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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Von Kriegsverträgen.
und 17ten Jahrhunderte findet man noch manche Beyspiele der-
selben bey den nordischen Mächten. Aber zwischen den übrigen
christlichen europäischen Mächten waren sie schon im 17ten Jahr-
hundert selten, doch enthält der 12jährige Waffenstillstand zwi-
schen Spanien und den Niederländern von 1609, und der auf
20 Jahr verabredete Waffenstillstand zwischen dem Kaiser, Frank-
reich und Spanien 1684 Beyspiele davon. Jetzt hat diese Sitte
sich nur noch im Verhältnisse mit den Türken erhalten, die nach
ihren Religionsgrundsätzen sich für verpflichtet halten keinen ewigen
Frieden mit den Christen zu schließen; doch haben sie in neueren
Zeiten davon hin und wieder Ausnahmen machen müssen, wie
denn z. B. die neuesten Verträge zu Sistow und Jassy 1791 ewige
Friedensschlüsse sind. S. hiervon überhaupt v. Steck von den
Friedensschlüssen der Osmannischen Pforte in dessen Versuch
über erhebliche Gegenstände
1772. n. 9.
§. 289.
Art mit dem Feinde in Verhandlungen zu treten.

Da während des Krieges der Regel nach, alles Ver-
kehr mit dem Feinde abgebrochen ist, so war es nothwen-
dig gewisse Mittel einzuführen um sich ihm wieder nähern
und mit ihm in Verhandlungen treten zu können. In
dieser Rücksicht sind 1) gewisse Zeichen als Merkmahle an-
genommen, daß man die Einstellung der Feindseligkeiten
begehre und verspreche, und unterhandeln wolle. Dahin
gehört das Aushängen einer weissen Fahne von Seiten
eines belagerten Orts und die Antwort mit dem Trommel-
schlag aus den Trancheen; das Abnehmen der Kriegs-
und Aufstecken einer weissen Flagge in Seegefechten, als
ein Zeichen, daß das Schiff sich ergeben wolle, 2) werden
statt der ehemahls üblichen Herolde a) jetzt die Trompeter
und Tambour, wenn sie an den Feind abgeschickt wer-
den, und ihr gewöhnliches Zeichen geben, oder mit einem
besondren Friedenszeichen versehen sind, als Friedensboten
betrachtet, die der Feind zwar abweisen, aber nicht verletzen
darf, so lange sie sich nicht von ihren Pflichten entfernen b).

Sie
X 5
Von Kriegsvertraͤgen.
und 17ten Jahrhunderte findet man noch manche Beyſpiele der-
ſelben bey den nordiſchen Maͤchten. Aber zwiſchen den uͤbrigen
chriſtlichen europaͤiſchen Maͤchten waren ſie ſchon im 17ten Jahr-
hundert ſelten, doch enthaͤlt der 12jaͤhrige Waffenſtillſtand zwi-
ſchen Spanien und den Niederlaͤndern von 1609, und der auf
20 Jahr verabredete Waffenſtillſtand zwiſchen dem Kaiſer, Frank-
reich und Spanien 1684 Beyſpiele davon. Jetzt hat dieſe Sitte
ſich nur noch im Verhaͤltniſſe mit den Tuͤrken erhalten, die nach
ihren Religionsgrundſaͤtzen ſich fuͤr verpflichtet halten keinen ewigen
Frieden mit den Chriſten zu ſchließen; doch haben ſie in neueren
Zeiten davon hin und wieder Ausnahmen machen muͤſſen, wie
denn z. B. die neueſten Vertraͤge zu Siſtow und Jaſſy 1791 ewige
Friedensſchluͤſſe ſind. S. hiervon uͤberhaupt v. Steck von den
Friedensſchluͤſſen der Osmanniſchen Pforte in deſſen Verſuch
uͤber erhebliche Gegenſtaͤnde
1772. n. 9.
§. 289.
Art mit dem Feinde in Verhandlungen zu treten.

Da waͤhrend des Krieges der Regel nach, alles Ver-
kehr mit dem Feinde abgebrochen iſt, ſo war es nothwen-
dig gewiſſe Mittel einzufuͤhren um ſich ihm wieder naͤhern
und mit ihm in Verhandlungen treten zu koͤnnen. In
dieſer Ruͤckſicht ſind 1) gewiſſe Zeichen als Merkmahle an-
genommen, daß man die Einſtellung der Feindſeligkeiten
begehre und verſpreche, und unterhandeln wolle. Dahin
gehoͤrt das Aushaͤngen einer weiſſen Fahne von Seiten
eines belagerten Orts und die Antwort mit dem Trommel-
ſchlag aus den Tranchéen; das Abnehmen der Kriegs-
und Aufſtecken einer weiſſen Flagge in Seegefechten, als
ein Zeichen, daß das Schiff ſich ergeben wolle, 2) werden
ſtatt der ehemahls uͤblichen Herolde a) jetzt die Trompeter
und Tambour, wenn ſie an den Feind abgeſchickt wer-
den, und ihr gewoͤhnliches Zeichen geben, oder mit einem
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[329/0357] Von Kriegsvertraͤgen. b⁾ und 17ten Jahrhunderte findet man noch manche Beyſpiele der- ſelben bey den nordiſchen Maͤchten. Aber zwiſchen den uͤbrigen chriſtlichen europaͤiſchen Maͤchten waren ſie ſchon im 17ten Jahr- hundert ſelten, doch enthaͤlt der 12jaͤhrige Waffenſtillſtand zwi- ſchen Spanien und den Niederlaͤndern von 1609, und der auf 20 Jahr verabredete Waffenſtillſtand zwiſchen dem Kaiſer, Frank- reich und Spanien 1684 Beyſpiele davon. Jetzt hat dieſe Sitte ſich nur noch im Verhaͤltniſſe mit den Tuͤrken erhalten, die nach ihren Religionsgrundſaͤtzen ſich fuͤr verpflichtet halten keinen ewigen Frieden mit den Chriſten zu ſchließen; doch haben ſie in neueren Zeiten davon hin und wieder Ausnahmen machen muͤſſen, wie denn z. B. die neueſten Vertraͤge zu Siſtow und Jaſſy 1791 ewige Friedensſchluͤſſe ſind. S. hiervon uͤberhaupt v. Steck von den Friedensſchluͤſſen der Osmanniſchen Pforte in deſſen Verſuch uͤber erhebliche Gegenſtaͤnde 1772. n. 9. §. 289. Art mit dem Feinde in Verhandlungen zu treten. Da waͤhrend des Krieges der Regel nach, alles Ver- kehr mit dem Feinde abgebrochen iſt, ſo war es nothwen- dig gewiſſe Mittel einzufuͤhren um ſich ihm wieder naͤhern und mit ihm in Verhandlungen treten zu koͤnnen. In dieſer Ruͤckſicht ſind 1) gewiſſe Zeichen als Merkmahle an- genommen, daß man die Einſtellung der Feindſeligkeiten begehre und verſpreche, und unterhandeln wolle. Dahin gehoͤrt das Aushaͤngen einer weiſſen Fahne von Seiten eines belagerten Orts und die Antwort mit dem Trommel- ſchlag aus den Tranchéen; das Abnehmen der Kriegs- und Aufſtecken einer weiſſen Flagge in Seegefechten, als ein Zeichen, daß das Schiff ſich ergeben wolle, 2) werden ſtatt der ehemahls uͤblichen Herolde a) jetzt die Trompeter und Tambour, wenn ſie an den Feind abgeſchickt wer- den, und ihr gewoͤhnliches Zeichen geben, oder mit einem beſondren Friedenszeichen verſehen ſind, als Friedensboten betrachtet, die der Feind zwar abweiſen, aber nicht verletzen darf, ſo lange ſie ſich nicht von ihren Pflichten entfernen b). Sie X 5

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/357>, abgerufen am 26.04.2024.