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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.
"wie ein Gerichtsverwalter seyn muß; der dritte
"Brief ist der Gegensatz von diesem, und zeigt,
"wie er nicht seyn soll. Dieses desto lebhafter zu
"machen, habe ich den vierten Brief hinzu gesetzt.
"Jch wünsche, daß meine Leser die guten Absich-
"ten erkennen mögen, die ich dabey gehabt habe.
"Folgen sie meinem Rathe, und bedienen sie sich
"der Vortheile, die ich ihnen zeige, mit Ernste: so
"gebe ich ihnen mein Wort, es soll in zehn Jah-
"ren kein Bauer mehr im ganzen Lande seyn.
"Und, o! wie ruhig kann ein Edelmann auf sei-
"nem Gute leben, wenn er es so weit gebracht
"hat!"

Gnädiger Herr,

Jch sage es Jhnen aufrichtig, zu Jhrem Gerichts-
verwalter schickt sich niemand besser, als ich.
Sie haben so gesunde Begriffe von der Gewalt
über Hals und Hand, und Beutel Jhrer Unter-
thanen, daß ich mich freue, unter Jhrer Anfüh-
rung diesen elenden Geschöpfen den Nachdruck un-
serer Gerechtigkeit fühlen zu lassen. Wenn ich die
Sache recht ansehe, so finde ich, daß die Bauern
nicht für sich, sondern für ihren Edelmann geschaf-
fen sind. Jch weiß, daß man es bey uns nicht
öffentlich sagen darf, und daß auf dem Catheder

noch

Satyriſche Briefe.
„wie ein Gerichtsverwalter ſeyn muß; der dritte
„Brief iſt der Gegenſatz von dieſem, und zeigt,
„wie er nicht ſeyn ſoll. Dieſes deſto lebhafter zu
„machen, habe ich den vierten Brief hinzu geſetzt.
„Jch wuͤnſche, daß meine Leſer die guten Abſich-
„ten erkennen moͤgen, die ich dabey gehabt habe.
„Folgen ſie meinem Rathe, und bedienen ſie ſich
„der Vortheile, die ich ihnen zeige, mit Ernſte: ſo
„gebe ich ihnen mein Wort, es ſoll in zehn Jah-
„ren kein Bauer mehr im ganzen Lande ſeyn.
„Und, o! wie ruhig kann ein Edelmann auf ſei-
„nem Gute leben, wenn er es ſo weit gebracht
„hat!„

Gnaͤdiger Herr,

Jch ſage es Jhnen aufrichtig, zu Jhrem Gerichts-
verwalter ſchickt ſich niemand beſſer, als ich.
Sie haben ſo geſunde Begriffe von der Gewalt
uͤber Hals und Hand, und Beutel Jhrer Unter-
thanen, daß ich mich freue, unter Jhrer Anfuͤh-
rung dieſen elenden Geſchoͤpfen den Nachdruck un-
ſerer Gerechtigkeit fuͤhlen zu laſſen. Wenn ich die
Sache recht anſehe, ſo finde ich, daß die Bauern
nicht fuͤr ſich, ſondern fuͤr ihren Edelmann geſchaf-
fen ſind. Jch weiß, daß man es bey uns nicht
oͤffentlich ſagen darf, und daß auf dem Catheder

noch
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[157/0185] Satyriſche Briefe. „wie ein Gerichtsverwalter ſeyn muß; der dritte „Brief iſt der Gegenſatz von dieſem, und zeigt, „wie er nicht ſeyn ſoll. Dieſes deſto lebhafter zu „machen, habe ich den vierten Brief hinzu geſetzt. „Jch wuͤnſche, daß meine Leſer die guten Abſich- „ten erkennen moͤgen, die ich dabey gehabt habe. „Folgen ſie meinem Rathe, und bedienen ſie ſich „der Vortheile, die ich ihnen zeige, mit Ernſte: ſo „gebe ich ihnen mein Wort, es ſoll in zehn Jah- „ren kein Bauer mehr im ganzen Lande ſeyn. „Und, o! wie ruhig kann ein Edelmann auf ſei- „nem Gute leben, wenn er es ſo weit gebracht „hat!„ Gnaͤdiger Herr, Jch ſage es Jhnen aufrichtig, zu Jhrem Gerichts- verwalter ſchickt ſich niemand beſſer, als ich. Sie haben ſo geſunde Begriffe von der Gewalt uͤber Hals und Hand, und Beutel Jhrer Unter- thanen, daß ich mich freue, unter Jhrer Anfuͤh- rung dieſen elenden Geſchoͤpfen den Nachdruck un- ſerer Gerechtigkeit fuͤhlen zu laſſen. Wenn ich die Sache recht anſehe, ſo finde ich, daß die Bauern nicht fuͤr ſich, ſondern fuͤr ihren Edelmann geſchaf- fen ſind. Jch weiß, daß man es bey uns nicht oͤffentlich ſagen darf, und daß auf dem Catheder noch

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/185>, abgerufen am 26.04.2024.