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Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.

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Das Auge des Blinden.
Durch das Marktgedräng von Namur
Stelzt ein narb'ger armer Krüppel.
-- "Leute, bringt mich zu Don Juan!"
-- "Schweigst du wohl, da ist Don Juan!"
"Schweigst du wohl, da ist Don Juan!"
In des Volkes Gasse reitet
Ein Gespenst am hellen Tage:
Don Juan der Oesterreicher --
Don Juan der Oesterreicher,
Der im Wein das Gift getrunken
König Philipps, seines Bruders,
Und Don Juan kennt den Mörder.
Seinen Mörder kennt Don Juan,
Auch den armen Krüppel kennt er,
Der den Bügel ihm betastet,
Der die Hand ihm deckt mit Küssen --
Der ihm deckt die Hand mit Küssen:
"Bin zerfetzt wie eine Fahne!
Wohne jetzt in Barcelona --
Braves Volk, bei meiner Ehre!
Das Auge des Blinden.
Durch das Marktgedräng von Namur
Stelzt ein narb'ger armer Krüppel.
— „Leute, bringt mich zu Don Juan!“
— „Schweigſt du wohl, da iſt Don Juan!“
„Schweigſt du wohl, da iſt Don Juan!“
In des Volkes Gaſſe reitet
Ein Geſpenſt am hellen Tage:
Don Juan der Oeſterreicher —
Don Juan der Oeſterreicher,
Der im Wein das Gift getrunken
König Philipps, ſeines Bruders,
Und Don Juan kennt den Mörder.
Seinen Mörder kennt Don Juan,
Auch den armen Krüppel kennt er,
Der den Bügel ihm betaſtet,
Der die Hand ihm deckt mit Küſſen —
Der ihm deckt die Hand mit Küſſen:
„Bin zerfetzt wie eine Fahne!
Wohne jetzt in Barcelona —
Braves Volk, bei meiner Ehre!
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[313/0327] Das Auge des Blinden. Durch das Marktgedräng von Namur Stelzt ein narb'ger armer Krüppel. — „Leute, bringt mich zu Don Juan!“ — „Schweigſt du wohl, da iſt Don Juan!“ „Schweigſt du wohl, da iſt Don Juan!“ In des Volkes Gaſſe reitet Ein Geſpenſt am hellen Tage: Don Juan der Oeſterreicher — Don Juan der Oeſterreicher, Der im Wein das Gift getrunken König Philipps, ſeines Bruders, Und Don Juan kennt den Mörder. Seinen Mörder kennt Don Juan, Auch den armen Krüppel kennt er, Der den Bügel ihm betaſtet, Der die Hand ihm deckt mit Küſſen — Der ihm deckt die Hand mit Küſſen: „Bin zerfetzt wie eine Fahne! Wohne jetzt in Barcelona — Braves Volk, bei meiner Ehre!

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/327>, abgerufen am 26.04.2024.