Schoppens Geschichte war nach Wehrfritzens und des Oheims Aussagen diese: er war aus dem Nothschlummer glühend aufgefahren, auf dem schnaubenden Streitroß der Rachsucht ge¬ gen den Spanier wurd' er fortgerissen. Im Gasthofe des letztern wies ihn der Bediente mit einer Lüge nach dem Schlosse. Hier ge¬ langt' er, im verworrenen Getümmel um den leidenden Fürsten, ungefragt, ungesehen in das Spiegelzimmer, wo er einmal die Gräfin Lin¬ da um Idoinens Friedenswort für den wahn¬ sinnigen Freund gebeten hatte. Als der Zylin¬ der-Spiegel, der die langen Jahre des Alters auf das junge Gesicht gräbt und Moos und Schutt der Zeit darauf schüttet, ihm sein Bild vermooset und verraset entgegen warf, sagt' er: "ho ho, der alte Ich steckt wo in der Nä¬ he" und schauete grimmig umher.
Aus den Spiegeln der Spiegel sah er ein Ichs-Volk blicken. Er sprang auf einen Stuhl, um einen langen Spiegel loszumachen. Indem er den Nagel desselben rückte, schlug in der Wand eine Uhr zwölfmal. Hier fiel ihm
139. Zykel.
Schoppens Geſchichte war nach Wehrfritzens und des Oheims Ausſagen dieſe: er war aus dem Nothſchlummer glühend aufgefahren, auf dem ſchnaubenden Streitroß der Rachſucht ge¬ gen den Spanier wurd' er fortgeriſſen. Im Gaſthofe des letztern wies ihn der Bediente mit einer Lüge nach dem Schloſſe. Hier ge¬ langt' er, im verworrenen Getümmel um den leidenden Fürſten, ungefragt, ungeſehen in das Spiegelzimmer, wo er einmal die Gräfin Lin¬ da um Idoinens Friedenswort für den wahn¬ ſinnigen Freund gebeten hatte. Als der Zylin¬ der-Spiegel, der die langen Jahre des Alters auf das junge Geſicht gräbt und Moos und Schutt der Zeit darauf ſchüttet, ihm ſein Bild vermooſet und verraſet entgegen warf, ſagt' er: „ho ho, der alte Ich ſteckt wo in der Nä¬ he“ und ſchauete grimmig umher.
Aus den Spiegeln der Spiegel ſah er ein Ichs-Volk blicken. Er ſprang auf einen Stuhl, um einen langen Spiegel loszumachen. Indem er den Nagel deſſelben rückte, ſchlug in der Wand eine Uhr zwölfmal. Hier fiel ihm
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139. Zykel.
Schoppens Geſchichte war nach Wehrfritzens
und des Oheims Ausſagen dieſe: er war aus
dem Nothſchlummer glühend aufgefahren, auf
dem ſchnaubenden Streitroß der Rachſucht ge¬
gen den Spanier wurd' er fortgeriſſen. Im
Gaſthofe des letztern wies ihn der Bediente
mit einer Lüge nach dem Schloſſe. Hier ge¬
langt' er, im verworrenen Getümmel um den
leidenden Fürſten, ungefragt, ungeſehen in das
Spiegelzimmer, wo er einmal die Gräfin Lin¬
da um Idoinens Friedenswort für den wahn¬
ſinnigen Freund gebeten hatte. Als der Zylin¬
der-Spiegel, der die langen Jahre des Alters
auf das junge Geſicht gräbt und Moos und
Schutt der Zeit darauf ſchüttet, ihm ſein Bild
vermooſet und verraſet entgegen warf, ſagt'
er: „ho ho, der alte Ich ſteckt wo in der Nä¬
he“ und ſchauete grimmig umher.
Aus den Spiegeln der Spiegel ſah er ein
Ichs-Volk blicken. Er ſprang auf einen
Stuhl, um einen langen Spiegel loszumachen.
Indem er den Nagel deſſelben rückte, ſchlug in
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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 500. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/512>, abgerufen am 26.04.2024.
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