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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

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Dritter Abschnitt.
vorgebrachten subjektiven Hinderniss (oi ophthalmoi auton
eouratounto, tou me epignonai auton), und erst Markus, der
dieses Ereigniss in wenige Worte zusammendrängt, einer
objektiven Veränderung seiner Gestalt zuschreibt (en etera
morphe). Auf dem Weg unterhält sich Jesus mit den bei-
den, begleitet sie nach der Ankunft im Dorf auf ihre Ein-
ladung in ihr Quartier, sezt sich mit ihnen zu Tische und
übernimmt nach seiner Gewohnheit das Brechen und Ver-
theilen des Brotes. In diesem Augenblick weicht von den
Augen der Jünger der wunderbare Bann, und sie erken-
nen ihn 1): aber in demselben Moment wird er ihnen plöz-
lich unsichtbar (aphantos egeneto ap auton). Ebenso plöz-
lich, wie er hier verschwand, scheint er sich unmittelbar
nachher in der Versammlung der Jünger gezeigt zu haben,
wenn es heisst, er sei mit Einem Male in ihrer Mitte ge-
standen (ese en meso auton), und sie, hierüber erschrocken,
haben geglaubt, einen Geist zu sehen. Um ihnen diese
ängstigende Meinung zu benehmen, zeigte ihnen Jesus
seine Hände und Füsse, und forderte sie zum Betasten
auf, damit sie durch die Wahrnehmung seines sarka kai
osea enthaltenden Leibes sich überzeugen könnten, dass
er kein Gespenst sei; auch liess er sich ein Stück Brat-
fisch und etwas von einem Honigkuchen geben, und ver-
zehrte es vor ihren Augen, worauf sich Petrus in der
A. G. einmal zu berufen scheint, wenn er sich und die
übrigen Jünger Jesu als solche bezeichnet, oitines sune-
phagomen kai sunepiomen auto meta to anasenai auton ek
nekron (10, 41.). Die dem Simon zu Theil gewordene Er-
scheinung lässt Lukas durch ophthe bezeichnen, was auch
Paulus im ersten Korintherbrief für alle dort aufgezählten

1) Dass es die bei'm Brotbrechen sich enthüllenden Nägelmahle
in den Händen gewesen seien, an welchen hier Jesus er-
kannt wurde (Paulus, ex. Handb. 3, b, S. 882. Kuinöl, in
Luc. p. 734.), ist ohne alle Andeutung im Text.

Dritter Abschnitt.
vorgebrachten subjektiven Hinderniſs (οἱ ὀφϑαλμοὶ αὐτῶν
ἐοὐρατοῦντο, τοῦ μὴ ἐπιγνῶναι αὐτὸν), und erst Markus, der
dieses Ereigniſs in wenige Worte zusammendrängt, einer
objektiven Veränderung seiner Gestalt zuschreibt (ἐν ἑτέρᾳ
μορφῇ). Auf dem Weg unterhält sich Jesus mit den bei-
den, begleitet sie nach der Ankunft im Dorf auf ihre Ein-
ladung in ihr Quartier, sezt sich mit ihnen zu Tische und
übernimmt nach seiner Gewohnheit das Brechen und Ver-
theilen des Brotes. In diesem Augenblick weicht von den
Augen der Jünger der wunderbare Bann, und sie erken-
nen ihn 1): aber in demselben Moment wird er ihnen plöz-
lich unsichtbar (ἄφαντος ἐγένετο ἀπ̕ αὐτῶν). Ebenso plöz-
lich, wie er hier verschwand, scheint er sich unmittelbar
nachher in der Versammlung der Jünger gezeigt zu haben,
wenn es heiſst, er sei mit Einem Male in ihrer Mitte ge-
standen (ἔςη ἐν μέσῳ αὐτῶν), und sie, hierüber erschrocken,
haben geglaubt, einen Geist zu sehen. Um ihnen diese
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seine Hände und Füſse, und forderte sie zum Betasten
auf, damit sie durch die Wahrnehmung seines σάρκα καὶ
ὀςέα enthaltenden Leibes sich überzeugen könnten, daſs
er kein Gespenst sei; auch lieſs er sich ein Stück Brat-
fisch und etwas von einem Honigkuchen geben, und ver-
zehrte es vor ihren Augen, worauf sich Petrus in der
A. G. einmal zu berufen scheint, wenn er sich und die
übrigen Jünger Jesu als solche bezeichnet, οἵτινες συνε-
φάγομεν καὶ συνεπίομεν αὐτῷ μετὰ τὸ ἀναςῆναι αὐτὸν ἐκ
νεκρῶν (10, 41.). Die dem Simon zu Theil gewordene Er-
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Paulus im ersten Korintherbrief für alle dort aufgezählten

1) Dass es die bei'm Brotbrechen sich enthüllenden Nägelmahle
in den Händen gewesen seien, an welchen hier Jesus er-
kannt wurde (Paulus, ex. Handb. 3, b, S. 882. Kuinöl, in
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[630/0649] Dritter Abschnitt. vorgebrachten subjektiven Hinderniſs (οἱ ὀφϑαλμοὶ αὐτῶν ἐοὐρατοῦντο, τοῦ μὴ ἐπιγνῶναι αὐτὸν), und erst Markus, der dieses Ereigniſs in wenige Worte zusammendrängt, einer objektiven Veränderung seiner Gestalt zuschreibt (ἐν ἑτέρᾳ μορφῇ). Auf dem Weg unterhält sich Jesus mit den bei- den, begleitet sie nach der Ankunft im Dorf auf ihre Ein- ladung in ihr Quartier, sezt sich mit ihnen zu Tische und übernimmt nach seiner Gewohnheit das Brechen und Ver- theilen des Brotes. In diesem Augenblick weicht von den Augen der Jünger der wunderbare Bann, und sie erken- nen ihn 1): aber in demselben Moment wird er ihnen plöz- lich unsichtbar (ἄφαντος ἐγένετο ἀπ̕ αὐτῶν). Ebenso plöz- lich, wie er hier verschwand, scheint er sich unmittelbar nachher in der Versammlung der Jünger gezeigt zu haben, wenn es heiſst, er sei mit Einem Male in ihrer Mitte ge- standen (ἔςη ἐν μέσῳ αὐτῶν), und sie, hierüber erschrocken, haben geglaubt, einen Geist zu sehen. Um ihnen diese ängstigende Meinung zu benehmen, zeigte ihnen Jesus seine Hände und Füſse, und forderte sie zum Betasten auf, damit sie durch die Wahrnehmung seines σάρκα καὶ ὀςέα enthaltenden Leibes sich überzeugen könnten, daſs er kein Gespenst sei; auch lieſs er sich ein Stück Brat- fisch und etwas von einem Honigkuchen geben, und ver- zehrte es vor ihren Augen, worauf sich Petrus in der A. G. einmal zu berufen scheint, wenn er sich und die übrigen Jünger Jesu als solche bezeichnet, οἵτινες συνε- φάγομεν καὶ συνεπίομεν αὐτῷ μετὰ τὸ ἀναςῆναι αὐτὸν ἐκ νεκρῶν (10, 41.). Die dem Simon zu Theil gewordene Er- scheinung läſst Lukas durch ὤφϑη bezeichnen, was auch Paulus im ersten Korintherbrief für alle dort aufgezählten 1) Dass es die bei'm Brotbrechen sich enthüllenden Nägelmahle in den Händen gewesen seien, an welchen hier Jesus er- kannt wurde (Paulus, ex. Handb. 3, b, S. 882. Kuinöl, in Luc. p. 734.), ist ohne alle Andeutung im Text.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 630. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/649>, abgerufen am 27.04.2024.