Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

Bild:
<< vorherige Seite
Osnabrücksche Geschichte
ben äusserte sich besonders bey diesem Rückzuge. ib. c. 7.
Jnzwischen mogten die Longobarden vetuli Saxonum a-
mici,
die Grundsätze der Sassen nicht mißbilligen, in-
dem sie sich damals nach dem Tode Alboins 12 Feld-
herrn, wovon jeder nur ein Jahr regierte, erwählteu.
FREDEG. Chron. c. 45. MON. FLOR. III. 17. H.
CONTRACT. ad ann.
576.
(d) Sie werden daher allezeit paganissimi & pervicacissimi ge-
nannt.
(e) Es ist hier der Ort nicht um den Geist des alten Aber-
glaubens zu zeigen. Es dient auch dermalen zu nichts,
da unsre Gesetzgeber die grosse Kunst verstehen, die Ehr-
lichkeit bey Strafe des Zucht hauses und Vestungs-
baues zu befehlen; und die Landesverordnungen in eben
dem Ton zu fassen welchen ein Herr gegen seine Knechte
gebrauchen kann. Sonst liesse sich eine vortrefliche Pa-
rallele zwischen den Mitteln, wodurch die Alten freye
Menschen zum gemeinen Wohl leiteten, und den neuern,
wodurch alle Empfindung der Ehre niedergeschlagen
wird, entwerfen, und zeigen daß das Kind welches die
Schärfe seines Messers den Engeln zu gefallen auf die
Seite legt, edler geführet werde, als dasjenige, welches
mit Schlägen dazu angehalten wird. Der Aberglaube
der Sassen war auf diese Art in die politische Verfas-
sung geflochten, wie ich ein andermal zeigen werde.
§. 108.
Carls Grösse und Absichten.

Carl durfte wohl wünschen sein Reich bis an die
Elbe zu erweitern. Diese Ausdehnung ergänzte den
Zirkel, in dessen Mittelpunkt er ohnedem seine Haupt-
macht (a) halten muste. Er war also großmüthig an
der Weser und grausam an der Elbe, (b) weil er
dort erobern, und hier zerstören wollte. Ob seine
Unternehmungen gerecht oder ungerecht gewesen, ist

nach
Oſnabruͤckſche Geſchichte
ben aͤuſſerte ſich beſonders bey dieſem Ruͤckzuge. ib. c. 7.
Jnzwiſchen mogten die Longobarden vetuli Saxonum a-
mici,
die Grundſaͤtze der Saſſen nicht mißbilligen, in-
dem ſie ſich damals nach dem Tode Alboins 12 Feld-
herrn, wovon jeder nur ein Jahr regierte, erwaͤhlteu.
FREDEG. Chron. c. 45. MON. FLOR. III. 17. H.
CONTRACT. ad ann.
576.
(d) Sie werden daher allezeit paganiſſimi & pervicaciſſimi ge-
nannt.
(e) Es iſt hier der Ort nicht um den Geiſt des alten Aber-
glaubens zu zeigen. Es dient auch dermalen zu nichts,
da unſre Geſetzgeber die groſſe Kunſt verſtehen, die Ehr-
lichkeit bey Strafe des Zucht hauſes und Veſtungs-
baues zu befehlen; und die Landesverordnungen in eben
dem Ton zu faſſen welchen ein Herr gegen ſeine Knechte
gebrauchen kann. Sonſt lieſſe ſich eine vortrefliche Pa-
rallele zwiſchen den Mitteln, wodurch die Alten freye
Menſchen zum gemeinen Wohl leiteten, und den neuern,
wodurch alle Empfindung der Ehre niedergeſchlagen
wird, entwerfen, und zeigen daß das Kind welches die
Schaͤrfe ſeines Meſſers den Engeln zu gefallen auf die
Seite legt, edler gefuͤhret werde, als dasjenige, welches
mit Schlaͤgen dazu angehalten wird. Der Aberglaube
der Saſſen war auf dieſe Art in die politiſche Verfaſ-
ſung geflochten, wie ich ein andermal zeigen werde.
§. 108.
Carls Groͤſſe und Abſichten.

Carl durfte wohl wuͤnſchen ſein Reich bis an die
Elbe zu erweitern. Dieſe Ausdehnung ergaͤnzte den
Zirkel, in deſſen Mittelpunkt er ohnedem ſeine Haupt-
macht (a) halten muſte. Er war alſo großmuͤthig an
der Weſer und grauſam an der Elbe, (b) weil er
dort erobern, und hier zerſtoͤren wollte. Ob ſeine
Unternehmungen gerecht oder ungerecht geweſen, iſt

nach
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <note place="end" n="(c)"><pb facs="#f0254" n="224"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">O&#x017F;nabru&#x0364;ck&#x017F;che Ge&#x017F;chichte</hi></fw><lb/>
ben a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erte &#x017F;ich be&#x017F;onders bey die&#x017F;em Ru&#x0364;ckzuge. <hi rendition="#aq">ib. c.</hi> 7.<lb/>
Jnzwi&#x017F;chen mogten die Longobarden <hi rendition="#aq">vetuli <hi rendition="#i">S</hi>axonum a-<lb/>
mici,</hi> die Grund&#x017F;a&#x0364;tze der Sa&#x017F;&#x017F;en nicht mißbilligen, in-<lb/>
dem &#x017F;ie &#x017F;ich damals nach dem Tode Alboins 12 Feld-<lb/>
herrn, wovon jeder nur ein Jahr regierte, erwa&#x0364;hlteu.<lb/><hi rendition="#aq">FREDEG. Chron. c. 45. MON. FLOR. III. 17. H.<lb/>
CONTRACT. ad ann.</hi> 576.</note><lb/>
          <note place="end" n="(d)">Sie werden daher allezeit <hi rendition="#aq">pagani&#x017F;&#x017F;imi &amp; pervicaci&#x017F;&#x017F;imi</hi> ge-<lb/>
nannt.</note><lb/>
          <note place="end" n="(e)">Es i&#x017F;t hier der Ort nicht um den Gei&#x017F;t des alten Aber-<lb/>
glaubens zu zeigen. Es dient auch dermalen zu nichts,<lb/>
da un&#x017F;re Ge&#x017F;etzgeber die gro&#x017F;&#x017F;e Kun&#x017F;t ver&#x017F;tehen, die Ehr-<lb/>
lichkeit bey Strafe des Zucht hau&#x017F;es und Ve&#x017F;tungs-<lb/>
baues zu befehlen; und die Landesverordnungen in eben<lb/>
dem Ton zu fa&#x017F;&#x017F;en welchen ein Herr gegen &#x017F;eine Knechte<lb/>
gebrauchen kann. Son&#x017F;t lie&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich eine vortrefliche Pa-<lb/>
rallele zwi&#x017F;chen den Mitteln, wodurch die Alten freye<lb/>
Men&#x017F;chen zum gemeinen Wohl leiteten, und den neuern,<lb/>
wodurch alle Empfindung der Ehre niederge&#x017F;chlagen<lb/>
wird, entwerfen, und zeigen daß das Kind welches die<lb/>
Scha&#x0364;rfe &#x017F;eines Me&#x017F;&#x017F;ers den Engeln zu gefallen auf die<lb/>
Seite legt, edler gefu&#x0364;hret werde, als dasjenige, welches<lb/>
mit Schla&#x0364;gen dazu angehalten wird. Der Aberglaube<lb/>
der Sa&#x017F;&#x017F;en war auf die&#x017F;e Art in die politi&#x017F;che Verfa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ung geflochten, wie ich ein andermal zeigen werde.</note>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 108.<lb/><hi rendition="#b">Carls Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e und Ab&#x017F;ichten.</hi></head><lb/>
          <p>Carl durfte wohl wu&#x0364;n&#x017F;chen &#x017F;ein Reich bis an die<lb/>
Elbe zu erweitern. Die&#x017F;e Ausdehnung erga&#x0364;nzte den<lb/>
Zirkel, in de&#x017F;&#x017F;en Mittelpunkt er ohnedem &#x017F;eine Haupt-<lb/>
macht <note place="end" n="(a)"/> halten mu&#x017F;te. Er war al&#x017F;o großmu&#x0364;thig an<lb/>
der We&#x017F;er und grau&#x017F;am an der Elbe, <note place="end" n="(b)"/> weil er<lb/>
dort erobern, und hier zer&#x017F;to&#x0364;ren wollte. Ob &#x017F;eine<lb/>
Unternehmungen gerecht oder ungerecht gewe&#x017F;en, i&#x017F;t<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nach</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[224/0254] Oſnabruͤckſche Geſchichte ⁽c⁾ ben aͤuſſerte ſich beſonders bey dieſem Ruͤckzuge. ib. c. 7. Jnzwiſchen mogten die Longobarden vetuli Saxonum a- mici, die Grundſaͤtze der Saſſen nicht mißbilligen, in- dem ſie ſich damals nach dem Tode Alboins 12 Feld- herrn, wovon jeder nur ein Jahr regierte, erwaͤhlteu. FREDEG. Chron. c. 45. MON. FLOR. III. 17. H. CONTRACT. ad ann. 576. ⁽d⁾ Sie werden daher allezeit paganiſſimi & pervicaciſſimi ge- nannt. ⁽e⁾ Es iſt hier der Ort nicht um den Geiſt des alten Aber- glaubens zu zeigen. Es dient auch dermalen zu nichts, da unſre Geſetzgeber die groſſe Kunſt verſtehen, die Ehr- lichkeit bey Strafe des Zucht hauſes und Veſtungs- baues zu befehlen; und die Landesverordnungen in eben dem Ton zu faſſen welchen ein Herr gegen ſeine Knechte gebrauchen kann. Sonſt lieſſe ſich eine vortrefliche Pa- rallele zwiſchen den Mitteln, wodurch die Alten freye Menſchen zum gemeinen Wohl leiteten, und den neuern, wodurch alle Empfindung der Ehre niedergeſchlagen wird, entwerfen, und zeigen daß das Kind welches die Schaͤrfe ſeines Meſſers den Engeln zu gefallen auf die Seite legt, edler gefuͤhret werde, als dasjenige, welches mit Schlaͤgen dazu angehalten wird. Der Aberglaube der Saſſen war auf dieſe Art in die politiſche Verfaſ- ſung geflochten, wie ich ein andermal zeigen werde. §. 108. Carls Groͤſſe und Abſichten. Carl durfte wohl wuͤnſchen ſein Reich bis an die Elbe zu erweitern. Dieſe Ausdehnung ergaͤnzte den Zirkel, in deſſen Mittelpunkt er ohnedem ſeine Haupt- macht ⁽a⁾ halten muſte. Er war alſo großmuͤthig an der Weſer und grauſam an der Elbe, ⁽b⁾ weil er dort erobern, und hier zerſtoͤren wollte. Ob ſeine Unternehmungen gerecht oder ungerecht geweſen, iſt nach

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/254
Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/254>, abgerufen am 26.04.2024.