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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Verhältniß katholischer Landesfürsten.
wann vorkommen, so findet man, daß solche von den her-
zoglichen Religionsräthen veranlaßt, von einer Provinzialre-
gierung und dem Pfleger eines kleinen Bezirks geführt wer-
den ohne alle eigentliche Theilnahme der bischöflichen Ge-
walt, der man nur zuletzt einen als schuldig betrachteten
Priester zu canonischer Strafe ausliefert. 1

Nicht so durchaus verschieden wie es scheinen sollte, ist
das Verhältniß der weltlichen Fürsten der alten Kirche zu
den Bischöfen von dem, das sich in den Landschaften der
augsburgischen Confession bildete. Nur erwehrte man sich
hier der bischöflichen Jurisdiction vollständig und mußte daran
denken sie anderweit zu ersetzen. Wir dürfen nicht versäumen,
auf diese Seite des Ereignisses noch einen Blick zu werfen.

Grundzüge der protestantischen Kirchenverfassung.

Wie der alte Zustand des mittelalterlichen Staates auf
einem Zusammenwirken der geistlichen und weltlichen Gewalt
beruhte, so entsprang die Neuerung zunächst daher, daß, als
die Bischöfe die Anhänger lutherischer Lehren zu bestrafen
versuchten, die Fürsten ihnen dabei ihren weltlichen Arm
nicht mehr liehen. Dieß allein reichte hin, der bischöflichen
Jurisdiction, welche bisher, z. B. in Sachsen, ziemlich be-
schwerlich gefallen, ein Ende zu machen. Die Erzpriester
und Diaconen, oder Officialen und Commissarien, durch welche
sie bisher ausgeübt worden, und die, da sie mit ihrer Ein-
nahme an die Sporteln verwiesen waren, sich selten ein Ver-
gehen hatten entschlüpfen lassen, erschienen nicht mehr.


1 Winter Geschichte der Baierischen Wiedertäufer p. 83.
28*

Verhaͤltniß katholiſcher Landesfuͤrſten.
wann vorkommen, ſo findet man, daß ſolche von den her-
zoglichen Religionsräthen veranlaßt, von einer Provinzialre-
gierung und dem Pfleger eines kleinen Bezirks geführt wer-
den ohne alle eigentliche Theilnahme der biſchöflichen Ge-
walt, der man nur zuletzt einen als ſchuldig betrachteten
Prieſter zu canoniſcher Strafe ausliefert. 1

Nicht ſo durchaus verſchieden wie es ſcheinen ſollte, iſt
das Verhältniß der weltlichen Fürſten der alten Kirche zu
den Biſchöfen von dem, das ſich in den Landſchaften der
augsburgiſchen Confeſſion bildete. Nur erwehrte man ſich
hier der biſchöflichen Jurisdiction vollſtändig und mußte daran
denken ſie anderweit zu erſetzen. Wir dürfen nicht verſäumen,
auf dieſe Seite des Ereigniſſes noch einen Blick zu werfen.

Grundzüge der proteſtantiſchen Kirchenverfaſſung.

Wie der alte Zuſtand des mittelalterlichen Staates auf
einem Zuſammenwirken der geiſtlichen und weltlichen Gewalt
beruhte, ſo entſprang die Neuerung zunächſt daher, daß, als
die Biſchöfe die Anhänger lutheriſcher Lehren zu beſtrafen
verſuchten, die Fürſten ihnen dabei ihren weltlichen Arm
nicht mehr liehen. Dieß allein reichte hin, der biſchöflichen
Jurisdiction, welche bisher, z. B. in Sachſen, ziemlich be-
ſchwerlich gefallen, ein Ende zu machen. Die Erzprieſter
und Diaconen, oder Officialen und Commiſſarien, durch welche
ſie bisher ausgeübt worden, und die, da ſie mit ihrer Ein-
nahme an die Sporteln verwieſen waren, ſich ſelten ein Ver-
gehen hatten entſchlüpfen laſſen, erſchienen nicht mehr.


1 Winter Geſchichte der Baieriſchen Wiedertaͤufer p. 83.
28*
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[435/0447] Verhaͤltniß katholiſcher Landesfuͤrſten. wann vorkommen, ſo findet man, daß ſolche von den her- zoglichen Religionsräthen veranlaßt, von einer Provinzialre- gierung und dem Pfleger eines kleinen Bezirks geführt wer- den ohne alle eigentliche Theilnahme der biſchöflichen Ge- walt, der man nur zuletzt einen als ſchuldig betrachteten Prieſter zu canoniſcher Strafe ausliefert. 1 Nicht ſo durchaus verſchieden wie es ſcheinen ſollte, iſt das Verhältniß der weltlichen Fürſten der alten Kirche zu den Biſchöfen von dem, das ſich in den Landſchaften der augsburgiſchen Confeſſion bildete. Nur erwehrte man ſich hier der biſchöflichen Jurisdiction vollſtändig und mußte daran denken ſie anderweit zu erſetzen. Wir dürfen nicht verſäumen, auf dieſe Seite des Ereigniſſes noch einen Blick zu werfen. Grundzüge der proteſtantiſchen Kirchenverfaſſung. Wie der alte Zuſtand des mittelalterlichen Staates auf einem Zuſammenwirken der geiſtlichen und weltlichen Gewalt beruhte, ſo entſprang die Neuerung zunächſt daher, daß, als die Biſchöfe die Anhänger lutheriſcher Lehren zu beſtrafen verſuchten, die Fürſten ihnen dabei ihren weltlichen Arm nicht mehr liehen. Dieß allein reichte hin, der biſchöflichen Jurisdiction, welche bisher, z. B. in Sachſen, ziemlich be- ſchwerlich gefallen, ein Ende zu machen. Die Erzprieſter und Diaconen, oder Officialen und Commiſſarien, durch welche ſie bisher ausgeübt worden, und die, da ſie mit ihrer Ein- nahme an die Sporteln verwieſen waren, ſich ſelten ein Ver- gehen hatten entſchlüpfen laſſen, erſchienen nicht mehr. 1 Winter Geſchichte der Baieriſchen Wiedertaͤufer p. 83. 28*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/447>, abgerufen am 26.04.2024.