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Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

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und darum war er gern dabei, ihm sein Schloß zu zerstören.

Th. Kantzow, Pomerania, II. S. 125-129.
44. Der Seeräuber Eseborn.

Zu den Zeiten des Herzogs Wartislav X. von Pommern lebte ein Seeräuber, Namens Eseborn, von Barth gebürtig. Derselbe war einmal auf den Zingst getreten und hatte den Bauern und auch aus des Herzogs Ackerhofe Ochsen und Speck gestohlen und das auf sein Schiff gebracht, damit er es verspeisete. Der Herzog aber war ein großer Beschirmer des Rechts und seiner Unterthanen, und er pflegte zu den Bauern zu sagen: sie sollten ihre Pferde und Kühe nur vor den Wölfen hüten, vor den Dieben wolle er sie schon beschirmen. Darum hat er solchen Raub dem Eseborn wohl sieben Jahre lang nachgetragen. Denn wie Eseborn nach dieser Zeit meinte, es wäre vergessen, und wieder zu Lande kam, begegnete ihm einst der Herzog Wartislav bei Pruchten. Der sprach ihn an und sagte: Eseborn, finden wir uns hier? Warum hast du mir und meinen Leuten die Ochsen und das Speck genommen? Darüber erschrak Eseborn sehr, und er antwortete: Gnädiger Herr, es war damals Fehde. Der Herzog aber antwortete ihm: Es ist noch nicht großer Friede zwischen uns; darum müssen wir davon reden. Du mußt es mit dem Kragen bezahlen. Da sagte Eseborn! Das hoffe ich nicht; ich habe viele Freundschaft, die das wohl rächen könnten. Der Herzog aber hatte einen Hundestrick im Ermel, den zieht er hervor, und macht eine Schleife darin und sagt: Kiek my in dat Loch! mit deiner Freundschaft werde ich mich schon vertragen. Also that er ihm das Seil um den Hals und ließ ihn auf einen Klepper setzen und das Seil an einen Baum knüpfen; alsdann ließ er den Klepper mit der Peitsche hauen, daß

und darum war er gern dabei, ihm sein Schloß zu zerstören.

Th. Kantzow, Pomerania, II. S. 125-129.
44. Der Seeräuber Eseborn.

Zu den Zeiten des Herzogs Wartislav X. von Pommern lebte ein Seeräuber, Namens Eseborn, von Barth gebürtig. Derselbe war einmal auf den Zingst getreten und hatte den Bauern und auch aus des Herzogs Ackerhofe Ochsen und Speck gestohlen und das auf sein Schiff gebracht, damit er es verspeisete. Der Herzog aber war ein großer Beschirmer des Rechts und seiner Unterthanen, und er pflegte zu den Bauern zu sagen: sie sollten ihre Pferde und Kühe nur vor den Wölfen hüten, vor den Dieben wolle er sie schon beschirmen. Darum hat er solchen Raub dem Eseborn wohl sieben Jahre lang nachgetragen. Denn wie Eseborn nach dieser Zeit meinte, es wäre vergessen, und wieder zu Lande kam, begegnete ihm einst der Herzog Wartislav bei Pruchten. Der sprach ihn an und sagte: Eseborn, finden wir uns hier? Warum hast du mir und meinen Leuten die Ochsen und das Speck genommen? Darüber erschrak Eseborn sehr, und er antwortete: Gnädiger Herr, es war damals Fehde. Der Herzog aber antwortete ihm: Es ist noch nicht großer Friede zwischen uns; darum müssen wir davon reden. Du mußt es mit dem Kragen bezahlen. Da sagte Eseborn! Das hoffe ich nicht; ich habe viele Freundschaft, die das wohl rächen könnten. Der Herzog aber hatte einen Hundestrick im Ermel, den zieht er hervor, und macht eine Schleife darin und sagt: Kiek my in dat Loch! mit deiner Freundschaft werde ich mich schon vertragen. Also that er ihm das Seil um den Hals und ließ ihn auf einen Klepper setzen und das Seil an einen Baum knüpfen; alsdann ließ er den Klepper mit der Peitsche hauen, daß

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[74/0106] und darum war er gern dabei, ihm sein Schloß zu zerstören. Th. Kantzow, Pomerania, II. S. 125-129. 44. Der Seeräuber Eseborn. Zu den Zeiten des Herzogs Wartislav X. von Pommern lebte ein Seeräuber, Namens Eseborn, von Barth gebürtig. Derselbe war einmal auf den Zingst getreten und hatte den Bauern und auch aus des Herzogs Ackerhofe Ochsen und Speck gestohlen und das auf sein Schiff gebracht, damit er es verspeisete. Der Herzog aber war ein großer Beschirmer des Rechts und seiner Unterthanen, und er pflegte zu den Bauern zu sagen: sie sollten ihre Pferde und Kühe nur vor den Wölfen hüten, vor den Dieben wolle er sie schon beschirmen. Darum hat er solchen Raub dem Eseborn wohl sieben Jahre lang nachgetragen. Denn wie Eseborn nach dieser Zeit meinte, es wäre vergessen, und wieder zu Lande kam, begegnete ihm einst der Herzog Wartislav bei Pruchten. Der sprach ihn an und sagte: Eseborn, finden wir uns hier? Warum hast du mir und meinen Leuten die Ochsen und das Speck genommen? Darüber erschrak Eseborn sehr, und er antwortete: Gnädiger Herr, es war damals Fehde. Der Herzog aber antwortete ihm: Es ist noch nicht großer Friede zwischen uns; darum müssen wir davon reden. Du mußt es mit dem Kragen bezahlen. Da sagte Eseborn! Das hoffe ich nicht; ich habe viele Freundschaft, die das wohl rächen könnten. Der Herzog aber hatte einen Hundestrick im Ermel, den zieht er hervor, und macht eine Schleife darin und sagt: Kiek my in dat Loch! mit deiner Freundschaft werde ich mich schon vertragen. Also that er ihm das Seil um den Hals und ließ ihn auf einen Klepper setzen und das Seil an einen Baum knüpfen; alsdann ließ er den Klepper mit der Peitsche hauen, daß

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Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/106>, abgerufen am 28.04.2024.