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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
Das XXXV. Capitul/

Exempel unverschämter und Disputir-süchtigen Menschen/
die aber mit Schimpff und Spott von einem Christlichen Lehrer abge-
wiesen und widerleget werden.

VOr sothane Mühwaltung sagete ihm der Po-
desta
hertzlichen Danck/ und als darauf die
Tafel abgenommen ward/ nahmen sie unter
freundlicher Dancksagung höflichen Abschied/ und
giengen ihres Weges. Auf der Strassen vernahmen
sie bald/ daß eine Disputation in einem Collegio für-
gieng/ dahero erhuben sie sich dahin/ und höreten ein
wenig zu/ funden aber die Materie, worüber man di-
sputi
rte/ von keiner sonderlichen Importantz/ deßwe-
gen giengen sie vor der Stadt ein wenig spatzieren/
und discurrirten von der verspürten grossen Disputir-
sucht deß Respondenten in der angehörten Disputa-
tion,
worvon ihnen etliche von den übrigen Zuhörern
viel zu erzehlen wusten.

Um die Zeit in etwas zu kürtzen/ ließ sich Klin-
genfeld durch Gelegenheit dieses unverschämten Di-
sputant
en in folgenden Discurs herauß: Die Jenigen/
so sich mit andern in eine Disputation einlassen wol-
len/ haben neben andern Stücken diese folgende von-
nöthen: Erstlich/ daß sie nicht auß Un-Chriftlichem
Ehrgeitz oder Hadersucht/ sondern auß Liebe der
Warheit solchen Meynungs-Kampff eintretten.
2. Ein Gemüth mit sich bringen/ daß eben so demü-
thig sey/ sich unterweisen zu lassen/ als willig zu unter-
weisen. 3. Jhren Gegen-Streiter mit Gedult und
Sanfftmuth fein anhören/ denselben bescheidentlich/
wo es vonnöthen scheinet/ widerlegen/ nicht höhnisch
halten/ noch den Grobianum spielen/ als wordurch sie
ihn nur von ihrer Meynung desto weiter abziehen/ je
verhasseter ihm ihre grobe tölpische Un-Art dardurch
wird. Dann solches können auch die Spitz-Buben/

und
Deß Academiſchen
Das XXXV. Capitul/

Exempel unverſchaͤmter und Diſputir-ſuͤchtigen Menſchen/
die aber mit Schimpff und Spott von einem Chriſtlichen Lehrer abge-
wieſen und widerleget werden.

VOr ſothane Muͤhwaltung ſagete ihm der Po-
deſtà
hertzlichen Danck/ und als darauf die
Tafel abgenommen ward/ nahmen ſie unter
freundlicher Danckſagung hoͤflichen Abſchied/ und
giengen ihres Weges. Auf der Straſſen vernahmen
ſie bald/ daß eine Diſputation in einem Collegio fuͤr-
gieng/ dahero erhuben ſie ſich dahin/ und hoͤreten ein
wenig zu/ funden aber die Materie, woruͤber man di-
ſputi
rte/ von keiner ſonderlichen Importantz/ deßwe-
gen giengen ſie vor der Stadt ein wenig ſpatzieren/
und diſcurrirten von der verſpuͤrten groſſen Diſputir-
ſucht deß Reſpondenten in der angehoͤrten Diſputa-
tion,
worvon ihnen etliche von den uͤbrigen Zuhoͤrern
viel zu erzehlen wuſten.

Um die Zeit in etwas zu kuͤrtzen/ ließ ſich Klin-
genfeld durch Gelegenheit dieſes unverſchaͤmten Di-
ſputant
en in folgenden Diſcurs herauß: Die Jenigen/
ſo ſich mit andern in eine Diſputation einlaſſen wol-
len/ haben neben andern Stuͤcken dieſe folgende von-
noͤthen: Erſtlich/ daß ſie nicht auß Un-Chriftlichem
Ehrgeitz oder Haderſucht/ ſondern auß Liebe der
Warheit ſolchen Meynungs-Kampff eintretten.
2. Ein Gemuͤth mit ſich bringen/ daß eben ſo demuͤ-
thig ſey/ ſich unterweiſen zu laſſen/ als willig zu unter-
weiſen. 3. Jhren Gegen-Streiter mit Gedult und
Sanfftmuth fein anhoͤren/ denſelben beſcheidentlich/
wo es vonnoͤthen ſcheinet/ widerlegen/ nicht hoͤhniſch
halten/ noch den Grobianum ſpielen/ als wordurch ſie
ihn nur von ihrer Meynung deſto weiter abziehen/ je
verhaſſeter ihm ihre grobe toͤlpiſche Un-Art dardurch
wird. Dann ſolches koͤnnen auch die Spitz-Buben/

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[410/0424] Deß Academiſchen Das XXXV. Capitul/ Exempel unverſchaͤmter und Diſputir-ſuͤchtigen Menſchen/ die aber mit Schimpff und Spott von einem Chriſtlichen Lehrer abge- wieſen und widerleget werden. VOr ſothane Muͤhwaltung ſagete ihm der Po- deſtà hertzlichen Danck/ und als darauf die Tafel abgenommen ward/ nahmen ſie unter freundlicher Danckſagung hoͤflichen Abſchied/ und giengen ihres Weges. Auf der Straſſen vernahmen ſie bald/ daß eine Diſputation in einem Collegio fuͤr- gieng/ dahero erhuben ſie ſich dahin/ und hoͤreten ein wenig zu/ funden aber die Materie, woruͤber man di- ſputirte/ von keiner ſonderlichen Importantz/ deßwe- gen giengen ſie vor der Stadt ein wenig ſpatzieren/ und diſcurrirten von der verſpuͤrten groſſen Diſputir- ſucht deß Reſpondenten in der angehoͤrten Diſputa- tion, worvon ihnen etliche von den uͤbrigen Zuhoͤrern viel zu erzehlen wuſten. Um die Zeit in etwas zu kuͤrtzen/ ließ ſich Klin- genfeld durch Gelegenheit dieſes unverſchaͤmten Di- ſputanten in folgenden Diſcurs herauß: Die Jenigen/ ſo ſich mit andern in eine Diſputation einlaſſen wol- len/ haben neben andern Stuͤcken dieſe folgende von- noͤthen: Erſtlich/ daß ſie nicht auß Un-Chriftlichem Ehrgeitz oder Haderſucht/ ſondern auß Liebe der Warheit ſolchen Meynungs-Kampff eintretten. 2. Ein Gemuͤth mit ſich bringen/ daß eben ſo demuͤ- thig ſey/ ſich unterweiſen zu laſſen/ als willig zu unter- weiſen. 3. Jhren Gegen-Streiter mit Gedult und Sanfftmuth fein anhoͤren/ denſelben beſcheidentlich/ wo es vonnoͤthen ſcheinet/ widerlegen/ nicht hoͤhniſch halten/ noch den Grobianum ſpielen/ als wordurch ſie ihn nur von ihrer Meynung deſto weiter abziehen/ je verhaſſeter ihm ihre grobe toͤlpiſche Un-Art dardurch wird. Dann ſolches koͤnnen auch die Spitz-Buben/ und

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/424>, abgerufen am 26.04.2024.