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Allgemeine Zeitung, Nr. 94, 4. April 1849.

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Die Frankfurter Zeitung bringt folgenden öffentlichen "Bericht der
unterzeichneten (56) Abgeordneten zur verfassunggebenden deutschen Natio-
nalversammlung, betreffend die Vorgänge in der Paulskirche am 27 u. 28
März 1849":

"Als Nationalvertreter sind wir Unterzeichneten verbunden
ein Zeugniß der Wahrheit vor dem deutschen Volk abzulegen von den fol-
genschweren Vorgängen des 27 und 28 März; wir halten uns dazu um so
mehr verpflichtet weil wesentliche Umstände von manchen Zeitungen ver-
schwiegen, von andern verunstaltet wurden. Obgleich in der Nationalver-
sammlung ununterbrochen anerkannt wurde daß eine Verständigung mit
den einzelnen Staaten über die Verfassungsbestimmungen stattfinden solle,
so sind doch die Bemerkungen der Regierungen in der Nationalversamm-
lung nicht zur Berathung gekommen. Unerachtet die Nationalversammlung
durch einen besondern Beschluß bestimmt hatte daß Unterhandlungen mit
dem österreichischen Ministerium gepflogen werden sollten, und das öster-
reichische Ministerium mit Vorschlägen neuerlich entgegengetommen war,
so haben die letztern doch nicht die allergeringste Berathung gefunden. Diese
Unterlassungen zu verhindern waren wir außer Stand; unsere Anträge
wurden zurückgewiesen. Bereits war die Nationalversammlung durch den
Welcker'schen Antrag, durch das ununterbrochene Bearbeiten der Presse
und durch ausgestreute Gerüchte in den Zustand höchster Aufregung ver-
setzt. Als unsere Aufgabe sahen wir es an für das gesammte Deutschland
eine Verfassungsform zu schaffen, und widerstrebten demgemäß der An-
nahme eines erblichen Kaiserthums, weil dieses die Einheit Deutschlands
auf immer zerreißend die Gesammtkraft unsers Volks vernichtet, die Frei-
heit gefährdet, die Gleichberechtigung aller Stämme verletzt, Unruhe nach
sich zieht statt Ruhe, und das Vaterland in große Gefahren stürzt. Gar
kein Mandat aber haben wir zur Erwählung einer Kaiserdynastie. Nach-
dem von der Nationalversammlung der Antrag ein erbliches Kaiserthum
einzusetzen am 23 Januar mit einer Mehrheit von 52 Stimmen und zum
zweitenmal am 21 März in dem Welcker'schen Antrag mit 31 Stimmen
Mehrheit verworfen worden war, bekam derselbe Antrag, ohne von neuem
berathen zu seyn, am 27 März bei 538 anwesenden Nationalvertretern,
eine Mehrheit von vier Stimmen. Um eine erbliche Kaisergewalt über
das deutsche Volk zu begründen, muß der Nationalwille sich unzweideuti-
ger, übereinstimmender, allseitiger äußern. Wie Stimmen dafür erlangt
wurden, das wollen hier ebensowenig beachten, als prüfen ob die Abgeord-
neten aus Schleswig über die wichtigste Frage unserer Zukunft den Aus-
schlag geben durften, nachdem in §. 1 der Verfassung am 23 März beschlos-
sen war daß "die Verhältnisse des Herzogthums Schleswig der definitiven
Anordnung vorbehalten bleiben," es mithin fraglich ist ob die demnach
nur provisorisch zugelassenen Schleswiger bei Deutschland verbleiben oder
nicht; aber erwähnen wollen wir daß gerade vier Abgeordnete aus Oester-
reich, welche den Antrag bejahten, am folgenden Tag die Erwählung ver-
weigerten. Unter den die Erblichkeit Annehmenden waren 150 Preußen,
die insofern in eigener Sache stimmten da bekannt war daß es sich allein
um die Erhebung des preußischen Königs, ihres Fürsten, zum Beherrscher
der übrigen Staaten und Stämme handle. In großer Mehrheit erklärten
sich dagegen die Abgeordneten aus Bayern (dagegen 52, dafür nur 13),
Württemberg (dagegen 19, dafür 7), Baden (dagegen 11, dafür 5),
Oesterreich (dagegen 106, dafür 4), Sachsen (dagegen 15, dafür 5). Kaum
war am Abend des 27 März die Lösung der tief einschneidenden Frage
mit der zweifelhaften Mehrheit von der anwesenden Nationalvertreter
gegeben, so kam am folgenden Tag ein Antrag über die Art der Wahl des
Kaisergeschlechts in die Nationalversammlung. Ob zu einem solchen
Wahlact die verfassunggebende Nationalversammlung beauftragt und be-
rechtigt sey, wann und wie die Erwählung vorzunehmen, in welcher Weise
die Verfassung vollzogen und verkündet werden solle, stand zu erörtern.
Mochten viele schon ihr Gewissen dadurch beschwert finden daß ihnen die
Gelegenheit genommen war durch eine Schlußabstimmung über das Ganze
des Verfassungswerks sich rechtsverbindlich auszusprechen, so wurde jetzt
eine voreilige Entschließung über die Wahlart gefordert; denn kein Be-
richt, keine Begründung der Anträge befand sich in unsern Händen. Und
doch setzt die Geschäftsordnung §. 32 ausdrücklich, nur geringfügige oder
"sehr dringende" Sachen ausnehmend, wörtlich fest: "Die Hauptverhand-
lung über einen Antrag kann nicht vor Verlauf von 24 Stunden nach des-
sen Vertheilung im Druck in der Nationalversammlung stattfinden." Erst
während der Verhandlung selbst wurde ein Blatt mit den Anträgen des
Ausschusses vertheilt und die Verhandlung schleunigst beendigt. Denn
nachdem die Versammlung nach dem Wortführer des Ausschusses einen
einzigen Redner dagegen hatte sprechen lassen, Hrn. Reichensperger, und
einen triftigen Gründen und Anführungen kein Einwand entgegengesetzt
worden, nur höhnisches Gelächter, ward den übrigen angemeldeten Red-
nern das Wort abgeschnitten und der Schluß der Verhandlung decretirt,
dann schnell durch das bei so getheilter Meinung des Parlaments unsichere
Mittel des Aufstehens und Sitzenbleibens abgestimmt -- und im Fluge
waren zehn gewichtige Anttäge über Verfassungsverkündigung und Kaiser-
wahl angenommen. Darauf wurde vom Präsidenten die Verfassung als
gültig erklärt, ohne daß ihr Wortlaut verlesen worden wäre, und sofort
zur Kaiserwahl geschritten, deren Vornahme nicht auf der Tagesordnung
angekündigt worden. Also ein dringlicher Antrag über eine Kaiserwahl!
Bei dem Namensaufruf erklärten zweihundertun dacht vierzig Ab-
geordnete daß sie nicht wählen,
290 Abgeordnete (worunter 164 aus
Preußen) wählten einen Erbkaiser. Als der letzte Abgeordnete befragt
[Spaltenumbruch] war, rief der Prästdent den König von Preußen zum Kaiser der Deutschem
aus, und hatte kaum angefangen zu sprechen als schon bestelltes Glocken-
geläute ertönte. Ein paar hundert Abgeordnete hatten theils Erklärungen
über ihre Weigerung zu wählen, theils auch Vorbehalte rücksichtlich der
von ihnen mitvorgenommenen Wahl eingereicht. Der Präsident verlas
diese nicht, zuwider dem regelmäßigen Gebrauch. Als wir ihre Verlesung
forderten, befragte er die Versammlung, deren Mehrheit die Verlesung un-
serer Erklärungen verweigerte. In drei Stunden war dieses alles abge-
macht. Wir fragen, welche Dringlichkeit der Umstände ein solches Ueber-
ftürzen rechtfertigt? Denn wir kennen keine allgewaltig zu solch betäuben-
der Hast hindrängende Noth. Die Macht der Thatsachen wird unserm
öffentlichen Widerspruch Nachdruck geben: von uns weisen wir ab die Ver-
antwortlichkeit. Im "Weidenbusch" beräth und beschließt die Partei welche
die Mehrheit besitzt: in der Paulskirche wird nicht mehr berathen, sondern
was im Weidenbusch beschlossen war, von ihr zum Beschluß der National-
versammlung erhoben. Das Gesetz der Mehrheit gilt in den Parlamenten,
aber wir glauben nimmermehr daß die in der Geschäftsordnung hingestell-
ten Vorsichtsmaßregeln, deren Zweck ist vor Uebereilung und Ungerechtig-
keit zu schützen, Vorsichtsmaßregeln die bei den untergeordnetsten Geschäf-
ten streng beobachtet werden, in so ernster und wichtiger Angelegenheit
durch Mehrheitsbeschlüsse niedergeschmettert werden dürfen. Dieß ist der
Sachverhalt und das Verfahren. Richte darüber das deutsche Volk, rich-
ten seine Regierungen und Ständeversammlungen! Frankfurt a. M.,
30 März 1849. Bothmer von Carrow für Hannover. Dr. Heinrich
Wuttke, Abg. aus Sachsen. Dr. Linde aus Mainz, Abg. von Westfalen.
Buß aus Freiburg, Abg. von Westfalen. Karl Möring, Abg. aus Wien.
v. Sommaruga, Abg. aus Eger. Dr. Kreutzberg, Abg. für Gablonz. Dr.
Polatzeck aus Weißkirch. Graf aus München. Schreiner aus Gratz. Dr.
v. Lassaulx aus München. v. Neuwall aus Brünn. Peter Kanitsch aus
Karlsberg in Kärnthen. Ignaz v. Kürsinger aus Salzburg. Karl v. Kür-
singer aus Salzburg. J. Lindner für Amstetten. J. G. Neumann. Fr.
Göbel für Jägerndorf. Rapp für Kumberg. Dr. Werner, Abg. für. Melk.
Jos. Weiß für Grinn. Weber aus Neuburg. Mally aus Marburg in
Steyermark. Knarr aus Hartberg. Schiedermayer für Vöcklabruck. Jos.
Schmidt für Scheerding. Vonbun aus Feldkirch. Gspan, Abg. für Unter-
innthal. Dr. Archer für die Umgebung Gratz. v. Beisler aus München.
Hugo, Abg. von Göttingen. Eckart aus Lohr. Kagerbauer aus Linz. Dr.
Huber aus Kaplitz. Renger. Piringer, Wahlbezirk Efferding in Ober-
österreich. Achleiter. v. Kaisersfeld aus Gratz. Riegler aus Mährisch-
Budwitz. C. Fügerl aus Kornneuburg. Lienbacher aus Goldegg. Schuler
aus Junsbruck. Friedr. Bergmüller aus Mauerkirchen in Oberösterreich.
Dr. Kerer aus Innsbruck. Anton Petzer von Bruneck. Formacher, Abg.
aus Ganobitz. v. Grundner aus Ingolstadt. Eduard Quesar, Abg. für
Leoben in Steyermark. Fr. Reindl aus Orth. Franz Möller, Abg. für
Reichenberg. Raßl, Abg. für Mieß in Böhmen. Zum Sande, Abg. aus
Lingen. Stülz aus St. Florian. Beda Weber aus Meran. Dr. Matzegger
aus Obermais in Tirol. Georg Engelmaier für Enns. Fritsch vom Wahl-
bezirke Wels. Schmerling, Abg. für Tulln."

Bayern.

Aus München berichtet die N. Münchner Ztg. vom
2 April: "Wie wir vernehmen, ist aus Anlaß der neuesten Beschlüsse der
Nationalversammlung zu Frankfurt von Seite unserer Staatsregierung
bereits eine Erklärung an den bayerischen Gesandten nach Berlin abge-
gangen mit dem Auftrage von derselben dem dortigen Cabinette Kenntniß
zu geben. Die bayerische Erklärung ist durchaus in dem Sinne gehalten,
welcher den stets ausgesprochenen und beharrlich festgehaltenen Grund-
sätzen der bayerischen Regierung und ihrer Auffassung der deutschen
Frage entspricht, also in Uebereinstimmung mit der die Einigung des ge-
sammten großen Vaterlandes anstrebenden Politik, welche sie stets befolgt
hat. Wir freuen uns darüber daß unsere Regierung ungesäumt gethan
was ihre Stellung und ihre Pflicht gegen ganz Deutschland wie gegen un-
ser engeres bayerisches Vaterland vorschrieb, und hegen das Vertrauen
daß diese Erklärung, von welcher wie wir vernehmen auch den übrigen
größeren deutschen Regierungen Mittheilung gemacht worden ist, auch bei
Preußens edlem Könige und seiner Regierung, im eigenen Interesse Preu-
ßens ebenso sehr als in dem von ganz Deutschland, Beachtung und Be-
rücksichtigung finden werde. Die nächsten Tage schon werden uns hoffent-
lich den Beweis davon bringen.


Unsere ersten Assisen gingen heute zu
Ende; die Juries*) und die Richterbank, die Staatsankläger und
die Vertheidiger haben sich dabei auf eine Weise bewährt wie es,
bei der Ungewohntheit des öffentlichen und mündlichen Gebarens in
diesen Gegenden, wohl nur wenige zu hoffen gewagt hatten. Der an
Geist und Gemüth gleich treffliche Präsident des Assisenhofs, Hr. Appel-
lationsrath Karl Gramm aus Neuburg, schloß die Verhandlungen mit

*) Luden hat "die Schwur" zu sagen vorgeschlagen, und dieses Wort --
"Schwurgericht" ist schleppend -- verdiente wohl eingeführt zu werden, da
es doch sonderbar ist eine uralt deutsche Rechtsanstalt mit einem auslän-
dischen Namen zu benennen. In der altdeutschen Rechtssprache hieß die
öffentliche Gerichtsitzung "Echteding", und der einzelne Geschworene "Schöffe".
[Spaltenumbruch]

Die Frankfurter Zeitung bringt folgenden öffentlichen „Bericht der
unterzeichneten (56) Abgeordneten zur verfaſſunggebenden deutſchen Natio-
nalverſammlung, betreffend die Vorgänge in der Paulskirche am 27 u. 28
März 1849“:

„Als Nationalvertreter ſind wir Unterzeichneten verbunden
ein Zeugniß der Wahrheit vor dem deutſchen Volk abzulegen von den fol-
genſchweren Vorgängen des 27 und 28 März; wir halten uns dazu um ſo
mehr verpflichtet weil weſentliche Umſtände von manchen Zeitungen ver-
ſchwiegen, von andern verunſtaltet wurden. Obgleich in der Nationalver-
ſammlung ununterbrochen anerkannt wurde daß eine Verſtändigung mit
den einzelnen Staaten über die Verfaſſungsbeſtimmungen ſtattfinden ſolle,
ſo ſind doch die Bemerkungen der Regierungen in der Nationalverſamm-
lung nicht zur Berathung gekommen. Unerachtet die Nationalverſammlung
durch einen beſondern Beſchluß beſtimmt hatte daß Unterhandlungen mit
dem öſterreichiſchen Miniſterium gepflogen werden ſollten, und das öſter-
reichiſche Miniſterium mit Vorſchlägen neuerlich entgegengetommen war,
ſo haben die letztern doch nicht die allergeringſte Berathung gefunden. Dieſe
Unterlaſſungen zu verhindern waren wir außer Stand; unſere Anträge
wurden zurückgewieſen. Bereits war die Nationalverſammlung durch den
Welcker’ſchen Antrag, durch das ununterbrochene Bearbeiten der Preſſe
und durch ausgeſtreute Gerüchte in den Zuſtand höchſter Aufregung ver-
ſetzt. Als unſere Aufgabe ſahen wir es an für das geſammte Deutſchland
eine Verfaſſungsform zu ſchaffen, und widerſtrebten demgemäß der An-
nahme eines erblichen Kaiſerthums, weil dieſes die Einheit Deutſchlands
auf immer zerreißend die Geſammtkraft unſers Volks vernichtet, die Frei-
heit gefährdet, die Gleichberechtigung aller Stämme verletzt, Unruhe nach
ſich zieht ſtatt Ruhe, und das Vaterland in große Gefahren ſtürzt. Gar
kein Mandat aber haben wir zur Erwählung einer Kaiſerdynaſtie. Nach-
dem von der Nationalverſammlung der Antrag ein erbliches Kaiſerthum
einzuſetzen am 23 Januar mit einer Mehrheit von 52 Stimmen und zum
zweitenmal am 21 März in dem Welcker’ſchen Antrag mit 31 Stimmen
Mehrheit verworfen worden war, bekam derſelbe Antrag, ohne von neuem
berathen zu ſeyn, am 27 März bei 538 anweſenden Nationalvertretern,
eine Mehrheit von vier Stimmen. Um eine erbliche Kaiſergewalt über
das deutſche Volk zu begründen, muß der Nationalwille ſich unzweideuti-
ger, übereinſtimmender, allſeitiger äußern. Wie Stimmen dafür erlangt
wurden, das wollen hier ebenſowenig beachten, als prüfen ob die Abgeord-
neten aus Schleswig über die wichtigſte Frage unſerer Zukunft den Aus-
ſchlag geben durften, nachdem in §. 1 der Verfaſſung am 23 März beſchloſ-
ſen war daß „die Verhältniſſe des Herzogthums Schleswig der definitiven
Anordnung vorbehalten bleiben,“ es mithin fraglich iſt ob die demnach
nur proviſoriſch zugelaſſenen Schleswiger bei Deutſchland verbleiben oder
nicht; aber erwähnen wollen wir daß gerade vier Abgeordnete aus Oeſter-
reich, welche den Antrag bejahten, am folgenden Tag die Erwählung ver-
weigerten. Unter den die Erblichkeit Annehmenden waren 150 Preußen,
die inſofern in eigener Sache ſtimmten da bekannt war daß es ſich allein
um die Erhebung des preußiſchen Königs, ihres Fürſten, zum Beherrſcher
der übrigen Staaten und Stämme handle. In großer Mehrheit erklärten
ſich dagegen die Abgeordneten aus Bayern (dagegen 52, dafür nur 13),
Württemberg (dagegen 19, dafür 7), Baden (dagegen 11, dafür 5),
Oeſterreich (dagegen 106, dafür 4), Sachſen (dagegen 15, dafür 5). Kaum
war am Abend des 27 März die Löſung der tief einſchneidenden Frage
mit der zweifelhaften Mehrheit von der anweſenden Nationalvertreter
gegeben, ſo kam am folgenden Tag ein Antrag über die Art der Wahl des
Kaiſergeſchlechts in die Nationalverſammlung. Ob zu einem ſolchen
Wahlact die verfaſſunggebende Nationalverſammlung beauftragt und be-
rechtigt ſey, wann und wie die Erwählung vorzunehmen, in welcher Weiſe
die Verfaſſung vollzogen und verkündet werden ſolle, ſtand zu erörtern.
Mochten viele ſchon ihr Gewiſſen dadurch beſchwert finden daß ihnen die
Gelegenheit genommen war durch eine Schlußabſtimmung über das Ganze
des Verfaſſungswerks ſich rechtsverbindlich auszuſprechen, ſo wurde jetzt
eine voreilige Entſchließung über die Wahlart gefordert; denn kein Be-
richt, keine Begründung der Anträge befand ſich in unſern Händen. Und
doch ſetzt die Geſchäftsordnung §. 32 ausdrücklich, nur geringfügige oder
„ſehr dringende“ Sachen ausnehmend, wörtlich feſt: „Die Hauptverhand-
lung über einen Antrag kann nicht vor Verlauf von 24 Stunden nach deſ-
ſen Vertheilung im Druck in der Nationalverſammlung ſtattfinden.“ Erſt
während der Verhandlung ſelbſt wurde ein Blatt mit den Anträgen des
Ausſchuſſes vertheilt und die Verhandlung ſchleunigſt beendigt. Denn
nachdem die Verſammlung nach dem Wortführer des Ausſchuſſes einen
einzigen Redner dagegen hatte ſprechen laſſen, Hrn. Reichenſperger, und
einen triftigen Gründen und Anführungen kein Einwand entgegengeſetzt
worden, nur höhniſches Gelächter, ward den übrigen angemeldeten Red-
nern das Wort abgeſchnitten und der Schluß der Verhandlung decretirt,
dann ſchnell durch das bei ſo getheilter Meinung des Parlaments unſichere
Mittel des Aufſtehens und Sitzenbleibens abgeſtimmt — und im Fluge
waren zehn gewichtige Anttäge über Verfaſſungsverkündigung und Kaiſer-
wahl angenommen. Darauf wurde vom Präſidenten die Verfaſſung als
gültig erklärt, ohne daß ihr Wortlaut verleſen worden wäre, und ſofort
zur Kaiſerwahl geſchritten, deren Vornahme nicht auf der Tagesordnung
angekündigt worden. Alſo ein dringlicher Antrag über eine Kaiſerwahl!
Bei dem Namensaufruf erklärten zweihundertun dacht vierzig Ab-
geordnete daß ſie nicht wählen,
290 Abgeordnete (worunter 164 aus
Preußen) wählten einen Erbkaiſer. Als der letzte Abgeordnete befragt
[Spaltenumbruch] war, rief der Präſtdent den König von Preußen zum Kaiſer der Deutſchem
aus, und hatte kaum angefangen zu ſprechen als ſchon beſtelltes Glocken-
geläute ertönte. Ein paar hundert Abgeordnete hatten theils Erklärungen
über ihre Weigerung zu wählen, theils auch Vorbehalte rückſichtlich der
von ihnen mitvorgenommenen Wahl eingereicht. Der Präſident verlas
dieſe nicht, zuwider dem regelmäßigen Gebrauch. Als wir ihre Verleſung
forderten, befragte er die Verſammlung, deren Mehrheit die Verleſung un-
ſerer Erklärungen verweigerte. In drei Stunden war dieſes alles abge-
macht. Wir fragen, welche Dringlichkeit der Umſtände ein ſolches Ueber-
ftürzen rechtfertigt? Denn wir kennen keine allgewaltig zu ſolch betäuben-
der Haſt hindrängende Noth. Die Macht der Thatſachen wird unſerm
öffentlichen Widerſpruch Nachdruck geben: von uns weiſen wir ab die Ver-
antwortlichkeit. Im „Weidenbuſch“ beräth und beſchließt die Partei welche
die Mehrheit beſitzt: in der Paulskirche wird nicht mehr berathen, ſondern
was im Weidenbuſch beſchloſſen war, von ihr zum Beſchluß der National-
verſammlung erhoben. Das Geſetz der Mehrheit gilt in den Parlamenten,
aber wir glauben nimmermehr daß die in der Geſchäftsordnung hingeſtell-
ten Vorſichtsmaßregeln, deren Zweck iſt vor Uebereilung und Ungerechtig-
keit zu ſchützen, Vorſichtsmaßregeln die bei den untergeordnetſten Geſchäf-
ten ſtreng beobachtet werden, in ſo ernſter und wichtiger Angelegenheit
durch Mehrheitsbeſchlüſſe niedergeſchmettert werden dürfen. Dieß iſt der
Sachverhalt und das Verfahren. Richte darüber das deutſche Volk, rich-
ten ſeine Regierungen und Ständeverſammlungen! Frankfurt a. M.,
30 März 1849. Bothmer von Carrow für Hannover. Dr. Heinrich
Wuttke, Abg. aus Sachſen. Dr. Linde aus Mainz, Abg. von Weſtfalen.
Buß aus Freiburg, Abg. von Weſtfalen. Karl Möring, Abg. aus Wien.
v. Sommaruga, Abg. aus Eger. Dr. Kreutzberg, Abg. für Gablonz. Dr.
Polatzeck aus Weißkirch. Graf aus München. Schreiner aus Gratz. Dr.
v. Laſſaulx aus München. v. Neuwall aus Brünn. Peter Kanitſch aus
Karlsberg in Kärnthen. Ignaz v. Kürſinger aus Salzburg. Karl v. Kür-
ſinger aus Salzburg. J. Lindner für Amſtetten. J. G. Neumann. Fr.
Göbel für Jägerndorf. Rapp für Kumberg. Dr. Werner, Abg. für. Melk.
Joſ. Weiß für Grinn. Weber aus Neuburg. Mally aus Marburg in
Steyermark. Knarr aus Hartberg. Schiedermayer für Vöcklabruck. Joſ.
Schmidt für Scheerding. Vonbun aus Feldkirch. Gſpan, Abg. für Unter-
innthal. Dr. Archer für die Umgebung Gratz. v. Beisler aus München.
Hugo, Abg. von Göttingen. Eckart aus Lohr. Kagerbauer aus Linz. Dr.
Huber aus Kaplitz. Renger. Piringer, Wahlbezirk Efferding in Ober-
öſterreich. Achleiter. v. Kaiſersfeld aus Gratz. Riegler aus Mähriſch-
Budwitz. C. Fügerl aus Kornneuburg. Lienbacher aus Goldegg. Schuler
aus Junsbruck. Friedr. Bergmüller aus Mauerkirchen in Oberöſterreich.
Dr. Kerer aus Innsbruck. Anton Petzer von Bruneck. Formacher, Abg.
aus Ganobitz. v. Grundner aus Ingolſtadt. Eduard Queſar, Abg. für
Leoben in Steyermark. Fr. Reindl aus Orth. Franz Möller, Abg. für
Reichenberg. Raßl, Abg. für Mieß in Böhmen. Zum Sande, Abg. aus
Lingen. Stülz aus St. Florian. Beda Weber aus Meran. Dr. Matzegger
aus Obermais in Tirol. Georg Engelmaier für Enns. Fritſch vom Wahl-
bezirke Wels. Schmerling, Abg. für Tulln.“

Bayern.

Aus München berichtet die N. Münchner Ztg. vom
2 April: „Wie wir vernehmen, iſt aus Anlaß der neueſten Beſchlüſſe der
Nationalverſammlung zu Frankfurt von Seite unſerer Staatsregierung
bereits eine Erklärung an den bayeriſchen Geſandten nach Berlin abge-
gangen mit dem Auftrage von derſelben dem dortigen Cabinette Kenntniß
zu geben. Die bayeriſche Erklärung iſt durchaus in dem Sinne gehalten,
welcher den ſtets ausgeſprochenen und beharrlich feſtgehaltenen Grund-
ſätzen der bayeriſchen Regierung und ihrer Auffaſſung der deutſchen
Frage entſpricht, alſo in Uebereinſtimmung mit der die Einigung des ge-
ſammten großen Vaterlandes anſtrebenden Politik, welche ſie ſtets befolgt
hat. Wir freuen uns darüber daß unſere Regierung ungeſäumt gethan
was ihre Stellung und ihre Pflicht gegen ganz Deutſchland wie gegen un-
ſer engeres bayeriſches Vaterland vorſchrieb, und hegen das Vertrauen
daß dieſe Erklärung, von welcher wie wir vernehmen auch den übrigen
größeren deutſchen Regierungen Mittheilung gemacht worden iſt, auch bei
Preußens edlem Könige und ſeiner Regierung, im eigenen Intereſſe Preu-
ßens ebenſo ſehr als in dem von ganz Deutſchland, Beachtung und Be-
rückſichtigung finden werde. Die nächſten Tage ſchon werden uns hoffent-
lich den Beweis davon bringen.


Unſere erſten Aſſiſen gingen heute zu
Ende; die Juries*) und die Richterbank, die Staatsankläger und
die Vertheidiger haben ſich dabei auf eine Weiſe bewährt wie es,
bei der Ungewohntheit des öffentlichen und mündlichen Gebarens in
dieſen Gegenden, wohl nur wenige zu hoffen gewagt hatten. Der an
Geiſt und Gemüth gleich treffliche Präſident des Aſſiſenhofs, Hr. Appel-
lationsrath Karl Gramm aus Neuburg, ſchloß die Verhandlungen mit

*) Luden hat „die Schwur“ zu ſagen vorgeſchlagen, und dieſes Wort —
„Schwurgericht“ iſt ſchleppend — verdiente wohl eingeführt zu werden, da
es doch ſonderbar iſt eine uralt deutſche Rechtsanſtalt mit einem auslän-
diſchen Namen zu benennen. In der altdeutſchen Rechtsſprache hieß die
öffentliche Gerichtſitzung „Echteding“, und der einzelne Geſchworene „Schöffe“.
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[1435/0003] Die Frankfurter Zeitung bringt folgenden öffentlichen „Bericht der unterzeichneten (56) Abgeordneten zur verfaſſunggebenden deutſchen Natio- nalverſammlung, betreffend die Vorgänge in der Paulskirche am 27 u. 28 März 1849“: „Als Nationalvertreter ſind wir Unterzeichneten verbunden ein Zeugniß der Wahrheit vor dem deutſchen Volk abzulegen von den fol- genſchweren Vorgängen des 27 und 28 März; wir halten uns dazu um ſo mehr verpflichtet weil weſentliche Umſtände von manchen Zeitungen ver- ſchwiegen, von andern verunſtaltet wurden. Obgleich in der Nationalver- ſammlung ununterbrochen anerkannt wurde daß eine Verſtändigung mit den einzelnen Staaten über die Verfaſſungsbeſtimmungen ſtattfinden ſolle, ſo ſind doch die Bemerkungen der Regierungen in der Nationalverſamm- lung nicht zur Berathung gekommen. Unerachtet die Nationalverſammlung durch einen beſondern Beſchluß beſtimmt hatte daß Unterhandlungen mit dem öſterreichiſchen Miniſterium gepflogen werden ſollten, und das öſter- reichiſche Miniſterium mit Vorſchlägen neuerlich entgegengetommen war, ſo haben die letztern doch nicht die allergeringſte Berathung gefunden. Dieſe Unterlaſſungen zu verhindern waren wir außer Stand; unſere Anträge wurden zurückgewieſen. Bereits war die Nationalverſammlung durch den Welcker’ſchen Antrag, durch das ununterbrochene Bearbeiten der Preſſe und durch ausgeſtreute Gerüchte in den Zuſtand höchſter Aufregung ver- ſetzt. Als unſere Aufgabe ſahen wir es an für das geſammte Deutſchland eine Verfaſſungsform zu ſchaffen, und widerſtrebten demgemäß der An- nahme eines erblichen Kaiſerthums, weil dieſes die Einheit Deutſchlands auf immer zerreißend die Geſammtkraft unſers Volks vernichtet, die Frei- heit gefährdet, die Gleichberechtigung aller Stämme verletzt, Unruhe nach ſich zieht ſtatt Ruhe, und das Vaterland in große Gefahren ſtürzt. Gar kein Mandat aber haben wir zur Erwählung einer Kaiſerdynaſtie. Nach- dem von der Nationalverſammlung der Antrag ein erbliches Kaiſerthum einzuſetzen am 23 Januar mit einer Mehrheit von 52 Stimmen und zum zweitenmal am 21 März in dem Welcker’ſchen Antrag mit 31 Stimmen Mehrheit verworfen worden war, bekam derſelbe Antrag, ohne von neuem berathen zu ſeyn, am 27 März bei 538 anweſenden Nationalvertretern, eine Mehrheit von vier Stimmen. Um eine erbliche Kaiſergewalt über das deutſche Volk zu begründen, muß der Nationalwille ſich unzweideuti- ger, übereinſtimmender, allſeitiger äußern. Wie Stimmen dafür erlangt wurden, das wollen hier ebenſowenig beachten, als prüfen ob die Abgeord- neten aus Schleswig über die wichtigſte Frage unſerer Zukunft den Aus- ſchlag geben durften, nachdem in §. 1 der Verfaſſung am 23 März beſchloſ- ſen war daß „die Verhältniſſe des Herzogthums Schleswig der definitiven Anordnung vorbehalten bleiben,“ es mithin fraglich iſt ob die demnach nur proviſoriſch zugelaſſenen Schleswiger bei Deutſchland verbleiben oder nicht; aber erwähnen wollen wir daß gerade vier Abgeordnete aus Oeſter- reich, welche den Antrag bejahten, am folgenden Tag die Erwählung ver- weigerten. Unter den die Erblichkeit Annehmenden waren 150 Preußen, die inſofern in eigener Sache ſtimmten da bekannt war daß es ſich allein um die Erhebung des preußiſchen Königs, ihres Fürſten, zum Beherrſcher der übrigen Staaten und Stämme handle. In großer Mehrheit erklärten ſich dagegen die Abgeordneten aus Bayern (dagegen 52, dafür nur 13), Württemberg (dagegen 19, dafür 7), Baden (dagegen 11, dafür 5), Oeſterreich (dagegen 106, dafür 4), Sachſen (dagegen 15, dafür 5). Kaum war am Abend des 27 März die Löſung der tief einſchneidenden Frage mit der zweifelhaften Mehrheit von [FORMEL] der anweſenden Nationalvertreter gegeben, ſo kam am folgenden Tag ein Antrag über die Art der Wahl des Kaiſergeſchlechts in die Nationalverſammlung. Ob zu einem ſolchen Wahlact die verfaſſunggebende Nationalverſammlung beauftragt und be- rechtigt ſey, wann und wie die Erwählung vorzunehmen, in welcher Weiſe die Verfaſſung vollzogen und verkündet werden ſolle, ſtand zu erörtern. Mochten viele ſchon ihr Gewiſſen dadurch beſchwert finden daß ihnen die Gelegenheit genommen war durch eine Schlußabſtimmung über das Ganze des Verfaſſungswerks ſich rechtsverbindlich auszuſprechen, ſo wurde jetzt eine voreilige Entſchließung über die Wahlart gefordert; denn kein Be- richt, keine Begründung der Anträge befand ſich in unſern Händen. Und doch ſetzt die Geſchäftsordnung §. 32 ausdrücklich, nur geringfügige oder „ſehr dringende“ Sachen ausnehmend, wörtlich feſt: „Die Hauptverhand- lung über einen Antrag kann nicht vor Verlauf von 24 Stunden nach deſ- ſen Vertheilung im Druck in der Nationalverſammlung ſtattfinden.“ Erſt während der Verhandlung ſelbſt wurde ein Blatt mit den Anträgen des Ausſchuſſes vertheilt und die Verhandlung ſchleunigſt beendigt. Denn nachdem die Verſammlung nach dem Wortführer des Ausſchuſſes einen einzigen Redner dagegen hatte ſprechen laſſen, Hrn. Reichenſperger, und einen triftigen Gründen und Anführungen kein Einwand entgegengeſetzt worden, nur höhniſches Gelächter, ward den übrigen angemeldeten Red- nern das Wort abgeſchnitten und der Schluß der Verhandlung decretirt, dann ſchnell durch das bei ſo getheilter Meinung des Parlaments unſichere Mittel des Aufſtehens und Sitzenbleibens abgeſtimmt — und im Fluge waren zehn gewichtige Anttäge über Verfaſſungsverkündigung und Kaiſer- wahl angenommen. Darauf wurde vom Präſidenten die Verfaſſung als gültig erklärt, ohne daß ihr Wortlaut verleſen worden wäre, und ſofort zur Kaiſerwahl geſchritten, deren Vornahme nicht auf der Tagesordnung angekündigt worden. Alſo ein dringlicher Antrag über eine Kaiſerwahl! Bei dem Namensaufruf erklärten zweihundertun dacht vierzig Ab- geordnete daß ſie nicht wählen, 290 Abgeordnete (worunter 164 aus Preußen) wählten einen Erbkaiſer. Als der letzte Abgeordnete befragt war, rief der Präſtdent den König von Preußen zum Kaiſer der Deutſchem aus, und hatte kaum angefangen zu ſprechen als ſchon beſtelltes Glocken- geläute ertönte. Ein paar hundert Abgeordnete hatten theils Erklärungen über ihre Weigerung zu wählen, theils auch Vorbehalte rückſichtlich der von ihnen mitvorgenommenen Wahl eingereicht. Der Präſident verlas dieſe nicht, zuwider dem regelmäßigen Gebrauch. Als wir ihre Verleſung forderten, befragte er die Verſammlung, deren Mehrheit die Verleſung un- ſerer Erklärungen verweigerte. In drei Stunden war dieſes alles abge- macht. Wir fragen, welche Dringlichkeit der Umſtände ein ſolches Ueber- ftürzen rechtfertigt? Denn wir kennen keine allgewaltig zu ſolch betäuben- der Haſt hindrängende Noth. Die Macht der Thatſachen wird unſerm öffentlichen Widerſpruch Nachdruck geben: von uns weiſen wir ab die Ver- antwortlichkeit. Im „Weidenbuſch“ beräth und beſchließt die Partei welche die Mehrheit beſitzt: in der Paulskirche wird nicht mehr berathen, ſondern was im Weidenbuſch beſchloſſen war, von ihr zum Beſchluß der National- verſammlung erhoben. Das Geſetz der Mehrheit gilt in den Parlamenten, aber wir glauben nimmermehr daß die in der Geſchäftsordnung hingeſtell- ten Vorſichtsmaßregeln, deren Zweck iſt vor Uebereilung und Ungerechtig- keit zu ſchützen, Vorſichtsmaßregeln die bei den untergeordnetſten Geſchäf- ten ſtreng beobachtet werden, in ſo ernſter und wichtiger Angelegenheit durch Mehrheitsbeſchlüſſe niedergeſchmettert werden dürfen. Dieß iſt der Sachverhalt und das Verfahren. Richte darüber das deutſche Volk, rich- ten ſeine Regierungen und Ständeverſammlungen! Frankfurt a. M., 30 März 1849. Bothmer von Carrow für Hannover. Dr. Heinrich Wuttke, Abg. aus Sachſen. Dr. Linde aus Mainz, Abg. von Weſtfalen. Buß aus Freiburg, Abg. von Weſtfalen. Karl Möring, Abg. aus Wien. v. Sommaruga, Abg. aus Eger. Dr. Kreutzberg, Abg. für Gablonz. Dr. Polatzeck aus Weißkirch. Graf aus München. Schreiner aus Gratz. Dr. v. Laſſaulx aus München. v. Neuwall aus Brünn. Peter Kanitſch aus Karlsberg in Kärnthen. Ignaz v. Kürſinger aus Salzburg. Karl v. Kür- ſinger aus Salzburg. J. Lindner für Amſtetten. J. G. Neumann. Fr. Göbel für Jägerndorf. Rapp für Kumberg. Dr. Werner, Abg. für. Melk. Joſ. Weiß für Grinn. Weber aus Neuburg. Mally aus Marburg in Steyermark. Knarr aus Hartberg. Schiedermayer für Vöcklabruck. Joſ. Schmidt für Scheerding. Vonbun aus Feldkirch. Gſpan, Abg. für Unter- innthal. Dr. Archer für die Umgebung Gratz. v. Beisler aus München. Hugo, Abg. von Göttingen. Eckart aus Lohr. Kagerbauer aus Linz. Dr. Huber aus Kaplitz. Renger. Piringer, Wahlbezirk Efferding in Ober- öſterreich. Achleiter. v. Kaiſersfeld aus Gratz. Riegler aus Mähriſch- Budwitz. C. Fügerl aus Kornneuburg. Lienbacher aus Goldegg. Schuler aus Junsbruck. Friedr. Bergmüller aus Mauerkirchen in Oberöſterreich. Dr. Kerer aus Innsbruck. Anton Petzer von Bruneck. Formacher, Abg. aus Ganobitz. v. Grundner aus Ingolſtadt. Eduard Queſar, Abg. für Leoben in Steyermark. Fr. Reindl aus Orth. Franz Möller, Abg. für Reichenberg. Raßl, Abg. für Mieß in Böhmen. Zum Sande, Abg. aus Lingen. Stülz aus St. Florian. Beda Weber aus Meran. Dr. Matzegger aus Obermais in Tirol. Georg Engelmaier für Enns. Fritſch vom Wahl- bezirke Wels. Schmerling, Abg. für Tulln.“ Bayern. Aus München berichtet die N. Münchner Ztg. vom 2 April: „Wie wir vernehmen, iſt aus Anlaß der neueſten Beſchlüſſe der Nationalverſammlung zu Frankfurt von Seite unſerer Staatsregierung bereits eine Erklärung an den bayeriſchen Geſandten nach Berlin abge- gangen mit dem Auftrage von derſelben dem dortigen Cabinette Kenntniß zu geben. Die bayeriſche Erklärung iſt durchaus in dem Sinne gehalten, welcher den ſtets ausgeſprochenen und beharrlich feſtgehaltenen Grund- ſätzen der bayeriſchen Regierung und ihrer Auffaſſung der deutſchen Frage entſpricht, alſo in Uebereinſtimmung mit der die Einigung des ge- ſammten großen Vaterlandes anſtrebenden Politik, welche ſie ſtets befolgt hat. Wir freuen uns darüber daß unſere Regierung ungeſäumt gethan was ihre Stellung und ihre Pflicht gegen ganz Deutſchland wie gegen un- ſer engeres bayeriſches Vaterland vorſchrieb, und hegen das Vertrauen daß dieſe Erklärung, von welcher wie wir vernehmen auch den übrigen größeren deutſchen Regierungen Mittheilung gemacht worden iſt, auch bei Preußens edlem Könige und ſeiner Regierung, im eigenen Intereſſe Preu- ßens ebenſo ſehr als in dem von ganz Deutſchland, Beachtung und Be- rückſichtigung finden werde. Die nächſten Tage ſchon werden uns hoffent- lich den Beweis davon bringen. * Augsburg, 3 April. Unſere erſten Aſſiſen gingen heute zu Ende; die Juries *) und die Richterbank, die Staatsankläger und die Vertheidiger haben ſich dabei auf eine Weiſe bewährt wie es, bei der Ungewohntheit des öffentlichen und mündlichen Gebarens in dieſen Gegenden, wohl nur wenige zu hoffen gewagt hatten. Der an Geiſt und Gemüth gleich treffliche Präſident des Aſſiſenhofs, Hr. Appel- lationsrath Karl Gramm aus Neuburg, ſchloß die Verhandlungen mit *) Luden hat „die Schwur“ zu ſagen vorgeſchlagen, und dieſes Wort — „Schwurgericht“ iſt ſchleppend — verdiente wohl eingeführt zu werden, da es doch ſonderbar iſt eine uralt deutſche Rechtsanſtalt mit einem auslän- diſchen Namen zu benennen. In der altdeutſchen Rechtsſprache hieß die öffentliche Gerichtſitzung „Echteding“, und der einzelne Geſchworene „Schöffe“.

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-03-29T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 94, 4. April 1849, S. 1435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine94_1849/3>, abgerufen am 16.05.2024.