Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

von Preuschen, Hermione: Yoshiwara. Vom Freudenhaus des Lebens. Berlin, 1920.

Bild:
<< vorherige Seite

Frau Meranow ihr zeigen und die phantastischen Paläste der Mauren, die Rosen- und Granatengärten von Tunis. -- Indra hatte sich an all dieser Schönheit schon im Geist so sehr berauscht, daß ihr die Trauer und die trüben Ahnungen ihrer Mutter fast zur Last fielen. Sie schienen ihr töricht, nun der Himmel ihr Sehnen endlich erhört, nun das Wunder, das völlig unerwartete, unvorhergesehene, sich ihr genaht. "In zwei Jahren, mein geliebtes Mütterchen, komme ich mit Frau Meranow, dich herüberzuholen, dann vergessen wir alle beide das ganze Berlin"; das erzählte sie ihrer Mutter so oft, bis sie alle beide felsenfest hieran glaubten. -- Dennoch, beim Abschied, hatte Frau Versen wieder das ganze Trennungsweh gepackt, und nun lag sie zu Hause und klagte und jammerte. Hatte gewiß ebensowenig geschlafen wie ihre glückliche Tochter.

Mit schrillem Pfeifen fuhr der Zug jetzt in die Halle des Frankfurter Bahnhofs ein. Alle Schläferinnen fuhren empor und hasteten nach ihrem Handgepäck. -- Indra winkte einem Kellner nach einer Tasse Kaffee. Da trat schon

Frau Meranow ihr zeigen und die phantastischen Paläste der Mauren, die Rosen- und Granatengärten von Tunis. — Indra hatte sich an all dieser Schönheit schon im Geist so sehr berauscht, daß ihr die Trauer und die trüben Ahnungen ihrer Mutter fast zur Last fielen. Sie schienen ihr töricht, nun der Himmel ihr Sehnen endlich erhört, nun das Wunder, das völlig unerwartete, unvorhergesehene, sich ihr genaht. „In zwei Jahren, mein geliebtes Mütterchen, komme ich mit Frau Meranow, dich herüberzuholen, dann vergessen wir alle beide das ganze Berlin“; das erzählte sie ihrer Mutter so oft, bis sie alle beide felsenfest hieran glaubten. — Dennoch, beim Abschied, hatte Frau Versen wieder das ganze Trennungsweh gepackt, und nun lag sie zu Hause und klagte und jammerte. Hatte gewiß ebensowenig geschlafen wie ihre glückliche Tochter.

Mit schrillem Pfeifen fuhr der Zug jetzt in die Halle des Frankfurter Bahnhofs ein. Alle Schläferinnen fuhren empor und hasteten nach ihrem Handgepäck. — Indra winkte einem Kellner nach einer Tasse Kaffee. Da trat schon

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0026" n="27"/>
Frau Meranow ihr zeigen und die phantastischen Paläste der Mauren, die Rosen- und Granatengärten von Tunis. &#x2014; Indra hatte sich an all dieser Schönheit schon im Geist so sehr berauscht, daß ihr die Trauer und die trüben Ahnungen ihrer Mutter fast zur Last fielen. Sie schienen ihr töricht, nun der Himmel ihr Sehnen endlich erhört, nun das Wunder, das völlig unerwartete, unvorhergesehene, sich ihr genaht. &#x201E;In zwei Jahren, mein geliebtes Mütterchen, komme ich mit Frau Meranow, dich herüberzuholen, dann vergessen wir alle beide das ganze Berlin&#x201C;; das erzählte sie ihrer Mutter so oft, bis sie alle beide felsenfest hieran glaubten. &#x2014; Dennoch, beim Abschied, hatte Frau Versen wieder das ganze Trennungsweh gepackt, und nun lag sie zu Hause und klagte und jammerte. Hatte gewiß ebensowenig geschlafen wie ihre glückliche Tochter.</p>
        <p>Mit schrillem Pfeifen fuhr der Zug jetzt in die Halle des Frankfurter Bahnhofs ein. Alle Schläferinnen fuhren empor und hasteten nach ihrem Handgepäck. &#x2014; Indra winkte einem Kellner nach einer Tasse Kaffee. Da trat schon
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[27/0026] Frau Meranow ihr zeigen und die phantastischen Paläste der Mauren, die Rosen- und Granatengärten von Tunis. — Indra hatte sich an all dieser Schönheit schon im Geist so sehr berauscht, daß ihr die Trauer und die trüben Ahnungen ihrer Mutter fast zur Last fielen. Sie schienen ihr töricht, nun der Himmel ihr Sehnen endlich erhört, nun das Wunder, das völlig unerwartete, unvorhergesehene, sich ihr genaht. „In zwei Jahren, mein geliebtes Mütterchen, komme ich mit Frau Meranow, dich herüberzuholen, dann vergessen wir alle beide das ganze Berlin“; das erzählte sie ihrer Mutter so oft, bis sie alle beide felsenfest hieran glaubten. — Dennoch, beim Abschied, hatte Frau Versen wieder das ganze Trennungsweh gepackt, und nun lag sie zu Hause und klagte und jammerte. Hatte gewiß ebensowenig geschlafen wie ihre glückliche Tochter. Mit schrillem Pfeifen fuhr der Zug jetzt in die Halle des Frankfurter Bahnhofs ein. Alle Schläferinnen fuhren empor und hasteten nach ihrem Handgepäck. — Indra winkte einem Kellner nach einer Tasse Kaffee. Da trat schon

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/preuschen_yoshiwara_1920
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/preuschen_yoshiwara_1920/26
Zitationshilfe: von Preuschen, Hermione: Yoshiwara. Vom Freudenhaus des Lebens. Berlin, 1920, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/preuschen_yoshiwara_1920/26>, abgerufen am 26.04.2024.