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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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IX. Leop. u. Joseph I. 1657-1711.
Reichssachen und Kaiserwahlen mit seinen Stim-
men Hoffnung machte; wogegen Leopold die Ver-
sicherung von sich gab, den Churfürsten künftig als
König in Preussen anzuerkennen. Darauf setzte sich
Friedrich als der erste König in Preussen am 18. Jan.
1701. zu Königsberg die Krone selbst auf, und
ward von einer Macht nach der andern (von Frank-
reich erst im Uetrechter Frieden) dafür anerkannt.
Vom Teutschen Orden und vom Pabste wurden
zwar Widersprüche dagegen erhoben, aber wenig
geachtet, und in verschiedenen Schriften derbe ab-
gefertiget.


II.

In unserer Reichsverfassung machte diese neue
Krone zwar in soweit keine Aenderung, weil das
Haus Brandenburg sowohl unter den Churfürsten
als im Reichsfürstenrathe nach wie vor seinen bis-
herigen Rang behielt, wie das an sich billig war,
aber auch sowohl dem Kaiser als dem Churfürsten
von Mainz ausdrückliche Versicherungen darüber
ausgestellt werden mußten. Ob aber überhaupt
im politischen Verhältnisse des Berliner Hofes das
keinen Einfluß gehabt habe, daß der königliche Ti-
tel den damit verbundenen Begriff einer völligen
Unabhängigkeit und Gleichheit mit allen anderen
Mächten vielleicht überwiegender gemacht hat, an
statt daß der churfürstliche Titel, so lange derselbe
voranstand, an sich schon eine gewisse Abhängigkeit
und Ungleichheit gegen gekrönte Häupter mit sich
führte; das ist eine andere Frage. Um gegen an-
dere gekrönte Häupter in keinem Stücke zurückzu-
bleiben, wurde gleich am Krönungstage der Preus-
sische schwarze Adlersorden gestiftet; auch ward

schon

IX. Leop. u. Joſeph I. 1657-1711.
Reichsſachen und Kaiſerwahlen mit ſeinen Stim-
men Hoffnung machte; wogegen Leopold die Ver-
ſicherung von ſich gab, den Churfuͤrſten kuͤnftig als
Koͤnig in Preuſſen anzuerkennen. Darauf ſetzte ſich
Friedrich als der erſte Koͤnig in Preuſſen am 18. Jan.
1701. zu Koͤnigsberg die Krone ſelbſt auf, und
ward von einer Macht nach der andern (von Frank-
reich erſt im Uetrechter Frieden) dafuͤr anerkannt.
Vom Teutſchen Orden und vom Pabſte wurden
zwar Widerſpruͤche dagegen erhoben, aber wenig
geachtet, und in verſchiedenen Schriften derbe ab-
gefertiget.


II.

In unſerer Reichsverfaſſung machte dieſe neue
Krone zwar in ſoweit keine Aenderung, weil das
Haus Brandenburg ſowohl unter den Churfuͤrſten
als im Reichsfuͤrſtenrathe nach wie vor ſeinen bis-
herigen Rang behielt, wie das an ſich billig war,
aber auch ſowohl dem Kaiſer als dem Churfuͤrſten
von Mainz ausdruͤckliche Verſicherungen daruͤber
ausgeſtellt werden mußten. Ob aber uͤberhaupt
im politiſchen Verhaͤltniſſe des Berliner Hofes das
keinen Einfluß gehabt habe, daß der koͤnigliche Ti-
tel den damit verbundenen Begriff einer voͤlligen
Unabhaͤngigkeit und Gleichheit mit allen anderen
Maͤchten vielleicht uͤberwiegender gemacht hat, an
ſtatt daß der churfuͤrſtliche Titel, ſo lange derſelbe
voranſtand, an ſich ſchon eine gewiſſe Abhaͤngigkeit
und Ungleichheit gegen gekroͤnte Haͤupter mit ſich
fuͤhrte; das iſt eine andere Frage. Um gegen an-
dere gekroͤnte Haͤupter in keinem Stuͤcke zuruͤckzu-
bleiben, wurde gleich am Kroͤnungstage der Preuſ-
ſiſche ſchwarze Adlersorden geſtiftet; auch ward

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[358/0400] IX. Leop. u. Joſeph I. 1657-1711. Reichsſachen und Kaiſerwahlen mit ſeinen Stim- men Hoffnung machte; wogegen Leopold die Ver- ſicherung von ſich gab, den Churfuͤrſten kuͤnftig als Koͤnig in Preuſſen anzuerkennen. Darauf ſetzte ſich Friedrich als der erſte Koͤnig in Preuſſen am 18. Jan. 1701. zu Koͤnigsberg die Krone ſelbſt auf, und ward von einer Macht nach der andern (von Frank- reich erſt im Uetrechter Frieden) dafuͤr anerkannt. Vom Teutſchen Orden und vom Pabſte wurden zwar Widerſpruͤche dagegen erhoben, aber wenig geachtet, und in verſchiedenen Schriften derbe ab- gefertiget. In unſerer Reichsverfaſſung machte dieſe neue Krone zwar in ſoweit keine Aenderung, weil das Haus Brandenburg ſowohl unter den Churfuͤrſten als im Reichsfuͤrſtenrathe nach wie vor ſeinen bis- herigen Rang behielt, wie das an ſich billig war, aber auch ſowohl dem Kaiſer als dem Churfuͤrſten von Mainz ausdruͤckliche Verſicherungen daruͤber ausgeſtellt werden mußten. Ob aber uͤberhaupt im politiſchen Verhaͤltniſſe des Berliner Hofes das keinen Einfluß gehabt habe, daß der koͤnigliche Ti- tel den damit verbundenen Begriff einer voͤlligen Unabhaͤngigkeit und Gleichheit mit allen anderen Maͤchten vielleicht uͤberwiegender gemacht hat, an ſtatt daß der churfuͤrſtliche Titel, ſo lange derſelbe voranſtand, an ſich ſchon eine gewiſſe Abhaͤngigkeit und Ungleichheit gegen gekroͤnte Haͤupter mit ſich fuͤhrte; das iſt eine andere Frage. Um gegen an- dere gekroͤnte Haͤupter in keinem Stuͤcke zuruͤckzu- bleiben, wurde gleich am Kroͤnungstage der Preuſ- ſiſche ſchwarze Adlersorden geſtiftet; auch ward ſchon

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/400>, abgerufen am 26.04.2024.