Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

dargelegten Zusammenhange als von Ephyra übertra-
gen anzusehen, wo der Gott größere Veranlassung zum
Schutze der bedrängten Stadt hatte, als bei Pylos 1.
Pylos aber soll Herakles zerstört haben, weil Neleus
ihn für Iphitos Mord nicht reinigen und sühnen ge-
wollt 2 -- was hernach Deiphobos beim Apollontem-
pel zu Amyklä gethan 3 -- wobei vorausgesetzt wird,
daß Oechalia, Iphitos Vaterstadt, in Messenien liege,
was, wie oben gezeigt, nicht die ursprüngliche Sa-
ge ist.

3.

Am deutlichsten ist die Rückwirkung des hi-
storisch Geschehenen auf die Mythe in der Sage zu er-
kennen: wie Herakles die Olympischen Spiele gestiftet,
da er als Sieger (Kallinikos) vom Heereszuge gegen
Augeas von Elis zurückkehrte. Die ausführlichste Er-
zählung davon giebt Pindar, und seinen Ausdrücken
nach "die sichere Kunde hat der weiterschreitende Kro-
nos verkündet" auch eine besonders authentische; viel-
leicht schöpft er, da er das Ansehn epischer Dichter
nicht so hoch anzuschlagen pflegt, aus Liedern, die zu
Olympia lokal waren 4. Darnach feiert Herakles diese
erste Olympiade gleich als ein panegyrisches Fest des

392. läßt dies unbestimmt) verwundet. vgl. Schol. Il. a. O. Ven.
11, 689. Lykophr. 39. mit Tzetz. Die Verwundung des Ares knüpft
schon der Hesiod. Schild V. 368. daran, den Kampf mit Phöhos
und Poseidon Pindar O. 9, 33. Böckh Expl. p. 189.
1 Indeß war bei Pylos Triphyliakos auch ein Heiligthum
des Hades auf B. Minthe.
2 Schol. Il. 5, 392. Ven. 2,
336. p.
65. aus Hesiods Katalogois. Diod. 4, 31.
3 Apolld.
2, 6, 2. Schol. Ven. Il. 2, 88. Marm. Farnes. p. 151.
4 O. 11, 57. Die Namen der Sieger vielleicht aus öffentl. ana-
graphais, die auch auf das Mythische zurückzugehen pflegten, wie
die der Herapriesterinnen zu Argos. Mit V. 59. vgl. Etym. M.
Daiterion en Iliadi, corr. ELEIAI, der Ort, wo Her. die
Beute des Eleischen Krieges vertheilt.

dargelegten Zuſammenhange als von Ephyra uͤbertra-
gen anzuſehen, wo der Gott groͤßere Veranlaſſung zum
Schutze der bedraͤngten Stadt hatte, als bei Pylos 1.
Pylos aber ſoll Herakles zerſtoͤrt haben, weil Neleus
ihn fuͤr Iphitos Mord nicht reinigen und ſuͤhnen ge-
wollt 2 — was hernach Deiphobos beim Apollontem-
pel zu Amyklaͤ gethan 3 — wobei vorausgeſetzt wird,
daß Oechalia, Iphitos Vaterſtadt, in Meſſenien liege,
was, wie oben gezeigt, nicht die urſpruͤngliche Sa-
ge iſt.

3.

Am deutlichſten iſt die Ruͤckwirkung des hi-
ſtoriſch Geſchehenen auf die Mythe in der Sage zu er-
kennen: wie Herakles die Olympiſchen Spiele geſtiftet,
da er als Sieger (Καλλίνικος) vom Heereszuge gegen
Augeas von Elis zuruͤckkehrte. Die ausfuͤhrlichſte Er-
zaͤhlung davon giebt Pindar, und ſeinen Ausdruͤcken
nach “die ſichere Kunde hat der weiterſchreitende Kro-
nos verkuͤndet” auch eine beſonders authentiſche; viel-
leicht ſchoͤpft er, da er das Anſehn epiſcher Dichter
nicht ſo hoch anzuſchlagen pflegt, aus Liedern, die zu
Olympia lokal waren 4. Darnach feiert Herakles dieſe
erſte Olympiade gleich als ein panegyriſches Feſt des

392. laͤßt dies unbeſtimmt) verwundet. vgl. Schol. Il. a. O. Ven.
11, 689. Lykophr. 39. mit Tzetz. Die Verwundung des Ares knuͤpft
ſchon der Heſiod. Schild V. 368. daran, den Kampf mit Phoͤhos
und Poſeidon Pindar O. 9, 33. Boͤckh Expl. p. 189.
1 Indeß war bei Pylos Triphyliakos auch ein Heiligthum
des Hades auf B. Minthe.
2 Schol. Il. 5, 392. Ven. 2,
336. p.
65. aus Heſiods Καταλόγοις. Diod. 4, 31.
3 Apolld.
2, 6, 2. Schol. Ven. Il. 2, 88. Marm. Farnes. p. 151.
4 O. 11, 57. Die Namen der Sieger vielleicht aus oͤffentl. ἀνα-
γϱαφαῖς, die auch auf das Mythiſche zuruͤckzugehen pflegten, wie
die der Heraprieſterinnen zu Argos. Mit V. 59. vgl. Etym. M.
Δαιτήϱιον ἐν Ἰλιάδι, corr. ΗΛΕΙΑΙ, der Ort, wo Her. die
Beute des Eleiſchen Krieges vertheilt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0475" n="445"/>
dargelegten Zu&#x017F;ammenhange als von Ephyra u&#x0364;bertra-<lb/>
gen anzu&#x017F;ehen, wo der Gott gro&#x0364;ßere Veranla&#x017F;&#x017F;ung zum<lb/>
Schutze der bedra&#x0364;ngten Stadt hatte, als bei Pylos <note place="foot" n="1">Indeß war bei Pylos Triphyliakos auch ein Heiligthum<lb/>
des Hades auf B. Minthe.</note>.<lb/>
Pylos aber &#x017F;oll Herakles zer&#x017F;to&#x0364;rt haben, weil Neleus<lb/>
ihn fu&#x0364;r Iphitos Mord nicht reinigen und &#x017F;u&#x0364;hnen ge-<lb/>
wollt <note place="foot" n="2">Schol. Il. 5, 392. <hi rendition="#aq">Ven. 2,<lb/>
336. p.</hi> 65. aus He&#x017F;iods &#x039A;&#x03B1;&#x03C4;&#x03B1;&#x03BB;&#x03CC;&#x03B3;&#x03BF;&#x03B9;&#x03C2;. Diod. 4, 31.</note> &#x2014; was hernach Deiphobos beim Apollontem-<lb/>
pel zu Amykla&#x0364; gethan <note place="foot" n="3">Apolld.<lb/>
2, 6, 2. <hi rendition="#aq">Schol. Ven.</hi> Il. 2, 88. <hi rendition="#aq">Marm. Farnes. p.</hi> 151.</note> &#x2014; wobei vorausge&#x017F;etzt wird,<lb/>
daß Oechalia, Iphitos Vater&#x017F;tadt, in Me&#x017F;&#x017F;enien liege,<lb/>
was, wie oben gezeigt, nicht die ur&#x017F;pru&#x0364;ngliche Sa-<lb/>
ge i&#x017F;t.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>3.</head><lb/>
              <p>Am deutlich&#x017F;ten i&#x017F;t die Ru&#x0364;ckwirkung des hi-<lb/>
&#x017F;tori&#x017F;ch Ge&#x017F;chehenen auf die Mythe in der Sage zu er-<lb/>
kennen: wie Herakles die Olympi&#x017F;chen Spiele ge&#x017F;tiftet,<lb/>
da er als Sieger (&#x039A;&#x03B1;&#x03BB;&#x03BB;&#x03AF;&#x03BD;&#x03B9;&#x03BA;&#x03BF;&#x03C2;) vom Heereszuge gegen<lb/>
Augeas von Elis zuru&#x0364;ckkehrte. Die ausfu&#x0364;hrlich&#x017F;te Er-<lb/>
za&#x0364;hlung davon giebt Pindar, und &#x017F;einen Ausdru&#x0364;cken<lb/>
nach &#x201C;die &#x017F;ichere Kunde hat der weiter&#x017F;chreitende Kro-<lb/>
nos verku&#x0364;ndet&#x201D; auch eine be&#x017F;onders authenti&#x017F;che; viel-<lb/>
leicht &#x017F;cho&#x0364;pft er, da er das An&#x017F;ehn epi&#x017F;cher Dichter<lb/>
nicht &#x017F;o hoch anzu&#x017F;chlagen pflegt, aus Liedern, die zu<lb/>
Olympia lokal waren <note place="foot" n="4">O. 11, 57. Die Namen der Sieger vielleicht aus o&#x0364;ffentl. &#x1F00;&#x03BD;&#x03B1;-<lb/>
&#x03B3;&#x03F1;&#x03B1;&#x03C6;&#x03B1;&#x1FD6;&#x03C2;, die auch auf das Mythi&#x017F;che zuru&#x0364;ckzugehen pflegten, wie<lb/>
die der Heraprie&#x017F;terinnen zu Argos. Mit V. 59. vgl. Etym. M.<lb/>
&#x0394;&#x03B1;&#x03B9;&#x03C4;&#x03AE;&#x03F1;&#x03B9;&#x03BF;&#x03BD; &#x1F10;&#x03BD; &#x1F38;&#x03BB;&#x03B9;&#x03AC;&#x03B4;&#x03B9;, <hi rendition="#aq">corr.</hi> &#x0397;&#x039B;&#x0395;&#x0399;&#x0391;&#x0399;, der Ort, wo Her. die<lb/>
Beute des Elei&#x017F;chen Krieges vertheilt.</note>. Darnach feiert Herakles die&#x017F;e<lb/>
er&#x017F;te Olympiade gleich als ein panegyri&#x017F;ches Fe&#x017F;t des<lb/><note xml:id="seg2pn_46_2" prev="#seg2pn_46_1" place="foot" n="4">392. la&#x0364;ßt dies unbe&#x017F;timmt) verwundet. vgl. Schol. Il. a. O. Ven.<lb/>
11, 689. Lykophr. 39. mit Tzetz. Die Verwundung des Ares knu&#x0364;pft<lb/>
&#x017F;chon der He&#x017F;iod. Schild V. 368. daran, den Kampf mit Pho&#x0364;hos<lb/>
und Po&#x017F;eidon Pindar O. 9, 33. Bo&#x0364;ckh <hi rendition="#aq">Expl. p.</hi> 189.</note><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[445/0475] dargelegten Zuſammenhange als von Ephyra uͤbertra- gen anzuſehen, wo der Gott groͤßere Veranlaſſung zum Schutze der bedraͤngten Stadt hatte, als bei Pylos 1. Pylos aber ſoll Herakles zerſtoͤrt haben, weil Neleus ihn fuͤr Iphitos Mord nicht reinigen und ſuͤhnen ge- wollt 2 — was hernach Deiphobos beim Apollontem- pel zu Amyklaͤ gethan 3 — wobei vorausgeſetzt wird, daß Oechalia, Iphitos Vaterſtadt, in Meſſenien liege, was, wie oben gezeigt, nicht die urſpruͤngliche Sa- ge iſt. 3. Am deutlichſten iſt die Ruͤckwirkung des hi- ſtoriſch Geſchehenen auf die Mythe in der Sage zu er- kennen: wie Herakles die Olympiſchen Spiele geſtiftet, da er als Sieger (Καλλίνικος) vom Heereszuge gegen Augeas von Elis zuruͤckkehrte. Die ausfuͤhrlichſte Er- zaͤhlung davon giebt Pindar, und ſeinen Ausdruͤcken nach “die ſichere Kunde hat der weiterſchreitende Kro- nos verkuͤndet” auch eine beſonders authentiſche; viel- leicht ſchoͤpft er, da er das Anſehn epiſcher Dichter nicht ſo hoch anzuſchlagen pflegt, aus Liedern, die zu Olympia lokal waren 4. Darnach feiert Herakles dieſe erſte Olympiade gleich als ein panegyriſches Feſt des 4 1 Indeß war bei Pylos Triphyliakos auch ein Heiligthum des Hades auf B. Minthe. 2 Schol. Il. 5, 392. Ven. 2, 336. p. 65. aus Heſiods Καταλόγοις. Diod. 4, 31. 3 Apolld. 2, 6, 2. Schol. Ven. Il. 2, 88. Marm. Farnes. p. 151. 4 O. 11, 57. Die Namen der Sieger vielleicht aus oͤffentl. ἀνα- γϱαφαῖς, die auch auf das Mythiſche zuruͤckzugehen pflegten, wie die der Heraprieſterinnen zu Argos. Mit V. 59. vgl. Etym. M. Δαιτήϱιον ἐν Ἰλιάδι, corr. ΗΛΕΙΑΙ, der Ort, wo Her. die Beute des Eleiſchen Krieges vertheilt. 4 392. laͤßt dies unbeſtimmt) verwundet. vgl. Schol. Il. a. O. Ven. 11, 689. Lykophr. 39. mit Tzetz. Die Verwundung des Ares knuͤpft ſchon der Heſiod. Schild V. 368. daran, den Kampf mit Phoͤhos und Poſeidon Pindar O. 9, 33. Boͤckh Expl. p. 189.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/475
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/475>, abgerufen am 26.04.2024.