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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Die Mistdüngung.
Ernte dieser Frucht gesichert. Was aber merkwürdiger ist und schwer erklärbar zu
seyn scheint -- ein solcher Acker hat sich auch in Ansehung der folgenden Früchte
gegen den ausgezeichnet, wo mehr zergangener Mist untergepflügt war. Jedoch
wurde immer mit dem Umpflügen der Stoppel nach Abbringung der Frucht mög-
lichst geeilt.

Im Jahre 1808 säete ich Sommerrübsen auf mageres Land, und Klee darun-
ter, belegte es mit ganz frischem strohigen Mist. Im Herbste 1809 ließ ich den
Klee umbrechen, und mit Rocken besäen. Die Saat zeichnet sich jetzt gegen den
nebenstehenden, welche im Sommer Dünger mit Brache erhalten hat, sehr zu
ihrem Vortheil aus.

Daß derjenige Dünger, welcher seine hitzige Gährung überstanden hat, durch
freie Luftaussetzung, wenn er nämlich auf der Oberfläche des Ackers ausgestreuet
liegt, auch in der heißesten Jahreszeit und bei sehr dürrer Witterung nicht ver-
liere, sondern eher gewinne, scheint mir jetzt nach einer Menge von komparativen
von mir und anderen angestellten Versuchen fast unzweifelhaft zu seyn, so wenig
Glauben diese Bemerkung bei denen, die keine Versuche darüber angestellt haben,
zu finden scheint. Man glaubt er müsse nothwendig durch Verdunstung verlieren,
und dies scheint a priori so wahrscheinlich, daß man den Rath, mit der Unterpflü-
gung des gestreuten Mistes im Sommer möglichst zu eilen, bisher allgemein gegeben
hat. Die Bemerkungen praktischer Landwirthe in Meklenburg vom Gegentheil
machten mich zuerst aufmerksam daraus. -- Vermuthlich ist die Verdunstung des
ausgegohrnen Mistes nicht so groß, als sie zu seyn scheint. Er giebt zwar bei seiner
Ausfuhr und seiner ersten Verbreitung einen starken moschusartigen Geruch von
sich; diese erste Ausdünstung ist aber auf keine Weise zu vermeiden, und wenn man
weiß, wie äußerst fein und expansibel die Ausdünstungen, welche diesen Geruch
erregen, sind, -- indem nämlich einige Grane Moschus Jahre lang eine große
Atmssphäre mit ihrem Geruche anfüllen, und solchen allen Körpern, welche in
diese Atmosphäre kommen, mittheilen können, ohne etwas merkliches von ihrem
Gewichte zu verlieren -- so braucht man sie in der Quantität nicht hoch anzuschla-
gen. Nachher giebt solcher Mist weiter keinen Geruch von sich, und verliert nach
einem gemachten Versuche nicht an seiner Schwere. Es gehen zwar freilich wohl
einige Zersetzungen noch mit ihm vor, wenn er in feuchtem Zustande ist, indem er

B b 2

Die Miſtduͤngung.
Ernte dieſer Frucht geſichert. Was aber merkwuͤrdiger iſt und ſchwer erklaͤrbar zu
ſeyn ſcheint — ein ſolcher Acker hat ſich auch in Anſehung der folgenden Fruͤchte
gegen den ausgezeichnet, wo mehr zergangener Miſt untergepfluͤgt war. Jedoch
wurde immer mit dem Umpfluͤgen der Stoppel nach Abbringung der Frucht moͤg-
lichſt geeilt.

Im Jahre 1808 ſaͤete ich Sommerruͤbſen auf mageres Land, und Klee darun-
ter, belegte es mit ganz friſchem ſtrohigen Miſt. Im Herbſte 1809 ließ ich den
Klee umbrechen, und mit Rocken beſaͤen. Die Saat zeichnet ſich jetzt gegen den
nebenſtehenden, welche im Sommer Duͤnger mit Brache erhalten hat, ſehr zu
ihrem Vortheil aus.

Daß derjenige Duͤnger, welcher ſeine hitzige Gaͤhrung uͤberſtanden hat, durch
freie Luftausſetzung, wenn er naͤmlich auf der Oberflaͤche des Ackers ausgeſtreuet
liegt, auch in der heißeſten Jahreszeit und bei ſehr duͤrrer Witterung nicht ver-
liere, ſondern eher gewinne, ſcheint mir jetzt nach einer Menge von komparativen
von mir und anderen angeſtellten Verſuchen faſt unzweifelhaft zu ſeyn, ſo wenig
Glauben dieſe Bemerkung bei denen, die keine Verſuche daruͤber angeſtellt haben,
zu finden ſcheint. Man glaubt er muͤſſe nothwendig durch Verdunſtung verlieren,
und dies ſcheint a priori ſo wahrſcheinlich, daß man den Rath, mit der Unterpfluͤ-
gung des geſtreuten Miſtes im Sommer moͤglichſt zu eilen, bisher allgemein gegeben
hat. Die Bemerkungen praktiſcher Landwirthe in Meklenburg vom Gegentheil
machten mich zuerſt aufmerkſam darauſ. — Vermuthlich iſt die Verdunſtung des
ausgegohrnen Miſtes nicht ſo groß, als ſie zu ſeyn ſcheint. Er giebt zwar bei ſeiner
Ausfuhr und ſeiner erſten Verbreitung einen ſtarken moſchusartigen Geruch von
ſich; dieſe erſte Ausduͤnſtung iſt aber auf keine Weiſe zu vermeiden, und wenn man
weiß, wie aͤußerſt fein und expanſibel die Ausduͤnſtungen, welche dieſen Geruch
erregen, ſind, — indem naͤmlich einige Grane Moſchus Jahre lang eine große
Atmsſphaͤre mit ihrem Geruche anfuͤllen, und ſolchen allen Koͤrpern, welche in
dieſe Atmoſphaͤre kommen, mittheilen koͤnnen, ohne etwas merkliches von ihrem
Gewichte zu verlieren — ſo braucht man ſie in der Quantitaͤt nicht hoch anzuſchla-
gen. Nachher giebt ſolcher Miſt weiter keinen Geruch von ſich, und verliert nach
einem gemachten Verſuche nicht an ſeiner Schwere. Es gehen zwar freilich wohl
einige Zerſetzungen noch mit ihm vor, wenn er in feuchtem Zuſtande iſt, indem er

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[195/0243] Die Miſtduͤngung. Ernte dieſer Frucht geſichert. Was aber merkwuͤrdiger iſt und ſchwer erklaͤrbar zu ſeyn ſcheint — ein ſolcher Acker hat ſich auch in Anſehung der folgenden Fruͤchte gegen den ausgezeichnet, wo mehr zergangener Miſt untergepfluͤgt war. Jedoch wurde immer mit dem Umpfluͤgen der Stoppel nach Abbringung der Frucht moͤg- lichſt geeilt. Im Jahre 1808 ſaͤete ich Sommerruͤbſen auf mageres Land, und Klee darun- ter, belegte es mit ganz friſchem ſtrohigen Miſt. Im Herbſte 1809 ließ ich den Klee umbrechen, und mit Rocken beſaͤen. Die Saat zeichnet ſich jetzt gegen den nebenſtehenden, welche im Sommer Duͤnger mit Brache erhalten hat, ſehr zu ihrem Vortheil aus. Daß derjenige Duͤnger, welcher ſeine hitzige Gaͤhrung uͤberſtanden hat, durch freie Luftausſetzung, wenn er naͤmlich auf der Oberflaͤche des Ackers ausgeſtreuet liegt, auch in der heißeſten Jahreszeit und bei ſehr duͤrrer Witterung nicht ver- liere, ſondern eher gewinne, ſcheint mir jetzt nach einer Menge von komparativen von mir und anderen angeſtellten Verſuchen faſt unzweifelhaft zu ſeyn, ſo wenig Glauben dieſe Bemerkung bei denen, die keine Verſuche daruͤber angeſtellt haben, zu finden ſcheint. Man glaubt er muͤſſe nothwendig durch Verdunſtung verlieren, und dies ſcheint a priori ſo wahrſcheinlich, daß man den Rath, mit der Unterpfluͤ- gung des geſtreuten Miſtes im Sommer moͤglichſt zu eilen, bisher allgemein gegeben hat. Die Bemerkungen praktiſcher Landwirthe in Meklenburg vom Gegentheil machten mich zuerſt aufmerkſam darauſ. — Vermuthlich iſt die Verdunſtung des ausgegohrnen Miſtes nicht ſo groß, als ſie zu ſeyn ſcheint. Er giebt zwar bei ſeiner Ausfuhr und ſeiner erſten Verbreitung einen ſtarken moſchusartigen Geruch von ſich; dieſe erſte Ausduͤnſtung iſt aber auf keine Weiſe zu vermeiden, und wenn man weiß, wie aͤußerſt fein und expanſibel die Ausduͤnſtungen, welche dieſen Geruch erregen, ſind, — indem naͤmlich einige Grane Moſchus Jahre lang eine große Atmsſphaͤre mit ihrem Geruche anfuͤllen, und ſolchen allen Koͤrpern, welche in dieſe Atmoſphaͤre kommen, mittheilen koͤnnen, ohne etwas merkliches von ihrem Gewichte zu verlieren — ſo braucht man ſie in der Quantitaͤt nicht hoch anzuſchla- gen. Nachher giebt ſolcher Miſt weiter keinen Geruch von ſich, und verliert nach einem gemachten Verſuche nicht an ſeiner Schwere. Es gehen zwar freilich wohl einige Zerſetzungen noch mit ihm vor, wenn er in feuchtem Zuſtande iſt, indem er B b 2

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/243>, abgerufen am 27.04.2024.