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Hering, Ewald: Zur Lehre vom Lichtsinne. Zweiter, unveränderter Abdruck. Wien, 1878.

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so stiege die Helligkeit auf [Formel 1] ..., d. i. nur
etwa um die Hälfte des vorigen Zuwachses.

Je größer überhaupt das Gewicht der schon be-
stehenden Empfindung ist, ein desto größerer D-
Zuwachs ist, unveränderte A vorausgesetzt, erfor-
derlich, um eine eben merkliche Veränderung dieser
Empfindung herbeizuführen
.

Wollen wir als Maaß der Empfindlichkeit den
kleinsten Reizzuwachs benützen, welcher eine eben
merkliche Helligkeitszunahme einer gegebenen Em-
pfindung bedingt, so haben wir also außer der D-
Erregbarkeit und der Helligkeit der Empfindung,

auf welche man bisher allein Rücksicht genommen hat, auch
noch das Gewicht der anfänglichen Empfindung und
die etwaige gleichzeitige Änderung der Assimili-
rungsgröße mit zu berücksichtigen
. Daß endlich auch
noch der sonstige psychophysische oder psychische Zustand in
Betracht kommt, versteht sich von selbst.

§. 31.
Über den Zustand und die Empfindungen des Seh-
organes nach längerem Aufenthalte im Finstern
.

Da auch das durch längere Zeit vor jedem äußern Reize
geschützte Sehorgan uns nicht die Empfindung eines absoluten
Schwarz, sondern viel hellere Empfindungen gibt, so war man,
um diese als Eigenlicht oder als innerer Lichtnebel bezeichneten
Empfindungen zu erklären, zur Annahme stetig fortwirkender
innerer Reize genöthigt, und folgerecht ergab sich hieraus der
Satz, daß das Sehorgan sich nie im Zustande voll-
ständiger "Ruhe" befindet
.

Von vornherein war ferner wahrscheinlich, daß das voll-
ständig verfinsterte Sehorgan sich schließlich mit den sogenannten
inneren Reizen derart in's Gleichgewicht setzen werde, daß sich
eine gewisse Constanz seines Zustandes und insbesondere ein an-
näherndes Gleichbleiben seiner Empfindlichkeit herstellen werde.
Denn während man annahm, daß die äußeren Reize die Netz-

so stiege die Helligkeit auf [Formel 1] …, d. i. nur
etwa um die Hälfte des vorigen Zuwachses.

Je größer überhaupt das Gewicht der schon be-
stehenden Empfindung ist, ein desto größerer D-
Zuwachs ist, unveränderte A vorausgesetzt, erfor-
derlich, um eine eben merkliche Veränderung dieser
Empfindung herbeizuführen
.

Wollen wir als Maaß der Empfindlichkeit den
kleinsten Reizzuwachs benützen, welcher eine eben
merkliche Helligkeitszunahme einer gegebenen Em-
pfindung bedingt, so haben wir also außer der D-
Erregbarkeit und der Helligkeit der Empfindung,

auf welche man bisher allein Rücksicht genommen hat, auch
noch das Gewicht der anfänglichen Empfindung und
die etwaige gleichzeitige Änderung der Assimili-
rungsgröße mit zu berücksichtigen
. Daß endlich auch
noch der sonstige psychophysische oder psychische Zustand in
Betracht kommt, versteht sich von selbst.

§. 31.
Über den Zustand und die Empfindungen des Seh-
organes nach längerem Aufenthalte im Finstern
.

Da auch das durch längere Zeit vor jedem äußern Reize
geschützte Sehorgan uns nicht die Empfindung eines absoluten
Schwarz, sondern viel hellere Empfindungen gibt, so war man,
um diese als Eigenlicht oder als innerer Lichtnebel bezeichneten
Empfindungen zu erklären, zur Annahme stetig fortwirkender
innerer Reize genöthigt, und folgerecht ergab sich hieraus der
Satz, daß das Sehorgan sich nie im Zustande voll-
ständiger „Ruhe“ befindet
.

Von vornherein war ferner wahrscheinlich, daß das voll-
ständig verfinsterte Sehorgan sich schließlich mit den sogenannten
inneren Reizen derart in’s Gleichgewicht setzen werde, daß sich
eine gewisse Constanz seines Zustandes und insbesondere ein an-
näherndes Gleichbleiben seiner Empfindlichkeit herstellen werde.
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[87/0095] so stiege die Helligkeit auf [FORMEL] …, d. i. nur etwa um die Hälfte des vorigen Zuwachses. Je größer überhaupt das Gewicht der schon be- stehenden Empfindung ist, ein desto größerer D- Zuwachs ist, unveränderte A vorausgesetzt, erfor- derlich, um eine eben merkliche Veränderung dieser Empfindung herbeizuführen. Wollen wir als Maaß der Empfindlichkeit den kleinsten Reizzuwachs benützen, welcher eine eben merkliche Helligkeitszunahme einer gegebenen Em- pfindung bedingt, so haben wir also außer der D- Erregbarkeit und der Helligkeit der Empfindung, auf welche man bisher allein Rücksicht genommen hat, auch noch das Gewicht der anfänglichen Empfindung und die etwaige gleichzeitige Änderung der Assimili- rungsgröße mit zu berücksichtigen. Daß endlich auch noch der sonstige psychophysische oder psychische Zustand in Betracht kommt, versteht sich von selbst. §. 31. Über den Zustand und die Empfindungen des Seh- organes nach längerem Aufenthalte im Finstern. Da auch das durch längere Zeit vor jedem äußern Reize geschützte Sehorgan uns nicht die Empfindung eines absoluten Schwarz, sondern viel hellere Empfindungen gibt, so war man, um diese als Eigenlicht oder als innerer Lichtnebel bezeichneten Empfindungen zu erklären, zur Annahme stetig fortwirkender innerer Reize genöthigt, und folgerecht ergab sich hieraus der Satz, daß das Sehorgan sich nie im Zustande voll- ständiger „Ruhe“ befindet. Von vornherein war ferner wahrscheinlich, daß das voll- ständig verfinsterte Sehorgan sich schließlich mit den sogenannten inneren Reizen derart in’s Gleichgewicht setzen werde, daß sich eine gewisse Constanz seines Zustandes und insbesondere ein an- näherndes Gleichbleiben seiner Empfindlichkeit herstellen werde. Denn während man annahm, daß die äußeren Reize die Netz-

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Zitationshilfe: Hering, Ewald: Zur Lehre vom Lichtsinne. Zweiter, unveränderter Abdruck. Wien, 1878, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hering_lichtsinn_1878/95>, abgerufen am 19.03.2024.