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Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743.

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und nicht unverschämt seyn kan, so muß er
oftmals sein Vorhaben fahren lassen, und
lieber ein Soldat oder Comödiant, als ein
Prediger werden.
Herr v. R. Vielleicht findet er auch in diesen
Ständen viel eher Gelegenheit, vernünftig
zu leben, als in einem ehrwürdigen Amte - - -
Aber da kommt Peter, was mag er mit
den Büchern wollen?
Vierter Auftritt.
Vorige, Peter, mit einen Folianten.
Peter. Hier bring ich meines Herren Gelehr-
samkeit vorangetragen, er selbst wird gleich
nachkommen.
Wahrm. Was? eures Herrn Gelehrsamkeit?
Peter. Ja freylich, denn seine Postillen sind sei-
ne Gelehrsamkeit, sein Chorrock ist seine
Frömmigkeit, und seine Besoldung sein
Reichthum.
Wahrm. Jst denn euer Herr nicht auch gelehrt,
wenn er gleich die Postillen nicht bey sich
hat?
Peter. Eben so wenig, als ich und sein Pflug-
ochse.
Wahrm. Und die Frömmigkeit läßt er mit dem
Chorrocke in der Kirche?
Peter. Nicht anders, denn wozu hat er sie bey
seiner Köchin nöthig?
Herr v. R. Warum habt ihr aber diese Bücher
hieher tragen müssen?
Peter. Mein Herr will eine Betstunde mit der
Fräu-
G 4


und nicht unverſchaͤmt ſeyn kan, ſo muß er
oftmals ſein Vorhaben fahren laſſen, und
lieber ein Soldat oder Comoͤdiant, als ein
Prediger werden.
Herr v. R. Vielleicht findet er auch in dieſen
Staͤnden viel eher Gelegenheit, vernuͤnftig
zu leben, als in einem ehrwuͤrdigen Amte ‒ ‒ ‒
Aber da kommt Peter, was mag er mit
den Buͤchern wollen?
Vierter Auftritt.
Vorige, Peter, mit einen Folianten.
Peter. Hier bring ich meines Herren Gelehr-
ſamkeit vorangetragen, er ſelbſt wird gleich
nachkommen.
Wahrm. Was? eures Herrn Gelehrſamkeit?
Peter. Ja freylich, denn ſeine Poſtillen ſind ſei-
ne Gelehrſamkeit, ſein Chorrock iſt ſeine
Froͤmmigkeit, und ſeine Beſoldung ſein
Reichthum.
Wahrm. Jſt denn euer Herr nicht auch gelehrt,
wenn er gleich die Poſtillen nicht bey ſich
hat?
Peter. Eben ſo wenig, als ich und ſein Pflug-
ochſe.
Wahrm. Und die Froͤmmigkeit laͤßt er mit dem
Chorrocke in der Kirche?
Peter. Nicht anders, denn wozu hat er ſie bey
ſeiner Koͤchin noͤthig?
Herr v. R. Warum habt ihr aber dieſe Buͤcher
hieher tragen muͤſſen?
Peter. Mein Herr will eine Betſtunde mit der
Fraͤu-
G 4
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[103/0107] und nicht unverſchaͤmt ſeyn kan, ſo muß er oftmals ſein Vorhaben fahren laſſen, und lieber ein Soldat oder Comoͤdiant, als ein Prediger werden. Herr v. R. Vielleicht findet er auch in dieſen Staͤnden viel eher Gelegenheit, vernuͤnftig zu leben, als in einem ehrwuͤrdigen Amte ‒ ‒ ‒ Aber da kommt Peter, was mag er mit den Buͤchern wollen? Vierter Auftritt. Vorige, Peter, mit einen Folianten. Peter. Hier bring ich meines Herren Gelehr- ſamkeit vorangetragen, er ſelbſt wird gleich nachkommen. Wahrm. Was? eures Herrn Gelehrſamkeit? Peter. Ja freylich, denn ſeine Poſtillen ſind ſei- ne Gelehrſamkeit, ſein Chorrock iſt ſeine Froͤmmigkeit, und ſeine Beſoldung ſein Reichthum. Wahrm. Jſt denn euer Herr nicht auch gelehrt, wenn er gleich die Poſtillen nicht bey ſich hat? Peter. Eben ſo wenig, als ich und ſein Pflug- ochſe. Wahrm. Und die Froͤmmigkeit laͤßt er mit dem Chorrocke in der Kirche? Peter. Nicht anders, denn wozu hat er ſie bey ſeiner Koͤchin noͤthig? Herr v. R. Warum habt ihr aber dieſe Buͤcher hieher tragen muͤſſen? Peter. Mein Herr will eine Betſtunde mit der Fraͤu- G 4

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Zitationshilfe: Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_geistliche_1743/107>, abgerufen am 26.04.2024.