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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

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oder vermehret werden. Folglich kann
er die Geschöpffe nicht lieben, weil er durch
sie vollkommener würde, sondern weil in
ihm schon solche Vollkommenheiten von
Ewigkeit her befindlich, die ihn dazu an-
treiben. Es leuchtet nemlich unter seinen
Vollkommenheiten eine unendliche Gütig-
keit hervor, vermöge welcher er eine we-
sentliche Geneigheit hat sich an dem Seyn
der Geschöpffe zu vergnügen, und selbige
väterlich zu lieben, ohne daß er dadurch
vollkommener wird und neue Vorzüge er-
hält.

§. 8.
Wem
zum be-
sten GOtt
die Welt
gemacht?

Hieraus ist denn aber klar, daß GOtt
die Geschöpffe liebet und sich an ihren
Vollkommenheiten vergnüget, nicht sich,
sondern dem Geschöpff zum besten. Folg-
lich hat er auch nicht seine Vollkommen-
heiten zu vermehren gesucht, da er die
Welt gemacht, sondern seine Neigung ist
gewesen Dinge, die in dem Nichts verbor-
gen lagen, zu etwas zu machen, und an
densolben seine Herrlichkeit und Ehre zu
offenbahren, damit selbige dadurch einiger
Vollkommenheiten möchten fähig werden.
Er hat also nicht sich, sondern dem Geschöpff
zu gute geschaffen. GOtt ist das voll-

kommenste





oder vermehret werden. Folglich kann
er die Geſchoͤpffe nicht lieben, weil er durch
ſie vollkommener wuͤrde, ſondern weil in
ihm ſchon ſolche Vollkommenheiten von
Ewigkeit her befindlich, die ihn dazu an-
treiben. Es leuchtet nemlich unter ſeinen
Vollkommenheiten eine unendliche Guͤtig-
keit hervor, vermoͤge welcher er eine we-
ſentliche Geneigheit hat ſich an dem Seyn
der Geſchoͤpffe zu vergnuͤgen, und ſelbige
vaͤterlich zu lieben, ohne daß er dadurch
vollkommener wird und neue Vorzuͤge er-
haͤlt.

§. 8.
Wem
zum be-
ſten GOtt
die Welt
gemacht?

Hieraus iſt denn aber klar, daß GOtt
die Geſchoͤpffe liebet und ſich an ihren
Vollkommenheiten vergnuͤget, nicht ſich,
ſondern dem Geſchoͤpff zum beſten. Folg-
lich hat er auch nicht ſeine Vollkommen-
heiten zu vermehren geſucht, da er die
Welt gemacht, ſondern ſeine Neigung iſt
geweſen Dinge, die in dem Nichts verbor-
gen lagen, zu etwas zu machen, und an
denſolben ſeine Herrlichkeit und Ehre zu
offenbahren, damit ſelbige dadurch einiger
Vollkommenheiten moͤchten faͤhig werden.
Er hat alſo nicht ſich, ſondern dem Geſchoͤpff
zu gute geſchaffen. GOtt iſt das voll-

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[22/0058] oder vermehret werden. Folglich kann er die Geſchoͤpffe nicht lieben, weil er durch ſie vollkommener wuͤrde, ſondern weil in ihm ſchon ſolche Vollkommenheiten von Ewigkeit her befindlich, die ihn dazu an- treiben. Es leuchtet nemlich unter ſeinen Vollkommenheiten eine unendliche Guͤtig- keit hervor, vermoͤge welcher er eine we- ſentliche Geneigheit hat ſich an dem Seyn der Geſchoͤpffe zu vergnuͤgen, und ſelbige vaͤterlich zu lieben, ohne daß er dadurch vollkommener wird und neue Vorzuͤge er- haͤlt. §. 8. Hieraus iſt denn aber klar, daß GOtt die Geſchoͤpffe liebet und ſich an ihren Vollkommenheiten vergnuͤget, nicht ſich, ſondern dem Geſchoͤpff zum beſten. Folg- lich hat er auch nicht ſeine Vollkommen- heiten zu vermehren geſucht, da er die Welt gemacht, ſondern ſeine Neigung iſt geweſen Dinge, die in dem Nichts verbor- gen lagen, zu etwas zu machen, und an denſolben ſeine Herrlichkeit und Ehre zu offenbahren, damit ſelbige dadurch einiger Vollkommenheiten moͤchten faͤhig werden. Er hat alſo nicht ſich, ſondern dem Geſchoͤpff zu gute geſchaffen. GOtt iſt das voll- kommenſte

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/58>, abgerufen am 26.04.2024.