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Reichardt, Christian: Land- und Garten-Schatzes. Bd. 5. Erfurt, 1754.

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1. Cap. Von 18jähriger Nutzung
§. 30.
Einwurf
von den
Schaf-Trif-
ten.

Noch ein scheinbarer Einwurf fället mir jetzo
bey, welcher mir könte gemachet werden. Es
wird nemlich heissen, daß sich die vieljährliche
Bestellung der Aecker, ohne darzwischen kommen-
de Brache, wegen der Schaf-Triften nicht thun
liesse, indem man um derselben willen die einmal
von undenklichen Zeiten her fast allenthalben ein-
geführte Gewohnheit, die Felder in das Winter-
Sommer- und Brach-Feld einzutheilen nothwen-
dig beobachten müste. Folglich habe man nicht
die Freyheit, wie die Erfurter, seine Güter zu be-
stellen, wenn und womit man wolle, sondern
man müsse sich an andern Orten nach der gewöhn-
lichen Ordnung richten. Ja so gar sey es an ei-
nigen Orten so schlim, wenn die Leute ihre Brach-
Aecker besömmerten, und die Früchte nicht vor
Michaelis von dem Lande wegschaffeten, daß die
Schäfer solche ohne Consideration abhüteten.

Auf diesen Punct dienet folgendes: Jch weiß
allzu wohl, daß an vielen Orten die alljährliche
Bestellung der Aecker wegen der Schaf-Triften
nicht angehen will; allein ich solte doch meinen,
daß man hierinnen gar wohl eine bessere Einrich-
tung machen könte. Denn entweder gehöret
das Trift-Recht denen Besitzern grosser Güter
selbsten, und so können ja dieselben ihren Hirten
alsobald befehlen, daß sie dergleichen Aecker, wel-
che zu meiner Cultur bestimmet sind, verschonen
sollen; oder es gehöret solches Recht gantzen Ge-

mein-
1. Cap. Von 18jaͤhriger Nutzung
§. 30.
Einwurf
von den
Schaf-Trif-
ten.

Noch ein ſcheinbarer Einwurf faͤllet mir jetzo
bey, welcher mir koͤnte gemachet werden. Es
wird nemlich heiſſen, daß ſich die vieljaͤhrliche
Beſtellung der Aecker, ohne darzwiſchen kommen-
de Brache, wegen der Schaf-Triften nicht thun
lieſſe, indem man um derſelben willen die einmal
von undenklichen Zeiten her faſt allenthalben ein-
gefuͤhrte Gewohnheit, die Felder in das Winter-
Sommer- und Brach-Feld einzutheilen nothwen-
dig beobachten muͤſte. Folglich habe man nicht
die Freyheit, wie die Erfurter, ſeine Guͤter zu be-
ſtellen, wenn und womit man wolle, ſondern
man muͤſſe ſich an andern Orten nach der gewoͤhn-
lichen Ordnung richten. Ja ſo gar ſey es an ei-
nigen Orten ſo ſchlim, wenn die Leute ihre Brach-
Aecker beſoͤmmerten, und die Fruͤchte nicht vor
Michaelis von dem Lande wegſchaffeten, daß die
Schaͤfer ſolche ohne Conſideration abhuͤteten.

Auf dieſen Punct dienet folgendes: Jch weiß
allzu wohl, daß an vielen Orten die alljaͤhrliche
Beſtellung der Aecker wegen der Schaf-Triften
nicht angehen will; allein ich ſolte doch meinen,
daß man hierinnen gar wohl eine beſſere Einrich-
tung machen koͤnte. Denn entweder gehoͤret
das Trift-Recht denen Beſitzern groſſer Guͤter
ſelbſten, und ſo koͤnnen ja dieſelben ihren Hirten
alſobald befehlen, daß ſie dergleichen Aecker, wel-
che zu meiner Cultur beſtimmet ſind, verſchonen
ſollen; oder es gehoͤret ſolches Recht gantzen Ge-

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[76/0111] 1. Cap. Von 18jaͤhriger Nutzung §. 30. Noch ein ſcheinbarer Einwurf faͤllet mir jetzo bey, welcher mir koͤnte gemachet werden. Es wird nemlich heiſſen, daß ſich die vieljaͤhrliche Beſtellung der Aecker, ohne darzwiſchen kommen- de Brache, wegen der Schaf-Triften nicht thun lieſſe, indem man um derſelben willen die einmal von undenklichen Zeiten her faſt allenthalben ein- gefuͤhrte Gewohnheit, die Felder in das Winter- Sommer- und Brach-Feld einzutheilen nothwen- dig beobachten muͤſte. Folglich habe man nicht die Freyheit, wie die Erfurter, ſeine Guͤter zu be- ſtellen, wenn und womit man wolle, ſondern man muͤſſe ſich an andern Orten nach der gewoͤhn- lichen Ordnung richten. Ja ſo gar ſey es an ei- nigen Orten ſo ſchlim, wenn die Leute ihre Brach- Aecker beſoͤmmerten, und die Fruͤchte nicht vor Michaelis von dem Lande wegſchaffeten, daß die Schaͤfer ſolche ohne Conſideration abhuͤteten. Auf dieſen Punct dienet folgendes: Jch weiß allzu wohl, daß an vielen Orten die alljaͤhrliche Beſtellung der Aecker wegen der Schaf-Triften nicht angehen will; allein ich ſolte doch meinen, daß man hierinnen gar wohl eine beſſere Einrich- tung machen koͤnte. Denn entweder gehoͤret das Trift-Recht denen Beſitzern groſſer Guͤter ſelbſten, und ſo koͤnnen ja dieſelben ihren Hirten alſobald befehlen, daß ſie dergleichen Aecker, wel- che zu meiner Cultur beſtimmet ſind, verſchonen ſollen; oder es gehoͤret ſolches Recht gantzen Ge- mein-

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Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- und Garten-Schatzes. Bd. 5. Erfurt, 1754, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz05_1754/111>, abgerufen am 27.04.2024.