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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923.

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Verkehrsteilung hierunter versteht man die Vereinbarungen zwischen zwei oder mehreren Eisenbahnverwaltungen über die Leitung des Güterverkehrs in Verkehrsverbindungen, in denen für die Verkehrsleitung mehrere Wege in Betracht kommen.

Eine V. kommt nur im Güterverkehr - im weiteren Sinne, einschließlich des Tierverkehrs - vor, da im Personenverkehr und im dazu gehörenden Gepäckverkehr der freie Wille des Reisenden einer Teilung widerstrebt. Auch in demjenigen Güterverkehr, der sich innerhalb des Netzes einer einzelnen Verwaltung bewegt, spricht man nicht von V., obwohl auch hier eine Aufteilung des zwischen bestimmten einzelnen Stationen oder zwischen bestimmten Verkehrsgebieten aufkommenden Güterverkehrs auf mehrere zur Verfügung stehende Wege vorkommen kann und vorkommt, insbesondere bei größeren und ganz großen Netzen. Wie für die Regelung der Verkehrsleitung überhaupt im Binnenverkehr eines einzelnen Eisenbahnnetzes in der Hauptsache betriebs- und beförderungsökonomische Erwägungen maßgebend sind, so bestimmt sich hierbei auch die Verteilung des Verkehrs auf mehrere etwa in Betracht kommende Linien nicht nach kommerziellen Interessen, sondern nach Gesichtspunkten des Betriebs-, Beförderungs- und Wagendienstes: die Verwaltung wird einen bestimmten Verkehr auf ihren Linien in der Weise verteilen, daß sie mit dem geringsten baulichen und betrieblichen Aufwand einerseits, aber unter voller Erfüllung ihrer Verpflichtungen anderseits die Transporte erledigt; dies kann geschehen in möglichster Zusammenfassung auf eine Linie - nicht immer die kürzeste - aber auch durch Verteilung nach bestimmten Gesichtspunkten - Zuscheidung der Wagenladungen auf die eine, des Stückguts auf die andere Linie, Scheidung von Frachtgut und Eilgut, oder unter richtungsweiser oder zeitlicher Verteilung. Alle diese Verfügungen über die Verteilung des Verkehrs auf verschiedene Linien eines einzelnen Netzes sind aber nicht V. im fachmännischtechnischen Sinne.

Solche begreift vielmehr stets eine Vereinbarung über kommerzielle Interessenfragen in sich, wie sie bei der Regelung der Verkehrsleitung zwischen mehreren Eisenbahnen auftauchen. Auch beim Verkehr zwischen zwei oder mehreren Eisenbahnverwaltungen spricht man von V. dann nicht, wenn die Bedienung des Verkehrs zwischen einer Stationsverbindung oder einer Gruppe von Stationsverbindungen oder der ganzen beiderseitigen Netze über eine bestimmte Linie ohne Vorbehalt vereinbart wird, sei es weil die beiderseitigen Interessen auf die Benutzung dieser Linie hinweisen oder weil die Lage der Gebiete eine möglichst einfache Lösung erfordert oder weil der Verzicht auf die Berücksichtigung der noch in Frage kommenden anderen Wege einen geeigneten Ausgleich der entgegenstehenden Interessen darstellt. Unter solchen Gesichtspunkten entstehen z. B. Vereinbarungen zwischen zwei oder mehreren Eisenbahnverwaltungen auf Leitung des Verkehrs zwischen bestimmten Gebieten über die zur Zeit der Vereinbarung kürzesten Wege oder über die jeweils kürzesten Wege oder über je einen Weg für bestimmte Gebietsgruppen; auch für solche kann die Bezeichnung V. noch nicht gebraucht werden.

Dagegen liegt eine V. überall da vor, wo durch Vertrag zwischen zwei oder mehreren Eisenbahnverwaltungen anerkannt wird, daß für die Bedienung des Verkehrs zwischen bestimmten Stationen oder bestimmten Gebieten an sich zwei oder mehrere Wege in Betracht kommen, und zugleich vereinbart wird, ob, inwieweit und unter welchen Bedingungen die hiernach als bedienungsberechtigt anerkannten Wege tatsächlich zur Verkehrsbedienung herangezogen werden.

Der beherrschende Gedanke bei Regelung der Verkehrsleitung im Wechselverkehr mit einer anderen Eisenbahn wird für jede Eisenbahnverwaltung der sein, einen möglichst großen Anteil an der für die ganze Verbindung anfallenden Fracht, die mit der anderen oder den anderen mitbeteiligten Eisenbahnen zu teilen ist, für sich zu erhalten. Da sich der Anteil in der Regel nach dem Verhältnis der Länge des eigenen Weges am Gesamtweg richtet, muß also das Bestreben jeder einzelnen beteiligten Eisenbahn sein, den Verkehr zu einem möglichst langen Teil über die eigenen Strecken zu leiten natürlich stets innerhalb der Grenze, daß die Erfüllung der Verpflichtung aus dem Frachtvertrag dadurch nicht gefährdet wird. Dieses Bestreben jeder einzelnen, nur für einen Teil des Transportweges zuständigen Eisenbahn ergibt vielfach Gegensätze und die V. stellt sich dar als der Ausgleich der entgegenstehenden Interessen der an einem Frachtvertrag beteiligten Eisenbahnen, den Verkehr möglichst weit über die eigenen Strecken zu befördern, unter gleichzeitiger Wahrung der Interessen des Verfrachters an der ordnungsmäßigen Erfüllung des Frachtvertrages.

Dieser Ausgleich wird natürlich nicht für den einzelnen Frachtvertrag abgeschlossen, auch nicht für die Frachtverträge im Verkehr zwischen

Verkehrsteilung hierunter versteht man die Vereinbarungen zwischen zwei oder mehreren Eisenbahnverwaltungen über die Leitung des Güterverkehrs in Verkehrsverbindungen, in denen für die Verkehrsleitung mehrere Wege in Betracht kommen.

Eine V. kommt nur im Güterverkehr – im weiteren Sinne, einschließlich des Tierverkehrs – vor, da im Personenverkehr und im dazu gehörenden Gepäckverkehr der freie Wille des Reisenden einer Teilung widerstrebt. Auch in demjenigen Güterverkehr, der sich innerhalb des Netzes einer einzelnen Verwaltung bewegt, spricht man nicht von V., obwohl auch hier eine Aufteilung des zwischen bestimmten einzelnen Stationen oder zwischen bestimmten Verkehrsgebieten aufkommenden Güterverkehrs auf mehrere zur Verfügung stehende Wege vorkommen kann und vorkommt, insbesondere bei größeren und ganz großen Netzen. Wie für die Regelung der Verkehrsleitung überhaupt im Binnenverkehr eines einzelnen Eisenbahnnetzes in der Hauptsache betriebs- und beförderungsökonomische Erwägungen maßgebend sind, so bestimmt sich hierbei auch die Verteilung des Verkehrs auf mehrere etwa in Betracht kommende Linien nicht nach kommerziellen Interessen, sondern nach Gesichtspunkten des Betriebs-, Beförderungs- und Wagendienstes: die Verwaltung wird einen bestimmten Verkehr auf ihren Linien in der Weise verteilen, daß sie mit dem geringsten baulichen und betrieblichen Aufwand einerseits, aber unter voller Erfüllung ihrer Verpflichtungen anderseits die Transporte erledigt; dies kann geschehen in möglichster Zusammenfassung auf eine Linie – nicht immer die kürzeste – aber auch durch Verteilung nach bestimmten Gesichtspunkten – Zuscheidung der Wagenladungen auf die eine, des Stückguts auf die andere Linie, Scheidung von Frachtgut und Eilgut, oder unter richtungsweiser oder zeitlicher Verteilung. Alle diese Verfügungen über die Verteilung des Verkehrs auf verschiedene Linien eines einzelnen Netzes sind aber nicht V. im fachmännischtechnischen Sinne.

Solche begreift vielmehr stets eine Vereinbarung über kommerzielle Interessenfragen in sich, wie sie bei der Regelung der Verkehrsleitung zwischen mehreren Eisenbahnen auftauchen. Auch beim Verkehr zwischen zwei oder mehreren Eisenbahnverwaltungen spricht man von V. dann nicht, wenn die Bedienung des Verkehrs zwischen einer Stationsverbindung oder einer Gruppe von Stationsverbindungen oder der ganzen beiderseitigen Netze über eine bestimmte Linie ohne Vorbehalt vereinbart wird, sei es weil die beiderseitigen Interessen auf die Benutzung dieser Linie hinweisen oder weil die Lage der Gebiete eine möglichst einfache Lösung erfordert oder weil der Verzicht auf die Berücksichtigung der noch in Frage kommenden anderen Wege einen geeigneten Ausgleich der entgegenstehenden Interessen darstellt. Unter solchen Gesichtspunkten entstehen z. B. Vereinbarungen zwischen zwei oder mehreren Eisenbahnverwaltungen auf Leitung des Verkehrs zwischen bestimmten Gebieten über die zur Zeit der Vereinbarung kürzesten Wege oder über die jeweils kürzesten Wege oder über je einen Weg für bestimmte Gebietsgruppen; auch für solche kann die Bezeichnung V. noch nicht gebraucht werden.

Dagegen liegt eine V. überall da vor, wo durch Vertrag zwischen zwei oder mehreren Eisenbahnverwaltungen anerkannt wird, daß für die Bedienung des Verkehrs zwischen bestimmten Stationen oder bestimmten Gebieten an sich zwei oder mehrere Wege in Betracht kommen, und zugleich vereinbart wird, ob, inwieweit und unter welchen Bedingungen die hiernach als bedienungsberechtigt anerkannten Wege tatsächlich zur Verkehrsbedienung herangezogen werden.

Der beherrschende Gedanke bei Regelung der Verkehrsleitung im Wechselverkehr mit einer anderen Eisenbahn wird für jede Eisenbahnverwaltung der sein, einen möglichst großen Anteil an der für die ganze Verbindung anfallenden Fracht, die mit der anderen oder den anderen mitbeteiligten Eisenbahnen zu teilen ist, für sich zu erhalten. Da sich der Anteil in der Regel nach dem Verhältnis der Länge des eigenen Weges am Gesamtweg richtet, muß also das Bestreben jeder einzelnen beteiligten Eisenbahn sein, den Verkehr zu einem möglichst langen Teil über die eigenen Strecken zu leiten natürlich stets innerhalb der Grenze, daß die Erfüllung der Verpflichtung aus dem Frachtvertrag dadurch nicht gefährdet wird. Dieses Bestreben jeder einzelnen, nur für einen Teil des Transportweges zuständigen Eisenbahn ergibt vielfach Gegensätze und die V. stellt sich dar als der Ausgleich der entgegenstehenden Interessen der an einem Frachtvertrag beteiligten Eisenbahnen, den Verkehr möglichst weit über die eigenen Strecken zu befördern, unter gleichzeitiger Wahrung der Interessen des Verfrachters an der ordnungsmäßigen Erfüllung des Frachtvertrages.

Dieser Ausgleich wird natürlich nicht für den einzelnen Frachtvertrag abgeschlossen, auch nicht für die Frachtverträge im Verkehr zwischen

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[119/0132] Verkehrsteilung hierunter versteht man die Vereinbarungen zwischen zwei oder mehreren Eisenbahnverwaltungen über die Leitung des Güterverkehrs in Verkehrsverbindungen, in denen für die Verkehrsleitung mehrere Wege in Betracht kommen. Eine V. kommt nur im Güterverkehr – im weiteren Sinne, einschließlich des Tierverkehrs – vor, da im Personenverkehr und im dazu gehörenden Gepäckverkehr der freie Wille des Reisenden einer Teilung widerstrebt. Auch in demjenigen Güterverkehr, der sich innerhalb des Netzes einer einzelnen Verwaltung bewegt, spricht man nicht von V., obwohl auch hier eine Aufteilung des zwischen bestimmten einzelnen Stationen oder zwischen bestimmten Verkehrsgebieten aufkommenden Güterverkehrs auf mehrere zur Verfügung stehende Wege vorkommen kann und vorkommt, insbesondere bei größeren und ganz großen Netzen. Wie für die Regelung der Verkehrsleitung überhaupt im Binnenverkehr eines einzelnen Eisenbahnnetzes in der Hauptsache betriebs- und beförderungsökonomische Erwägungen maßgebend sind, so bestimmt sich hierbei auch die Verteilung des Verkehrs auf mehrere etwa in Betracht kommende Linien nicht nach kommerziellen Interessen, sondern nach Gesichtspunkten des Betriebs-, Beförderungs- und Wagendienstes: die Verwaltung wird einen bestimmten Verkehr auf ihren Linien in der Weise verteilen, daß sie mit dem geringsten baulichen und betrieblichen Aufwand einerseits, aber unter voller Erfüllung ihrer Verpflichtungen anderseits die Transporte erledigt; dies kann geschehen in möglichster Zusammenfassung auf eine Linie – nicht immer die kürzeste – aber auch durch Verteilung nach bestimmten Gesichtspunkten – Zuscheidung der Wagenladungen auf die eine, des Stückguts auf die andere Linie, Scheidung von Frachtgut und Eilgut, oder unter richtungsweiser oder zeitlicher Verteilung. Alle diese Verfügungen über die Verteilung des Verkehrs auf verschiedene Linien eines einzelnen Netzes sind aber nicht V. im fachmännischtechnischen Sinne. Solche begreift vielmehr stets eine Vereinbarung über kommerzielle Interessenfragen in sich, wie sie bei der Regelung der Verkehrsleitung zwischen mehreren Eisenbahnen auftauchen. Auch beim Verkehr zwischen zwei oder mehreren Eisenbahnverwaltungen spricht man von V. dann nicht, wenn die Bedienung des Verkehrs zwischen einer Stationsverbindung oder einer Gruppe von Stationsverbindungen oder der ganzen beiderseitigen Netze über eine bestimmte Linie ohne Vorbehalt vereinbart wird, sei es weil die beiderseitigen Interessen auf die Benutzung dieser Linie hinweisen oder weil die Lage der Gebiete eine möglichst einfache Lösung erfordert oder weil der Verzicht auf die Berücksichtigung der noch in Frage kommenden anderen Wege einen geeigneten Ausgleich der entgegenstehenden Interessen darstellt. Unter solchen Gesichtspunkten entstehen z. B. Vereinbarungen zwischen zwei oder mehreren Eisenbahnverwaltungen auf Leitung des Verkehrs zwischen bestimmten Gebieten über die zur Zeit der Vereinbarung kürzesten Wege oder über die jeweils kürzesten Wege oder über je einen Weg für bestimmte Gebietsgruppen; auch für solche kann die Bezeichnung V. noch nicht gebraucht werden. Dagegen liegt eine V. überall da vor, wo durch Vertrag zwischen zwei oder mehreren Eisenbahnverwaltungen anerkannt wird, daß für die Bedienung des Verkehrs zwischen bestimmten Stationen oder bestimmten Gebieten an sich zwei oder mehrere Wege in Betracht kommen, und zugleich vereinbart wird, ob, inwieweit und unter welchen Bedingungen die hiernach als bedienungsberechtigt anerkannten Wege tatsächlich zur Verkehrsbedienung herangezogen werden. Der beherrschende Gedanke bei Regelung der Verkehrsleitung im Wechselverkehr mit einer anderen Eisenbahn wird für jede Eisenbahnverwaltung der sein, einen möglichst großen Anteil an der für die ganze Verbindung anfallenden Fracht, die mit der anderen oder den anderen mitbeteiligten Eisenbahnen zu teilen ist, für sich zu erhalten. Da sich der Anteil in der Regel nach dem Verhältnis der Länge des eigenen Weges am Gesamtweg richtet, muß also das Bestreben jeder einzelnen beteiligten Eisenbahn sein, den Verkehr zu einem möglichst langen Teil über die eigenen Strecken zu leiten natürlich stets innerhalb der Grenze, daß die Erfüllung der Verpflichtung aus dem Frachtvertrag dadurch nicht gefährdet wird. Dieses Bestreben jeder einzelnen, nur für einen Teil des Transportweges zuständigen Eisenbahn ergibt vielfach Gegensätze und die V. stellt sich dar als der Ausgleich der entgegenstehenden Interessen der an einem Frachtvertrag beteiligten Eisenbahnen, den Verkehr möglichst weit über die eigenen Strecken zu befördern, unter gleichzeitiger Wahrung der Interessen des Verfrachters an der ordnungsmäßigen Erfüllung des Frachtvertrages. Dieser Ausgleich wird natürlich nicht für den einzelnen Frachtvertrag abgeschlossen, auch nicht für die Frachtverträge im Verkehr zwischen

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen10_1923/132>, abgerufen am 09.05.2024.