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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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man aber, weil wirklich eine solche Statue im Lykeion
zu Athen stand 1, "Apollon Lycien" zu nennen ge-
wohnt ist; dann der Kitharode, entweder nackt in ver-
schiedenen Stellungen, oder in der Pythischen Stola
und einer fast theatralischen Bewegung 2. Mehr über
diese Classen und einzelne davon abgehende Darstellun-
gen, wie des Sauroktonos, Nomios, gehört nicht
hieher.

19.

Wenn sich zuletzt unsere Darstellung noch so
in die Breite verliert, daß sie die Einwirkung des
besagten Cultus auf die geistige Entwickelung der Hel-
lenen überhaupt zum Thema macht: so versteht sich,
daß diese eben so schwere als weitgreifende Aufgabe --
besonders weil jene Einwirkung, wie die organische Aus-
bildung des Cultus selbst, größtentheils jenseits der Hi-
storie liegt -- hier nichts weniger als eigentlich gelöst,
sondern blos auf eine aphoristische Weise berührt wer-
den kann. -- Wir summiren nur aus dem bisher Ge-
sagten die mit Apollinischen Festen verbundene Waffen-

1 Lukian Anach. c. 7. Auf einer Münze von Thessalonich sieht
man Ap. Pythios in dieser Stellung, und zugleich dem Lorbeer in
der R., Kithar neben sich, Bogen zu Füßen (Mionn. N. 396.),
ähnlich auf denen von Germe, Apollonia Mysiä, Chalkedon, Kos.
2 Die Statue von dieser Art PioCl. 1. tv. 13. ist nach Viscon-
tis Hypothese Copie des Palatinus von Scopas, Plin. 36, 4, 7.
Am meisten liebte man diese Bildung des Musageten in Nero's
Zeit. -- Eine merkwürdige Statue ist die von Raffei ricerche
sopra un Apolline della villa Albani
beschriebene und abgebil-
dete. Ap. sitzt, halbbekleidet, auf einem mit einem Fell bedeckten
Tripus, und legt die R. auf den Schooß (zum Küssen, wie bei
Tempelbildern oft), in der L. hält er eine Schlange, die Füße stellt
er auf die ebenfalls mit dem Fell verhüllte Cortina; neben dieser
liegt ein Löwenkopf; die Haare sind mit Lorbeer umflochten und
fallen in einem breiten Busch auf den Rücken. Der Styl ist we-
der sehr alt noch auch vorzüglich; aber die Darstellung singulär in
Vielem.

man aber, weil wirklich eine ſolche Statue im Lykeion
zu Athen ſtand 1, “Apollon Lycien” zu nennen ge-
wohnt iſt; dann der Kitharode, entweder nackt in ver-
ſchiedenen Stellungen, oder in der Pythiſchen Stola
und einer faſt theatraliſchen Bewegung 2. Mehr uͤber
dieſe Claſſen und einzelne davon abgehende Darſtellun-
gen, wie des Sauroktonos, Nomios, gehoͤrt nicht
hieher.

19.

Wenn ſich zuletzt unſere Darſtellung noch ſo
in die Breite verliert, daß ſie die Einwirkung des
beſagten Cultus auf die geiſtige Entwickelung der Hel-
lenen uͤberhaupt zum Thema macht: ſo verſteht ſich,
daß dieſe eben ſo ſchwere als weitgreifende Aufgabe —
beſonders weil jene Einwirkung, wie die organiſche Aus-
bildung des Cultus ſelbſt, groͤßtentheils jenſeits der Hi-
ſtorie liegt — hier nichts weniger als eigentlich geloͤst,
ſondern blos auf eine aphoriſtiſche Weiſe beruͤhrt wer-
den kann. — Wir ſummiren nur aus dem bisher Ge-
ſagten die mit Apolliniſchen Feſten verbundene Waffen-

1 Lukian Anach. c. 7. Auf einer Muͤnze von Theſſalonich ſieht
man Ap. Pythios in dieſer Stellung, und zugleich dem Lorbeer in
der R., Kithar neben ſich, Bogen zu Fuͤßen (Mionn. N. 396.),
aͤhnlich auf denen von Germe, Apollonia Myſiaͤ, Chalkedon, Kos.
2 Die Statue von dieſer Art PioCl. 1. tv. 13. iſt nach Viscon-
tis Hypotheſe Copie des Palatinus von Scopas, Plin. 36, 4, 7.
Am meiſten liebte man dieſe Bildung des Muſageten in Nero’s
Zeit. — Eine merkwuͤrdige Statue iſt die von Raffei ricerche
sopra un Apolline della villa Albani
beſchriebene und abgebil-
dete. Ap. ſitzt, halbbekleidet, auf einem mit einem Fell bedeckten
Tripus, und legt die R. auf den Schooß (zum Kuͤſſen, wie bei
Tempelbildern oft), in der L. haͤlt er eine Schlange, die Fuͤße ſtellt
er auf die ebenfalls mit dem Fell verhuͤllte Cortina; neben dieſer
liegt ein Loͤwenkopf; die Haare ſind mit Lorbeer umflochten und
fallen in einem breiten Buſch auf den Ruͤcken. Der Styl iſt we-
der ſehr alt noch auch vorzuͤglich; aber die Darſtellung ſingulaͤr in
Vielem.
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[363/0393] man aber, weil wirklich eine ſolche Statue im Lykeion zu Athen ſtand 1, “Apollon Lycien” zu nennen ge- wohnt iſt; dann der Kitharode, entweder nackt in ver- ſchiedenen Stellungen, oder in der Pythiſchen Stola und einer faſt theatraliſchen Bewegung 2. Mehr uͤber dieſe Claſſen und einzelne davon abgehende Darſtellun- gen, wie des Sauroktonos, Nomios, gehoͤrt nicht hieher. 19. Wenn ſich zuletzt unſere Darſtellung noch ſo in die Breite verliert, daß ſie die Einwirkung des beſagten Cultus auf die geiſtige Entwickelung der Hel- lenen uͤberhaupt zum Thema macht: ſo verſteht ſich, daß dieſe eben ſo ſchwere als weitgreifende Aufgabe — beſonders weil jene Einwirkung, wie die organiſche Aus- bildung des Cultus ſelbſt, groͤßtentheils jenſeits der Hi- ſtorie liegt — hier nichts weniger als eigentlich geloͤst, ſondern blos auf eine aphoriſtiſche Weiſe beruͤhrt wer- den kann. — Wir ſummiren nur aus dem bisher Ge- ſagten die mit Apolliniſchen Feſten verbundene Waffen- 1 Lukian Anach. c. 7. Auf einer Muͤnze von Theſſalonich ſieht man Ap. Pythios in dieſer Stellung, und zugleich dem Lorbeer in der R., Kithar neben ſich, Bogen zu Fuͤßen (Mionn. N. 396.), aͤhnlich auf denen von Germe, Apollonia Myſiaͤ, Chalkedon, Kos. 2 Die Statue von dieſer Art PioCl. 1. tv. 13. iſt nach Viscon- tis Hypotheſe Copie des Palatinus von Scopas, Plin. 36, 4, 7. Am meiſten liebte man dieſe Bildung des Muſageten in Nero’s Zeit. — Eine merkwuͤrdige Statue iſt die von Raffei ricerche sopra un Apolline della villa Albani beſchriebene und abgebil- dete. Ap. ſitzt, halbbekleidet, auf einem mit einem Fell bedeckten Tripus, und legt die R. auf den Schooß (zum Kuͤſſen, wie bei Tempelbildern oft), in der L. haͤlt er eine Schlange, die Fuͤße ſtellt er auf die ebenfalls mit dem Fell verhuͤllte Cortina; neben dieſer liegt ein Loͤwenkopf; die Haare ſind mit Lorbeer umflochten und fallen in einem breiten Buſch auf den Ruͤcken. Der Styl iſt we- der ſehr alt noch auch vorzuͤglich; aber die Darſtellung ſingulaͤr in Vielem.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/393>, abgerufen am 26.04.2024.