Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.

Bild:
<< vorherige Seite
Andertes Buch.
182. GOtt' ist alles gegenwärtig.
Es ist kein Vor noch Nach: was Morgen sol geschehn/
Hat GOtt von Ewigkeit schon wesentlich gesehn.
183. Jn der mitten siht man alles.
Setz dich in Mittelpunct/ so sihstu alls zugleich/
Was jetz und dann geschicht/ hier und im Himmelreich.
184. Der Cherubin schaut nur auf
GOtt.
Wer hier auf niemand siht/ als nur auf GOtt allein:
Wird dort ein Cherubin bey seinem Throne sein.
185. Der Sohn und Gnadenthron.
Weg mit dem Schattenstul: der Eingebohrne Sohn/
Jst nun in mir daß selbst/ und mein Versöhnungsthron.
186. Man sol GOtt nit versuchen.
Sey Züchtig/ Keusch und Still: wer unbedachtsam
rennt/
Wird von der Majestät gestürtzet und verbrennt.
187. Jch darf kein Ferrn-Gesicht.
Freund/ so ich für mich selbst kan in die woite sehn:
Was darf es dann erst durch dein ferrn Gesicht ge-
schehn?
188. Man mißt daß wesen nicht.
Es ist kein Anfang nicht/ es ist auch nicht ein Ende/
Kein Mittelpunct noch Kreiß/ wie ich mich jmmer
wende.
189. Der Anfang findt daß Ende.
Wann GOtt sich mit mir Mensch vereinigt und ver-
bindt/
So siht der Anbegin/ daß er sein Ende findt.
190. Von GOtt.
Gott der geneust sich selbst: wird seiner auch nicht satt/
Weil Er an sich allein die höchste gnüge hat.
191. Ver-
D 4
Andertes Buch.
182. GOtt’ iſt alles gegenwaͤrtig.
Es iſt kein Vor noch Nach: was Morgen ſol geſchehn/
Hat GOtt von Ewigkeit ſchon weſentlich geſehn.
183. Jn der mitten ſiht man alles.
Setz dich in Mittelpunct/ ſo ſihſtu alls zugleich/
Was jetz und dann geſchicht/ hier und im Him̃elreich.
184. Der Cherubin ſchaut nur auf
GOtt.
Wer hier auf niemand ſiht/ als nur auf GOtt allein:
Wird dort ein Cherubin bey ſeinem Throne ſein.
185. Der Sohn und Gnadenthron.
Weg mit dem Schattenſtul: der Eingebohrne Sohn/
Jſt nun in mir daß ſelbſt/ uñ mein Verſoͤhnungsthron.
186. Man ſol GOtt nit verſuchen.
Sey Zuͤchtig/ Keuſch und Still: wer unbedachtſam
rennt/
Wird von der Majeſtaͤt geſtuͤrtzet und verbrennt.
187. Jch darf kein Ferꝛn-Geſicht.
Freund/ ſo ich fuͤr mich ſelbſt kan in die woite ſehn:
Was darf es dann erſt durch dein ferꝛn Geſicht ge-
ſchehn?
188. Man mißt daß weſen nicht.
Es iſt kein Anfang nicht/ es iſt auch nicht ein Ende/
Kein Mittelpunct noch Kreiß/ wie ich mich jmmer
wende.
189. Der Anfang findt daß Ende.
Wann GOtt ſich mit mir Menſch vereinigt und ver-
bindt/
So ſiht der Anbegin/ daß er ſein Ende findt.
190. Von GOtt.
Gott der geneuſt ſich ſelbſt: wird ſeiner auch nicht ſatt/
Weil Er an ſich allein die hoͤchſte gnüge hat.
191. Ver-
D 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0083" n="79[77]"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Andertes Buch.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">182. GOtt&#x2019; i&#x017F;t alles gegenwa&#x0364;rtig.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Es i&#x017F;t kein Vor noch Nach: was Morgen &#x017F;ol ge&#x017F;chehn/</l><lb/>
            <l>Hat GOtt von Ewigkeit &#x017F;chon we&#x017F;entlich ge&#x017F;ehn.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">183. Jn der mitten &#x017F;iht man alles.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Setz dich in Mittelpunct/ &#x017F;o &#x017F;ih&#x017F;tu alls zugleich/</l><lb/>
            <l>Was jetz und dann ge&#x017F;chicht/ hier und im Him&#x0303;elreich.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">184. Der Cherubin &#x017F;chaut nur auf<lb/>
GOtt.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Wer hier auf niemand &#x017F;iht/ als nur auf GOtt allein:</l><lb/>
            <l>Wird dort ein <hi rendition="#fr">Cherubin</hi> bey &#x017F;einem Throne &#x017F;ein.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">185. Der Sohn und Gnadenthron.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Weg mit dem Schatten&#x017F;tul: der Eingebohrne Sohn/</l><lb/>
            <l>J&#x017F;t nun in mir daß &#x017F;elb&#x017F;t/ un&#x0303; mein Ver&#x017F;o&#x0364;hnungsthron.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">186. Man &#x017F;ol GOtt nit ver&#x017F;uchen.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Sey Zu&#x0364;chtig/ Keu&#x017F;ch und Still: wer unbedacht&#x017F;am</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">rennt/</hi> </l><lb/>
            <l>Wird von der Maje&#x017F;ta&#x0364;t ge&#x017F;tu&#x0364;rtzet und verbrennt.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">187. Jch darf kein Fer&#xA75B;n-Ge&#x017F;icht.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Freund/ &#x017F;o ich fu&#x0364;r mich &#x017F;elb&#x017F;t kan in die woite &#x017F;ehn:</l><lb/>
            <l>Was darf es dann er&#x017F;t durch dein fer&#xA75B;n Ge&#x017F;icht ge-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">&#x017F;chehn?</hi> </l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">188. Man mißt daß we&#x017F;en nicht.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Es i&#x017F;t kein Anfang nicht/ es i&#x017F;t auch nicht ein Ende/</l><lb/>
            <l>Kein Mittelpunct noch Kreiß/ wie ich mich jmmer</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">wende.</hi> </l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">189. Der Anfang findt daß Ende.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Wann GOtt &#x017F;ich mit mir Men&#x017F;ch vereinigt und ver-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">bindt/</hi> </l><lb/>
            <l>So &#x017F;iht der Anbegin/ daß er &#x017F;ein Ende findt.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">190. Von GOtt.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Gott der geneu&#x017F;t &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t: wird &#x017F;einer auch nicht &#x017F;att/</l><lb/>
            <l>Weil Er an &#x017F;ich allein die ho&#x0364;ch&#x017F;te gnüge hat.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig"> <hi rendition="#b">D 4</hi> </fw>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">191. Ver-</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[79[77]/0083] Andertes Buch. 182. GOtt’ iſt alles gegenwaͤrtig. Es iſt kein Vor noch Nach: was Morgen ſol geſchehn/ Hat GOtt von Ewigkeit ſchon weſentlich geſehn. 183. Jn der mitten ſiht man alles. Setz dich in Mittelpunct/ ſo ſihſtu alls zugleich/ Was jetz und dann geſchicht/ hier und im Him̃elreich. 184. Der Cherubin ſchaut nur auf GOtt. Wer hier auf niemand ſiht/ als nur auf GOtt allein: Wird dort ein Cherubin bey ſeinem Throne ſein. 185. Der Sohn und Gnadenthron. Weg mit dem Schattenſtul: der Eingebohrne Sohn/ Jſt nun in mir daß ſelbſt/ uñ mein Verſoͤhnungsthron. 186. Man ſol GOtt nit verſuchen. Sey Zuͤchtig/ Keuſch und Still: wer unbedachtſam rennt/ Wird von der Majeſtaͤt geſtuͤrtzet und verbrennt. 187. Jch darf kein Ferꝛn-Geſicht. Freund/ ſo ich fuͤr mich ſelbſt kan in die woite ſehn: Was darf es dann erſt durch dein ferꝛn Geſicht ge- ſchehn? 188. Man mißt daß weſen nicht. Es iſt kein Anfang nicht/ es iſt auch nicht ein Ende/ Kein Mittelpunct noch Kreiß/ wie ich mich jmmer wende. 189. Der Anfang findt daß Ende. Wann GOtt ſich mit mir Menſch vereinigt und ver- bindt/ So ſiht der Anbegin/ daß er ſein Ende findt. 190. Von GOtt. Gott der geneuſt ſich ſelbſt: wird ſeiner auch nicht ſatt/ Weil Er an ſich allein die hoͤchſte gnüge hat. 191. Ver- D 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk erschien 1675 in einer zweiten, um ei… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/83
Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657, S. 79[77]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/83>, abgerufen am 27.04.2024.