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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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Wohnung zu. Der Graf und ich waren beym
Hingang ein Paar. Beym Rückwege schloß
sich der Prediger uns an. Ich bückte mich tief
gegen den Haufen Begleiter und Begleiterin-
nen. -- Jedes, das mich ansahe, bedaurte mei-
nen Verlust, und schien es zu empfinden, was
ich verloren hatte, ohne daß es jemand, aus-
ser dem Pfarrhause eigentlich wuste.

Der Graf wolte mir seine Einrichtung
(wie er bemerkte, mich zu zerstreuen,) noch
näher eröfnen, und fieng schon an, daß sein
Bette wie ein Gewölbe gestaltet, und daß in
den Zimmern, die er selbst unmittelbar inhätte,
Urnen und Särger der Zierrath wären; al-
lein ich weiß selbst nicht, wie er auf einmal
auf die unverbrennliche Lampe, das ewi-
ge Grabesfeur,
fiel. Er versicherte mich, daß
er schon sehr lange auf diese Art Lampen ge-
dacht hätte, welche man zuweilen in den alten
Gräbern angetroffen haben will, die ohne Oel-
zuguß eine so lange Zeit gebrannt hätten. Der
gute Graf hatte noch manches von diesem
ewigen Grabesfeur, wie ers nannte, zu sa-
gen. Wie's mir vorkam, hatte der Graf Lust
die Sache zu Künsten zu rechnen, die durch
die Zeit verloren gegangen, (si fabula vera)
-- und siehe da! Ein keichender Bote mit

einem

Wohnung zu. Der Graf und ich waren beym
Hingang ein Paar. Beym Ruͤckwege ſchloß
ſich der Prediger uns an. Ich buͤckte mich tief
gegen den Haufen Begleiter und Begleiterin-
nen. — Jedes, das mich anſahe, bedaurte mei-
nen Verluſt, und ſchien es zu empfinden, was
ich verloren hatte, ohne daß es jemand, auſ-
ſer dem Pfarrhauſe eigentlich wuſte.

Der Graf wolte mir ſeine Einrichtung
(wie er bemerkte, mich zu zerſtreuen,) noch
naͤher eroͤfnen, und fieng ſchon an, daß ſein
Bette wie ein Gewoͤlbe geſtaltet, und daß in
den Zimmern, die er ſelbſt unmittelbar inhaͤtte,
Urnen und Saͤrger der Zierrath waͤren; al-
lein ich weiß ſelbſt nicht, wie er auf einmal
auf die unverbrennliche Lampe, das ewi-
ge Grabesfeur,
fiel. Er verſicherte mich, daß
er ſchon ſehr lange auf dieſe Art Lampen ge-
dacht haͤtte, welche man zuweilen in den alten
Graͤbern angetroffen haben will, die ohne Oel-
zuguß eine ſo lange Zeit gebrannt haͤtten. Der
gute Graf hatte noch manches von dieſem
ewigen Grabesfeur, wie ers nannte, zu ſa-
gen. Wie’s mir vorkam, hatte der Graf Luſt
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[634/0648] Wohnung zu. Der Graf und ich waren beym Hingang ein Paar. Beym Ruͤckwege ſchloß ſich der Prediger uns an. Ich buͤckte mich tief gegen den Haufen Begleiter und Begleiterin- nen. — Jedes, das mich anſahe, bedaurte mei- nen Verluſt, und ſchien es zu empfinden, was ich verloren hatte, ohne daß es jemand, auſ- ſer dem Pfarrhauſe eigentlich wuſte. Der Graf wolte mir ſeine Einrichtung (wie er bemerkte, mich zu zerſtreuen,) noch naͤher eroͤfnen, und fieng ſchon an, daß ſein Bette wie ein Gewoͤlbe geſtaltet, und daß in den Zimmern, die er ſelbſt unmittelbar inhaͤtte, Urnen und Saͤrger der Zierrath waͤren; al- lein ich weiß ſelbſt nicht, wie er auf einmal auf die unverbrennliche Lampe, das ewi- ge Grabesfeur, fiel. Er verſicherte mich, daß er ſchon ſehr lange auf dieſe Art Lampen ge- dacht haͤtte, welche man zuweilen in den alten Graͤbern angetroffen haben will, die ohne Oel- zuguß eine ſo lange Zeit gebrannt haͤtten. Der gute Graf hatte noch manches von dieſem ewigen Grabesfeur, wie ers nannte, zu ſa- gen. Wie’s mir vorkam, hatte der Graf Luſt die Sache zu Kuͤnſten zu rechnen, die durch die Zeit verloren gegangen, (ſi fabula vera) — und ſiehe da! Ein keichender Bote mit einem

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 634. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/648>, abgerufen am 26.04.2024.