechte ge-
gen die kroͤpfige Geſchwuͤlſte in England, wie ich davor
halte. Denn ich habe wirklich geſehen, und dieſes mehr
als einmal, daß Leute, die Kroͤpfe hatten, von Marſelge
geheilt zuruͤkke gekommen, indem ſo gar die Seeluft die
Kraft gehabt, die Stokkungen der Schilddruͤfe auf-
zuloͤſen.

Eben ſo uͤbergehe ich die mit mineraliſchen Theilen
angefuͤllte Gewaͤſſer, ob ſie gleich die Stelle der natuͤrli-
chen Waſſer vertreten koͤnnen. Auch die Gemſen trin-
ken aus den Valderianiſchen warmen Baͤdern (y).

§. 22.
Der Wein.

Es mag aus Wolluſt, oder aus Notwendigkeit ge-
ſchehen ſein, ſo haben ſich die Menſchen faſt uͤberall in der
ganzen Welt, eine Art von Getraͤnke ausfuͤndig gemacht,
welches, wie ihre Sprache iſt, die Lebensgeiſter ſtaͤrkt,
oder ermuͤdeten und hinfaͤlligen Perſonen eine Munter-
keit eingieſſet, und endlich einen Rauſch macht, oder einen
luſtigen Wahnwizz auf kurze Zeit verurſacht. Dieſer
Trieb iſt ſehr alt, und eine weſentliche Neigung, die alle
Himmelsſtriche mit einander gemein haben. Selbſt in
dem aͤuſſerſten Winkel der Erde, auf Kamtſchatka, haben

die
(x) [Spaltenumbruch] K. Swensk. Wezensk. Acad.
1757. p.
185.
(y) [Spaltenumbruch] VALISNER T. II. p.
517.
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[352[368]/0388] Der Magen. XIX. Buch. macht. Es iſt merenteils hart, und ungeſchikkt die Seife aufzuloͤſen, und die Huͤlſenfruͤchte weich zu kochen. Ob ſchon die Waſſer der Teiche aus dem reinſten Ge- waͤſſer herkommen, und durchſichtig zu ſein ſcheinen, ſo werden ſie doch von der Sonne beſchienen, geſchmakklos, und matt zu trinken. Jch uͤbergehe das Meerwaſſer, ob man es gleich trin- ken kann (x), und ob es gleich von den Fiſchern oft ge- trunken wird. Jezzo lobt man es mit allem Rechte ge- gen die kroͤpfige Geſchwuͤlſte in England, wie ich davor halte. Denn ich habe wirklich geſehen, und dieſes mehr als einmal, daß Leute, die Kroͤpfe hatten, von Marſelge geheilt zuruͤkke gekommen, indem ſo gar die Seeluft die Kraft gehabt, die Stokkungen der Schilddruͤfe auf- zuloͤſen. Eben ſo uͤbergehe ich die mit mineraliſchen Theilen angefuͤllte Gewaͤſſer, ob ſie gleich die Stelle der natuͤrli- chen Waſſer vertreten koͤnnen. Auch die Gemſen trin- ken aus den Valderianiſchen warmen Baͤdern (y). §. 22. Der Wein. Es mag aus Wolluſt, oder aus Notwendigkeit ge- ſchehen ſein, ſo haben ſich die Menſchen faſt uͤberall in der ganzen Welt, eine Art von Getraͤnke ausfuͤndig gemacht, welches, wie ihre Sprache iſt, die Lebensgeiſter ſtaͤrkt, oder ermuͤdeten und hinfaͤlligen Perſonen eine Munter- keit eingieſſet, und endlich einen Rauſch macht, oder einen luſtigen Wahnwizz auf kurze Zeit verurſacht. Dieſer Trieb iſt ſehr alt, und eine weſentliche Neigung, die alle Himmelsſtriche mit einander gemein haben. Selbſt in dem aͤuſſerſten Winkel der Erde, auf Kamtſchatka, haben die (x) K. Swensk. Wezensk. Acad. 1757. p. 185. (y) VALISNER T. II. p. 517.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 352[368]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/388>, abgerufen am 26.04.2024.