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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.
demnach mit der Windspannung sich steigern. Für einen Hochofen-
betrieb wird das Kapselgebläse deshalb niemals das Cylindergebläse
ersetzen können; beim Cupolofenbetriebe in Bessemerhütten kann es,
zumal wenn ein Reservegebläse vorhanden ist, an Stelle des Cylinder-
gebläses recht wohl benutzt werden, und es gewährt hierbei den Vor-
theil geringerer Anlagekosten und geringerer Raumbeanspruchung; in
den Eisengiessereien hat es mit voller Berechtigung das ältere Centri-
fugalgebläse bereits vielfach verdrängt.

Eine Berechnung der vom Gebläse gelieferten Wind-
menge
ist beim Cupolofenbetriebe nur möglich, wenn man die Menge
des per Minute verbrannten Kohlenstoffs und die Zusammensetzung
der Gichtgase als Mittel für die Berechnung benutzt. Eine Berechnung
aus Windspannung und Einströmungsquerschnitt würde hier, wo die
Windspannung zum allergrössten Theile durch die Gasspannung im
Ofeninnern hervorgerufen wird, vollständig falsche, unbrauchbare Er-
gebnisse liefern. Nach Fischer's oben mitgetheilten Analysen der
Cupolofen-Gichtgase kann man annehmen, dass dieselben bei den Oefen
der Jetztzeit durchschnittlich 21 Gewichtstheile Kohlensäure, 5.3 Ge-
wichtstheile Kohlenoxyd und 73.7 Gewichtstheile Stickstoff enthalten.
Aus dem Verhältnisse des Kohlensäure- zum Kohlenoxydgehalte würde
sich als erforderliche Luftmenge zur Verbrennung von 1 kg Kohlenstoff
73/4 cbm ergeben; aus dem Verhältnisse des Stickstoff- zum Kohlen-
stoffgehalte dagegen würden sich 9.1 cbm ergeben. Im Durchschnitte
wird man also rechnen können, dass im Cupolofen per 1 kg ver-
brannter Kohle
(natürlich excl. Asche, Wasser u. s. w.) 8.5 cbm
atmosphärischer Luft vom Gebläse zugeführt werden müssen.

Der Betrieb der Cupolöfen.

Derselbe ist ziemlich einfach. Nachdem der Schacht und Herd
reparirt worden sind, entzündet man auf dem Boden des Herdes ein
Feuer aus Holz, Torf oder dergleichen, schüttet dann allmählich Koks
in die Gluth, damit auch diese sich entzünden, und füllt nun den Ofen
bis etwa zur Hälfte seiner Höhe mit Koks. Durch das noch offene Stich-
loch, sowie durch etwa offen gelassene Visiröffnungen kann inzwischen
von aussen her Luft zuströmen, um das Feuer zu unterhalten. Sind die
Koks vor den Windöffnungen in volle Gluth gekommen, so kann der Ofen
mit abwechselnden Gichten von Koks und Roheisen vollständig gefüllt
und dann das Gebläse angelassen werden. Man bläst sogleich mit voller
Spannung. Das Stichloch bleibt vorläufig noch geöffnet, damit ein Theil
der Gase hier entweiche und den Herd anwärme. Erst wenn das Roh-
eisen anfängt auszufliessen, wird das Stichloch geschlossen.

Jeder Koksgicht giebt man eine gewisse Menge zu feinen Stücken
zerpochten Kalksteines bei, um die Koksasche und den an den Roh-
eisenstücken haftenden Sand zu verschlacken. Die Menge des Zuschlag-
kalksteines kann per Gewichtstheil Koksasche zwei bis zwei und einhalb
Gewichtstheil Kalkstein betragen. Dass bei zu geringem Kalkstein-
zuschlage das Roheisen leicht Schwefel aus dem Brennstoffe aufnimmt,
wurde schon früher erwähnt.

Das Verhältniss zwischen Roheisen- und Koksgichten richtet sich

Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.
demnach mit der Windspannung sich steigern. Für einen Hochofen-
betrieb wird das Kapselgebläse deshalb niemals das Cylindergebläse
ersetzen können; beim Cupolofenbetriebe in Bessemerhütten kann es,
zumal wenn ein Reservegebläse vorhanden ist, an Stelle des Cylinder-
gebläses recht wohl benutzt werden, und es gewährt hierbei den Vor-
theil geringerer Anlagekosten und geringerer Raumbeanspruchung; in
den Eisengiessereien hat es mit voller Berechtigung das ältere Centri-
fugalgebläse bereits vielfach verdrängt.

Eine Berechnung der vom Gebläse gelieferten Wind-
menge
ist beim Cupolofenbetriebe nur möglich, wenn man die Menge
des per Minute verbrannten Kohlenstoffs und die Zusammensetzung
der Gichtgase als Mittel für die Berechnung benutzt. Eine Berechnung
aus Windspannung und Einströmungsquerschnitt würde hier, wo die
Windspannung zum allergrössten Theile durch die Gasspannung im
Ofeninnern hervorgerufen wird, vollständig falsche, unbrauchbare Er-
gebnisse liefern. Nach Fischer’s oben mitgetheilten Analysen der
Cupolofen-Gichtgase kann man annehmen, dass dieselben bei den Oefen
der Jetztzeit durchschnittlich 21 Gewichtstheile Kohlensäure, 5.3 Ge-
wichtstheile Kohlenoxyd und 73.7 Gewichtstheile Stickstoff enthalten.
Aus dem Verhältnisse des Kohlensäure- zum Kohlenoxydgehalte würde
sich als erforderliche Luftmenge zur Verbrennung von 1 kg Kohlenstoff
7¾ cbm ergeben; aus dem Verhältnisse des Stickstoff- zum Kohlen-
stoffgehalte dagegen würden sich 9.1 cbm ergeben. Im Durchschnitte
wird man also rechnen können, dass im Cupolofen per 1 kg ver-
brannter Kohle
(natürlich excl. Asche, Wasser u. s. w.) 8.5 cbm
atmosphärischer Luft vom Gebläse zugeführt werden müssen.

Der Betrieb der Cupolöfen.

Derselbe ist ziemlich einfach. Nachdem der Schacht und Herd
reparirt worden sind, entzündet man auf dem Boden des Herdes ein
Feuer aus Holz, Torf oder dergleichen, schüttet dann allmählich Koks
in die Gluth, damit auch diese sich entzünden, und füllt nun den Ofen
bis etwa zur Hälfte seiner Höhe mit Koks. Durch das noch offene Stich-
loch, sowie durch etwa offen gelassene Visiröffnungen kann inzwischen
von aussen her Luft zuströmen, um das Feuer zu unterhalten. Sind die
Koks vor den Windöffnungen in volle Gluth gekommen, so kann der Ofen
mit abwechselnden Gichten von Koks und Roheisen vollständig gefüllt
und dann das Gebläse angelassen werden. Man bläst sogleich mit voller
Spannung. Das Stichloch bleibt vorläufig noch geöffnet, damit ein Theil
der Gase hier entweiche und den Herd anwärme. Erst wenn das Roh-
eisen anfängt auszufliessen, wird das Stichloch geschlossen.

Jeder Koksgicht giebt man eine gewisse Menge zu feinen Stücken
zerpochten Kalksteines bei, um die Koksasche und den an den Roh-
eisenstücken haftenden Sand zu verschlacken. Die Menge des Zuschlag-
kalksteines kann per Gewichtstheil Koksasche zwei bis zwei und einhalb
Gewichtstheil Kalkstein betragen. Dass bei zu geringem Kalkstein-
zuschlage das Roheisen leicht Schwefel aus dem Brennstoffe aufnimmt,
wurde schon früher erwähnt.

Das Verhältniss zwischen Roheisen- und Koksgichten richtet sich

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[614/0678] Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens. demnach mit der Windspannung sich steigern. Für einen Hochofen- betrieb wird das Kapselgebläse deshalb niemals das Cylindergebläse ersetzen können; beim Cupolofenbetriebe in Bessemerhütten kann es, zumal wenn ein Reservegebläse vorhanden ist, an Stelle des Cylinder- gebläses recht wohl benutzt werden, und es gewährt hierbei den Vor- theil geringerer Anlagekosten und geringerer Raumbeanspruchung; in den Eisengiessereien hat es mit voller Berechtigung das ältere Centri- fugalgebläse bereits vielfach verdrängt. Eine Berechnung der vom Gebläse gelieferten Wind- menge ist beim Cupolofenbetriebe nur möglich, wenn man die Menge des per Minute verbrannten Kohlenstoffs und die Zusammensetzung der Gichtgase als Mittel für die Berechnung benutzt. Eine Berechnung aus Windspannung und Einströmungsquerschnitt würde hier, wo die Windspannung zum allergrössten Theile durch die Gasspannung im Ofeninnern hervorgerufen wird, vollständig falsche, unbrauchbare Er- gebnisse liefern. Nach Fischer’s oben mitgetheilten Analysen der Cupolofen-Gichtgase kann man annehmen, dass dieselben bei den Oefen der Jetztzeit durchschnittlich 21 Gewichtstheile Kohlensäure, 5.3 Ge- wichtstheile Kohlenoxyd und 73.7 Gewichtstheile Stickstoff enthalten. Aus dem Verhältnisse des Kohlensäure- zum Kohlenoxydgehalte würde sich als erforderliche Luftmenge zur Verbrennung von 1 kg Kohlenstoff 7¾ cbm ergeben; aus dem Verhältnisse des Stickstoff- zum Kohlen- stoffgehalte dagegen würden sich 9.1 cbm ergeben. Im Durchschnitte wird man also rechnen können, dass im Cupolofen per 1 kg ver- brannter Kohle (natürlich excl. Asche, Wasser u. s. w.) 8.5 cbm atmosphärischer Luft vom Gebläse zugeführt werden müssen. Der Betrieb der Cupolöfen. Derselbe ist ziemlich einfach. Nachdem der Schacht und Herd reparirt worden sind, entzündet man auf dem Boden des Herdes ein Feuer aus Holz, Torf oder dergleichen, schüttet dann allmählich Koks in die Gluth, damit auch diese sich entzünden, und füllt nun den Ofen bis etwa zur Hälfte seiner Höhe mit Koks. Durch das noch offene Stich- loch, sowie durch etwa offen gelassene Visiröffnungen kann inzwischen von aussen her Luft zuströmen, um das Feuer zu unterhalten. Sind die Koks vor den Windöffnungen in volle Gluth gekommen, so kann der Ofen mit abwechselnden Gichten von Koks und Roheisen vollständig gefüllt und dann das Gebläse angelassen werden. Man bläst sogleich mit voller Spannung. Das Stichloch bleibt vorläufig noch geöffnet, damit ein Theil der Gase hier entweiche und den Herd anwärme. Erst wenn das Roh- eisen anfängt auszufliessen, wird das Stichloch geschlossen. Jeder Koksgicht giebt man eine gewisse Menge zu feinen Stücken zerpochten Kalksteines bei, um die Koksasche und den an den Roh- eisenstücken haftenden Sand zu verschlacken. Die Menge des Zuschlag- kalksteines kann per Gewichtstheil Koksasche zwei bis zwei und einhalb Gewichtstheil Kalkstein betragen. Dass bei zu geringem Kalkstein- zuschlage das Roheisen leicht Schwefel aus dem Brennstoffe aufnimmt, wurde schon früher erwähnt. Das Verhältniss zwischen Roheisen- und Koksgichten richtet sich

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 614. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/678>, abgerufen am 26.04.2024.