Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833.

Bild:
<< vorherige Seite

aber trotz seiner extremen Handelsweise, die ihn oft vor¬
übergehend lächerlich gemacht hat, steht er in dem Rufe
großer Klugheit, und alle Welt ist der Meinung, daß er
sich jetzt mit jungen Geistern Ihrer Art umgiebt, da¬
mit er der Zeit vorausgehoben werde. Nach dem, was
jetzt in Frankreich vorgefallen, scheint es ihm wirklich
wieder gelungen zu sein, denn ich kenne ja Ihre libe¬
rale Richtung, die wahrscheinlich auch Ihre Freunde
theilen. Man spricht neben der Julirevolution nur vom
Grafen Topf und seinem historischen Treffer, und Sie
werden wahrscheinlich bald mehrere der hiesigen Notabi¬
litäten auf Grünschloß sehen, welche das Terrain recog¬
nosciren wollen. Das wird des Grafen größte Freude
sein. Sein Vermögen ist zwar durch seine kühne Art
zu leben ein Wenig erschüttert, aber noch keinesweges
zerrüttet, und er wird bei der Vermählung seiner Tochter
keiner andern Rücksicht folgen, als sie dem historisch mo¬
dernsten Manne zu geben. Stand, Vermögen wird gar
nicht in Betracht kommen, schon weil es jetzt Mode
wird, die sogenannten geistigen Vorzüge im Gegensatz
zu den herkömmlichen allein zu beachten. Von dieser
Seite also, werther Freund, steht Ihnen gar nichts im
Wege, wenn Sie Absichten auf die schöne Alberta ha¬

aber trotz ſeiner extremen Handelsweiſe, die ihn oft vor¬
übergehend lächerlich gemacht hat, ſteht er in dem Rufe
großer Klugheit, und alle Welt iſt der Meinung, daß er
ſich jetzt mit jungen Geiſtern Ihrer Art umgiebt, da¬
mit er der Zeit vorausgehoben werde. Nach dem, was
jetzt in Frankreich vorgefallen, ſcheint es ihm wirklich
wieder gelungen zu ſein, denn ich kenne ja Ihre libe¬
rale Richtung, die wahrſcheinlich auch Ihre Freunde
theilen. Man ſpricht neben der Julirevolution nur vom
Grafen Topf und ſeinem hiſtoriſchen Treffer, und Sie
werden wahrſcheinlich bald mehrere der hieſigen Notabi¬
litäten auf Grünſchloß ſehen, welche das Terrain recog¬
nosciren wollen. Das wird des Grafen größte Freude
ſein. Sein Vermögen iſt zwar durch ſeine kühne Art
zu leben ein Wenig erſchüttert, aber noch keinesweges
zerrüttet, und er wird bei der Vermählung ſeiner Tochter
keiner andern Rückſicht folgen, als ſie dem hiſtoriſch mo¬
dernſten Manne zu geben. Stand, Vermögen wird gar
nicht in Betracht kommen, ſchon weil es jetzt Mode
wird, die ſogenannten geiſtigen Vorzüge im Gegenſatz
zu den herkömmlichen allein zu beachten. Von dieſer
Seite alſo, werther Freund, ſteht Ihnen gar nichts im
Wege, wenn Sie Abſichten auf die ſchöne Alberta ha¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0021" n="9"/>
aber trotz &#x017F;einer extremen Handelswei&#x017F;e, die ihn oft vor¬<lb/>
übergehend lächerlich gemacht hat, &#x017F;teht er in dem Rufe<lb/>
großer Klugheit, und alle Welt i&#x017F;t der Meinung, daß er<lb/>
&#x017F;ich jetzt mit jungen Gei&#x017F;tern Ihrer Art umgiebt, da¬<lb/>
mit er der Zeit vorausgehoben werde. Nach dem, was<lb/>
jetzt in Frankreich vorgefallen, &#x017F;cheint es ihm wirklich<lb/>
wieder gelungen zu &#x017F;ein, denn ich kenne ja Ihre libe¬<lb/>
rale Richtung, die wahr&#x017F;cheinlich auch Ihre Freunde<lb/>
theilen. Man &#x017F;pricht neben der Julirevolution nur vom<lb/>
Grafen Topf und &#x017F;einem hi&#x017F;tori&#x017F;chen Treffer, und Sie<lb/>
werden wahr&#x017F;cheinlich bald mehrere der hie&#x017F;igen Notabi¬<lb/>
litäten auf Grün&#x017F;chloß &#x017F;ehen, welche das Terrain recog¬<lb/>
nosciren wollen. Das wird des Grafen größte Freude<lb/>
&#x017F;ein. Sein Vermögen i&#x017F;t zwar durch &#x017F;eine kühne Art<lb/>
zu leben ein Wenig er&#x017F;chüttert, aber noch keinesweges<lb/>
zerrüttet, und er wird bei der Vermählung &#x017F;einer Tochter<lb/>
keiner andern Rück&#x017F;icht folgen, als &#x017F;ie dem hi&#x017F;tori&#x017F;ch mo¬<lb/>
dern&#x017F;ten Manne zu geben. Stand, Vermögen wird gar<lb/>
nicht in Betracht kommen, &#x017F;chon weil es jetzt Mode<lb/>
wird, die &#x017F;ogenannten gei&#x017F;tigen Vorzüge im Gegen&#x017F;atz<lb/>
zu den herkömmlichen allein zu beachten. Von die&#x017F;er<lb/>
Seite al&#x017F;o, werther Freund, &#x017F;teht Ihnen gar nichts im<lb/>
Wege, wenn Sie Ab&#x017F;ichten auf die &#x017F;chöne Alberta ha¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0021] aber trotz ſeiner extremen Handelsweiſe, die ihn oft vor¬ übergehend lächerlich gemacht hat, ſteht er in dem Rufe großer Klugheit, und alle Welt iſt der Meinung, daß er ſich jetzt mit jungen Geiſtern Ihrer Art umgiebt, da¬ mit er der Zeit vorausgehoben werde. Nach dem, was jetzt in Frankreich vorgefallen, ſcheint es ihm wirklich wieder gelungen zu ſein, denn ich kenne ja Ihre libe¬ rale Richtung, die wahrſcheinlich auch Ihre Freunde theilen. Man ſpricht neben der Julirevolution nur vom Grafen Topf und ſeinem hiſtoriſchen Treffer, und Sie werden wahrſcheinlich bald mehrere der hieſigen Notabi¬ litäten auf Grünſchloß ſehen, welche das Terrain recog¬ nosciren wollen. Das wird des Grafen größte Freude ſein. Sein Vermögen iſt zwar durch ſeine kühne Art zu leben ein Wenig erſchüttert, aber noch keinesweges zerrüttet, und er wird bei der Vermählung ſeiner Tochter keiner andern Rückſicht folgen, als ſie dem hiſtoriſch mo¬ dernſten Manne zu geben. Stand, Vermögen wird gar nicht in Betracht kommen, ſchon weil es jetzt Mode wird, die ſogenannten geiſtigen Vorzüge im Gegenſatz zu den herkömmlichen allein zu beachten. Von dieſer Seite alſo, werther Freund, ſteht Ihnen gar nichts im Wege, wenn Sie Abſichten auf die ſchöne Alberta ha¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0102_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0102_1833/21
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0102_1833/21>, abgerufen am 26.04.2024.