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Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.

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Zwey hundert Maximen etc.
Orte also schreibet: Quicunque saltem termi
norum et distinctionum occurrentium signifi-
cationem cognitam habet, tantumque nouit,
in quot disciplinas diuidi soleat, quot sectae in
hac a principio vsque ad nostra tempora floru-
erint, et similia; infimvm saltem philosophiae
gradvm
obtinuisse censendus, ac nullo modo
realis philosophvs appellandus erit, sed ver-
balis
potius; siquidem philosophi realis no-
men illi saltem competit, qui ad tantum perue-
nit cognitionis gradum, vt re ipsa obseruet, in
sva potestate
esse, quidquid incognitum, sed
humano tamen intellectui peruium est, pro-
prii ingenii svi viribvs
in lucem producere.

Das sind eben solche Universal-Köpfe, die ihnen
selbst zu Erfindung der Wahrheit genug sind, und
die Haupt-Wissenschaften en gros überschauen
können.
Jch muß hier abbrechen; denn mein nächster
Nachbar,
Herr Hans Carl Gurschmecker, win-
ket mir, daß er im Begriffe sey, die Tafel zu decken,
und die 24 Couverts, die er dem neuen Hn. Bau-
meister des Tempels vom guten Geschmacke,

als ein bescheiden Essen, zugedacht hat, ohne An-
stand aufzutragen. Er hat mir die 200 Maximen
in die Feder dictiret, und ich ihm die Beschreibung
seiner 24 Schau-Essen; folglich werden wir uns
beyde gerade drein theilen, wenn dem geneigten
Leser
entweder die Maximen, oder die Schau-
Essen,
besser gefallen sollten.


Scherz
Zwey hundert Maximen ꝛc.
Orte alſo ſchreibet: Quicunque ſaltem termi
norum et diſtinctionum occurrentium ſignifi-
cationem cognitam habet, tantumque nouit,
in quot diſciplinas diuidi ſoleat, quot ſectae in
hac a principio vsque ad noſtra tempora floru-
erint, et ſimilia; infimvm ſaltem philosophiae
gradvm
obtinuiſſe cenſendus, ac nullo modo
realis philosophvs appellandus erit, ſed ver-
balis
potius; ſiquidem philosophi realis no-
men illi ſaltem competit, qui ad tantum perue-
nit cognitionis gradum, vt re ipſa obſeruet, in
sva potestate
eſſe, quidquid incognitum, ſed
humano tamen intellectui peruium eſt, pro-
prii ingenii svi viribvs
in lucem producere.

Das ſind eben ſolche Univerſal-Koͤpfe, die ihnen
ſelbſt zu Erfindung der Wahrheit genug ſind, und
die Haupt-Wiſſenſchaften en gros uͤberſchauen
koͤnnen.
Jch muß hier abbrechen; denn mein naͤchſter
Nachbar,
Herr Hans Carl Gurſchmecker, win-
ket mir, daß er im Begriffe ſey, die Tafel zu decken,
und die 24 Couverts, die er dem neuen Hn. Bau-
meiſter des Tempels vom guten Geſchmacke,

als ein beſcheiden Eſſen, zugedacht hat, ohne An-
ſtand aufzutragen. Er hat mir die 200 Maximen
in die Feder dictiret, und ich ihm die Beſchreibung
ſeiner 24 Schau-Eſſen; folglich werden wir uns
beyde gerade drein theilen, wenn dem geneigten
Leſer
entweder die Maximen, oder die Schau-
Eſſen,
beſſer gefallen ſollten.


Scherz
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[256/0264] Zwey hundert Maximen ꝛc. Orte alſo ſchreibet: Quicunque ſaltem termi norum et diſtinctionum occurrentium ſignifi- cationem cognitam habet, tantumque nouit, in quot diſciplinas diuidi ſoleat, quot ſectae in hac a principio vsque ad noſtra tempora floru- erint, et ſimilia; infimvm ſaltem philosophiae gradvm obtinuiſſe cenſendus, ac nullo modo realis philosophvs appellandus erit, ſed ver- balis potius; ſiquidem philosophi realis no- men illi ſaltem competit, qui ad tantum perue- nit cognitionis gradum, vt re ipſa obſeruet, in sva potestate eſſe, quidquid incognitum, ſed humano tamen intellectui peruium eſt, pro- prii ingenii svi viribvs in lucem producere. Das ſind eben ſolche Univerſal-Koͤpfe, die ihnen ſelbſt zu Erfindung der Wahrheit genug ſind, und die Haupt-Wiſſenſchaften en gros uͤberſchauen koͤnnen. Jch muß hier abbrechen; denn mein naͤchſter Nachbar, Herr Hans Carl Gurſchmecker, win- ket mir, daß er im Begriffe ſey, die Tafel zu decken, und die 24 Couverts, die er dem neuen Hn. Bau- meiſter des Tempels vom guten Geſchmacke, als ein beſcheiden Eſſen, zugedacht hat, ohne An- ſtand aufzutragen. Er hat mir die 200 Maximen in die Feder dictiret, und ich ihm die Beſchreibung ſeiner 24 Schau-Eſſen; folglich werden wir uns beyde gerade drein theilen, wenn dem geneigten Leſer entweder die Maximen, oder die Schau- Eſſen, beſſer gefallen ſollten. Scherz

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Zitationshilfe: Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/264>, abgerufen am 26.04.2024.