dem andern schließen können. Noch bedeutender ist, daß Celten um das adriatische Meer, welche eine Gesandt- schaft an Alexander schickten, um ihn ohne Furcht über seinen getischen Sieg zu begrüßen (417) 30) den frü- heren Griechen unbekannt sind. Herodot (um 320) kennt nur Illyrier und Triballer in ihren späteren Wohn- sitzen: die Celten als das äußerste Volk Europas, nächst den Kyneten; die Quellen des Isters im celtischen Lande sind so unbestimmt als des Strohms Ursprung bey Py- rene. Die Triballer bewohnten in seinem Zeitalter die Ebenen des jetzigen Slavoniens und Niederungarns: sein Angrus ist offenbar der Drin: der Brongus die Sau: denn bis an den Einfluß dieses Strohms läuft das Ge- bürge am südlichen Ufer der Donau fort, und erst in Slavonien beginnt die Ebene 31). Diese Triballer aber erscheinen zwölf Jahre nach der Einnahme Roms (377. Ol. 101. 1.) in Thracien als ein auswanderndes Volk 32), aus ihrer Heimath vertrieben von den Skordiskern 33), einer Nation von jenen Gallischen die so kurze Zeit nach- her ihr ehemaliges Land bewohnen. Die Kraft einer Völkerwanderung ist in ihrem ersten Beginn am heftig- sten, langsam fortschreitend zeigt sie sich nur wo gewal- tige Massen ihr entgegenstehen: bey der Gewalt der er- sten Anstrengung ist es so wenig auffallend wenn die Celten, zwanzig Jahre nach ihrem Uebergang über die Alpen, schon ein Volk an der Mitteldonau vertrieben
30) Arrians Anab. Alex. p. 5. a. ed. Steph.
31) Herodot IV. c. 49.
32) Diodor XV. c. 36.
33) Appian Illyr. p. 758. a. ed. Steph.
dem andern ſchließen koͤnnen. Noch bedeutender iſt, daß Celten um das adriatiſche Meer, welche eine Geſandt- ſchaft an Alexander ſchickten, um ihn ohne Furcht uͤber ſeinen getiſchen Sieg zu begruͤßen (417) 30) den fruͤ- heren Griechen unbekannt ſind. Herodot (um 320) kennt nur Illyrier und Triballer in ihren ſpaͤteren Wohn- ſitzen: die Celten als das aͤußerſte Volk Europas, naͤchſt den Kyneten; die Quellen des Iſters im celtiſchen Lande ſind ſo unbeſtimmt als des Strohms Urſprung bey Py- rene. Die Triballer bewohnten in ſeinem Zeitalter die Ebenen des jetzigen Slavoniens und Niederungarns: ſein Angrus iſt offenbar der Drin: der Brongus die Sau: denn bis an den Einfluß dieſes Strohms laͤuft das Ge- buͤrge am ſuͤdlichen Ufer der Donau fort, und erſt in Slavonien beginnt die Ebene 31). Dieſe Triballer aber erſcheinen zwoͤlf Jahre nach der Einnahme Roms (377. Ol. 101. 1.) in Thracien als ein auswanderndes Volk 32), aus ihrer Heimath vertrieben von den Skordiskern 33), einer Nation von jenen Galliſchen die ſo kurze Zeit nach- her ihr ehemaliges Land bewohnen. Die Kraft einer Voͤlkerwanderung iſt in ihrem erſten Beginn am heftig- ſten, langſam fortſchreitend zeigt ſie ſich nur wo gewal- tige Maſſen ihr entgegenſtehen: bey der Gewalt der er- ſten Anſtrengung iſt es ſo wenig auffallend wenn die Celten, zwanzig Jahre nach ihrem Uebergang uͤber die Alpen, ſchon ein Volk an der Mitteldonau vertrieben
30) Arrians Anab. Alex. p. 5. a. ed. Steph.
31) Herodot IV. c. 49.
32) Diodor XV. c. 36.
33) Appian Illyr. p. 758. a. ed. Steph.
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dem andern ſchließen koͤnnen. Noch bedeutender iſt, daß
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ſeinen getiſchen Sieg zu begruͤßen (417) 30) den fruͤ-
heren Griechen unbekannt ſind. Herodot (um 320)
kennt nur Illyrier und Triballer in ihren ſpaͤteren Wohn-
ſitzen: die Celten als das aͤußerſte Volk Europas, naͤchſt
den Kyneten; die Quellen des Iſters im celtiſchen Lande
ſind ſo unbeſtimmt als des Strohms Urſprung bey Py-
rene. Die Triballer bewohnten in ſeinem Zeitalter die
Ebenen des jetzigen Slavoniens und Niederungarns: ſein
Angrus iſt offenbar der Drin: der Brongus die Sau:
denn bis an den Einfluß dieſes Strohms laͤuft das Ge-
buͤrge am ſuͤdlichen Ufer der Donau fort, und erſt in
Slavonien beginnt die Ebene 31). Dieſe Triballer aber
erſcheinen zwoͤlf Jahre nach der Einnahme Roms (377.
Ol. 101. 1.) in Thracien als ein auswanderndes Volk 32),
aus ihrer Heimath vertrieben von den Skordiskern 33),
einer Nation von jenen Galliſchen die ſo kurze Zeit nach-
her ihr ehemaliges Land bewohnen. Die Kraft einer
Voͤlkerwanderung iſt in ihrem erſten Beginn am heftig-
ſten, langſam fortſchreitend zeigt ſie ſich nur wo gewal-
tige Maſſen ihr entgegenſtehen: bey der Gewalt der er-
ſten Anſtrengung iſt es ſo wenig auffallend wenn die
Celten, zwanzig Jahre nach ihrem Uebergang uͤber die
Alpen, ſchon ein Volk an der Mitteldonau vertrieben
30) Arrians Anab. Alex. p. 5. a. ed. Steph.
31) Herodot IV. c. 49.
32) Diodor XV. c. 36.
33) Appian Illyr. p. 758. a. ed. Steph.
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/279>, abgerufen am 26.04.2024.
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