Er hat mich zu einem Sprichwort des Volkes gemacht: und vorzeiten war ich, wie eine Pauke, zum Frohlocken bestimmet.
Meine Tage sind vergangen; meine An- schläge, ja selbst die Gedanken meines Herzens sind zernichtet.
Da ich Gutes erwartete: kam das Böse über mich. Und da ich auf das Licht harrete: kam Finsterniß.
Und wo ist nun meine Hoffnung? - -
Dennoch will ich alle Tage des mir be- stimmten Lebens warten, bis mein Zustand zu seinem Wechsel kommt.
Der hundert und zehnte Brief von Frl. Clar. Harlowe an Hrn. Joh. Harlowe.
Donnerstags, den 10ten Aug.
Hochgeehrter Herr.
Es war ein Werk der Liebe, was ich mir aus- bat: nur ein letzter Segen, damit ich geru- hig sterben möchte. Jch verlange nicht wieder aufgenommen zu werden: wie meiner harten Schwester, o! daß ich nur nicht an sie geschrie- ben hätte! mir zur Absicht anzudichten beliebet. Diese Gewogenheit mag man mir versagen, wenn ich darum anhalte.
Jch
Er hat mich zu einem Sprichwort des Volkes gemacht: und vorzeiten war ich, wie eine Pauke, zum Frohlocken beſtimmet.
Meine Tage ſind vergangen; meine An- ſchlaͤge, ja ſelbſt die Gedanken meines Herzens ſind zernichtet.
Da ich Gutes erwartete: kam das Boͤſe uͤber mich. Und da ich auf das Licht harrete: kam Finſterniß.
Und wo iſt nun meine Hoffnung? ‒ ‒
Dennoch will ich alle Tage des mir be- ſtimmten Lebens warten, bis mein Zuſtand zu ſeinem Wechſel kommt.
Der hundert und zehnte Brief von Frl. Clar. Harlowe an Hrn. Joh. Harlowe.
Donnerſtags, den 10ten Aug.
Hochgeehrter Herr.
Es war ein Werk der Liebe, was ich mir aus- bat: nur ein letzter Segen, damit ich geru- hig ſterben moͤchte. Jch verlange nicht wieder aufgenommen zu werden: wie meiner harten Schweſter, o! daß ich nur nicht an ſie geſchrie- ben haͤtte! mir zur Abſicht anzudichten beliebet. Dieſe Gewogenheit mag man mir verſagen, wenn ich darum anhalte.
Jch
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Er hat mich zu einem Sprichwort des
Volkes gemacht: und vorzeiten war ich, wie
eine Pauke, zum Frohlocken beſtimmet.
Meine Tage ſind vergangen; meine An-
ſchlaͤge, ja ſelbſt die Gedanken meines Herzens
ſind zernichtet.
Da ich Gutes erwartete: kam das Boͤſe
uͤber mich. Und da ich auf das Licht harrete:
kam Finſterniß.
Und wo iſt nun meine Hoffnung? ‒ ‒
Dennoch will ich alle Tage des mir be-
ſtimmten Lebens warten, bis mein Zuſtand zu
ſeinem Wechſel kommt.
Der hundert und zehnte Brief
von
Frl. Clar. Harlowe an Hrn. Joh. Harlowe.
Donnerſtags, den 10ten Aug.
Hochgeehrter Herr.
Es war ein Werk der Liebe, was ich mir aus-
bat: nur ein letzter Segen, damit ich geru-
hig ſterben moͤchte. Jch verlange nicht wieder
aufgenommen zu werden: wie meiner harten
Schweſter, o! daß ich nur nicht an ſie geſchrie-
ben haͤtte! mir zur Abſicht anzudichten beliebet.
Dieſe Gewogenheit mag man mir verſagen, wenn
ich darum anhalte.
Jch
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 738. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/744>, abgerufen am 26.04.2024.
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