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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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6. Periode. Das Shogunat der Tokugawa etc.
tischen Holländer und Engländer, welche zur Zeit des Iyeyasu nach
Japan kamen, stand und der Katholik diesen Eiferern gefährlicher
schien als der Heide.

War durch diese verschiedenen Einflüsse schon Iyeyasu von der
Staatsgefährlichkeit der fremden Missionäre und ihrer Lehre überzeugt
worden und hatte er darnach seine Entschlüsse gefasst, er, der noch
im Jahre 1606 den portugiesischen Bischof Cerquera mit allen Ehren
empfangen und beschenkt entlassen hatte, so galt dies noch vielmehr
von seinem Enkel Iyemitsu. Ein Ausspruch, welchen man demselben
zuschreibt, ist in dieser Beziehung zu bezeichnend, als dass wir ihm
nicht am Schlusse dieser Betrachtungen eine Stelle gönnen sollten:
"Wenn meine Dynastie in Folge von Bürgerkriegen verschwindet, so
ist dies eine Schande, die nur auf mich fällt; wenn jedoch nur ein
Zoll unseres Landes in fremde Hände fiele, so hätte sich dessen die
ganze Nation zu schämen".

Der Verlust des Handelsverkehres mit Japan wurde von den
Portugiesen zu Macao, sowie im Mutterlande schwer empfunden.
Mehrmals versuchte man, ihn wieder anzuknüpfen, doch mit sehr
ungünstigem Ausgange. So landeten im Jahre 1640 vier Abgesandte
des Gouverneurs von Macao, welche man gefangen nahm und in
Nagasaki mit dem grössten Theile der Schiffsmannschaft enthauptete.
Die Wenigen, denen man das Leben schenkte, wurden zurück nach
Macao gesandt, damit sie hier das Schicksal ihrer Gefährten als ab-
schreckendes Beispiel verkünden möchten. Bald darauf, nachdem
Portugal wieder selbständig geworden und König Johann IV. auf den
Thron gelangt war, erneute man von Lissabon aus den Versuch.
Zwei wohl ausgerüstete und mit reichen Geschenken versehene Kriegs-
schiffe unter Gonzales de Sequeira wurden abgesandt und warfen
Anker bei Iwo-shima im Süden von Satsuma. Nach 43 Tage langen
vergeblichen Bemühungen, mit der Regierung einen neuen Verkehr
anzuknüpfen, musste man wieder absegeln und das Feld für immer
den Holländern überlassen, die auch bereits im übrigen Ostasien die
portugiesische Erbschaft angetreten hatten und gerade um diese Zeit,
wo ein Abel Tasman und Martin Gerritszoon Vries ihre Schiffe durch
den Stillen Ocean führten, auf dem Gipfel ihrer Unternehmungslust
standen.

Der nahezu hundertjährige Verkehr der Portugiesen mit Japan
hat, abgesehen von der Geschichte, trotz der grossen Erleichterungen,
unter welchen derselbe stattfand, nur in bescheidenem Maasse zur
Erweiterung unserer Kenntnisse über jene ferne Inselwelt beigetragen.
Es blieb ihren Nachfolgern, den Holländern, und insbesondere den

6. Periode. Das Shôgunat der Tokugawa etc.
tischen Holländer und Engländer, welche zur Zeit des Iyeyasu nach
Japan kamen, stand und der Katholik diesen Eiferern gefährlicher
schien als der Heide.

War durch diese verschiedenen Einflüsse schon Iyeyasu von der
Staatsgefährlichkeit der fremden Missionäre und ihrer Lehre überzeugt
worden und hatte er darnach seine Entschlüsse gefasst, er, der noch
im Jahre 1606 den portugiesischen Bischof Cerquera mit allen Ehren
empfangen und beschenkt entlassen hatte, so galt dies noch vielmehr
von seinem Enkel Iyemitsu. Ein Ausspruch, welchen man demselben
zuschreibt, ist in dieser Beziehung zu bezeichnend, als dass wir ihm
nicht am Schlusse dieser Betrachtungen eine Stelle gönnen sollten:
»Wenn meine Dynastie in Folge von Bürgerkriegen verschwindet, so
ist dies eine Schande, die nur auf mich fällt; wenn jedoch nur ein
Zoll unseres Landes in fremde Hände fiele, so hätte sich dessen die
ganze Nation zu schämen«.

Der Verlust des Handelsverkehres mit Japan wurde von den
Portugiesen zu Macao, sowie im Mutterlande schwer empfunden.
Mehrmals versuchte man, ihn wieder anzuknüpfen, doch mit sehr
ungünstigem Ausgange. So landeten im Jahre 1640 vier Abgesandte
des Gouverneurs von Macao, welche man gefangen nahm und in
Nagasaki mit dem grössten Theile der Schiffsmannschaft enthauptete.
Die Wenigen, denen man das Leben schenkte, wurden zurück nach
Macao gesandt, damit sie hier das Schicksal ihrer Gefährten als ab-
schreckendes Beispiel verkünden möchten. Bald darauf, nachdem
Portugal wieder selbständig geworden und König Johann IV. auf den
Thron gelangt war, erneute man von Lissabon aus den Versuch.
Zwei wohl ausgerüstete und mit reichen Geschenken versehene Kriegs-
schiffe unter Gonzales de Sequeira wurden abgesandt und warfen
Anker bei Iwo-shima im Süden von Satsuma. Nach 43 Tage langen
vergeblichen Bemühungen, mit der Regierung einen neuen Verkehr
anzuknüpfen, musste man wieder absegeln und das Feld für immer
den Holländern überlassen, die auch bereits im übrigen Ostasien die
portugiesische Erbschaft angetreten hatten und gerade um diese Zeit,
wo ein Abel Tasman und Martin Gerritszoon Vries ihre Schiffe durch
den Stillen Ocean führten, auf dem Gipfel ihrer Unternehmungslust
standen.

Der nahezu hundertjährige Verkehr der Portugiesen mit Japan
hat, abgesehen von der Geschichte, trotz der grossen Erleichterungen,
unter welchen derselbe stattfand, nur in bescheidenem Maasse zur
Erweiterung unserer Kenntnisse über jene ferne Inselwelt beigetragen.
Es blieb ihren Nachfolgern, den Holländern, und insbesondere den

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[359/0385] 6. Periode. Das Shôgunat der Tokugawa etc. tischen Holländer und Engländer, welche zur Zeit des Iyeyasu nach Japan kamen, stand und der Katholik diesen Eiferern gefährlicher schien als der Heide. War durch diese verschiedenen Einflüsse schon Iyeyasu von der Staatsgefährlichkeit der fremden Missionäre und ihrer Lehre überzeugt worden und hatte er darnach seine Entschlüsse gefasst, er, der noch im Jahre 1606 den portugiesischen Bischof Cerquera mit allen Ehren empfangen und beschenkt entlassen hatte, so galt dies noch vielmehr von seinem Enkel Iyemitsu. Ein Ausspruch, welchen man demselben zuschreibt, ist in dieser Beziehung zu bezeichnend, als dass wir ihm nicht am Schlusse dieser Betrachtungen eine Stelle gönnen sollten: »Wenn meine Dynastie in Folge von Bürgerkriegen verschwindet, so ist dies eine Schande, die nur auf mich fällt; wenn jedoch nur ein Zoll unseres Landes in fremde Hände fiele, so hätte sich dessen die ganze Nation zu schämen«. Der Verlust des Handelsverkehres mit Japan wurde von den Portugiesen zu Macao, sowie im Mutterlande schwer empfunden. Mehrmals versuchte man, ihn wieder anzuknüpfen, doch mit sehr ungünstigem Ausgange. So landeten im Jahre 1640 vier Abgesandte des Gouverneurs von Macao, welche man gefangen nahm und in Nagasaki mit dem grössten Theile der Schiffsmannschaft enthauptete. Die Wenigen, denen man das Leben schenkte, wurden zurück nach Macao gesandt, damit sie hier das Schicksal ihrer Gefährten als ab- schreckendes Beispiel verkünden möchten. Bald darauf, nachdem Portugal wieder selbständig geworden und König Johann IV. auf den Thron gelangt war, erneute man von Lissabon aus den Versuch. Zwei wohl ausgerüstete und mit reichen Geschenken versehene Kriegs- schiffe unter Gonzales de Sequeira wurden abgesandt und warfen Anker bei Iwo-shima im Süden von Satsuma. Nach 43 Tage langen vergeblichen Bemühungen, mit der Regierung einen neuen Verkehr anzuknüpfen, musste man wieder absegeln und das Feld für immer den Holländern überlassen, die auch bereits im übrigen Ostasien die portugiesische Erbschaft angetreten hatten und gerade um diese Zeit, wo ein Abel Tasman und Martin Gerritszoon Vries ihre Schiffe durch den Stillen Ocean führten, auf dem Gipfel ihrer Unternehmungslust standen. Der nahezu hundertjährige Verkehr der Portugiesen mit Japan hat, abgesehen von der Geschichte, trotz der grossen Erleichterungen, unter welchen derselbe stattfand, nur in bescheidenem Maasse zur Erweiterung unserer Kenntnisse über jene ferne Inselwelt beigetragen. Es blieb ihren Nachfolgern, den Holländern, und insbesondere den

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/385>, abgerufen am 26.04.2024.